# taz.de -- Blinder Dissident in China: Chen will in die USA | |
> Aus Sorge um seine Sicherheit: Chen Guangcheng will nun doch ausreisen. | |
> Immer noch ungeklärt ist, ob er freiwillig die US-Botschaft in Peking | |
> verlassen hat. | |
Bild: Chen Guangcheng wünscht sich und seine Familie mit Hillary in die USA. | |
PEKING taz | Gary Locke, der erste chinesischstämmige US-Botschafter in | |
Peking, gilt als besonnen, insbesondere bei Verhandlungen mit Chinas | |
Regierung. Dass der geflohene blinde Bürgerrechtler Chen Guangcheng Locke | |
und seinen Mitarbeitern nun vorwirft, sie hätten ihn zum Verlassen der | |
US-Botschaft gedrängt, lässt umso mehr aufhorchen. | |
Chen war am 22. April aus dem Hausarrest in der Provinz Schandong in die | |
US-Botschaft in Peking geflüchtet. US-Außenministerin Hillary Clinton, die | |
gerade in Chinas Hauptstadt weilt, setzte sich persönlich für ihn ein. Als | |
er am Mittwoch die Botschaft verließ und in ein nahes Krankenhaus gebracht | |
wurde, verkündete sie, Chen könne mit seiner Familie in eine neue Stadt | |
ziehen und dort ein Studium aufnehmen – in Sicherheit. Doch noch am selben | |
Abend erhob Chen schwere Vorwürfe. Chinas Behörden hätten ihn erpresst und | |
mit Repressalien gegen seine Familie gedroht. Er bat Clinton darum, in | |
ihrer Maschine mit in die USA fliegen zu dürfen. | |
Haben die US-Diplomaten Chen gedrängt, damit der Fall nicht Clintons | |
Handelsgespräche mit Chinas Führung belastet? Botschafter Locke beteuerte | |
am Donnerstag, Chen habe nach zwei Telefonaten mit seiner Frau die | |
Botschaft „freiwillig“ verlassen. „Möglicherweise hat er seine Meinung | |
darüber geändert, was das Beste für ihn und seine Familie ist“, ergänzte | |
ein Regierungsvertreter in Washington. Die Menschenrechtsorganisation | |
ChinaAid mit Sitz in den USA veröffentlichte am Donnerstag ein Telefonat, | |
das Chen am Abend vom Krankenhaus mit dem Menschenrechtsanwalt Teng Biao | |
geführt hatte. | |
Teng warnte ihn davor, Chinas Behörden zu vertrauen. Gefahr drohe nicht nur | |
in seiner Heimat Schandong. „Die ganze Regierung hasst dich.“ Teng drängte, | |
die weltweite Aufmerksamkeit zu nutzen, um China schnell zu verlassen. Laut | |
dem Gesprächsprotokoll reagierte Chen zögerlich. Erst am späten Abend sagte | |
er in Interviews, er habe Angst und wolle ausreisen. | |
US-Diplomaten versprechen Chen, ihn und seine Familie bei der Ausreise zu | |
unterstützen. Clinton sagte zur Eröffnung des US-chinesischen Forums am | |
Donnerstag, alle Regierungen müssten „dem Streben ihrer Bürger nach Würde | |
und Rechtsstaatlichkeit nachkommen“. Chen erwähnte sie aber nicht. | |
3 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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