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# taz.de -- Analyse vor Wahl in Schleswig-Holstein: Wie hältst du es mit der K…
> Große Koalition, Dänenampel oder doch Jamaika – wer mit wem in
> Schleswig-Holstein könnte. Die Analyse vor der Wahl zum neuen Landtag.
Bild: Wer zuletzt strahlt, strahlt am besten: die Spitzenkandidaten von CDU und…
RENDSBURG taz | Im Dezember hatte die SPD in Schleswig-Holstein gewonnen.
Im Februar war die nächste Regierung schwarz-grün. Bis Mitte April hatte
die FDP keine Chance. Anfang Mai war eine große Koalition so gut wie
sicher. Und einen Tag vor der Wahl wissen viele der 2,2 Millionen
Wahlberechtigten in Schleswig-Holstein immer noch nicht, wo sie morgen ihr
Kreuz machen.
Eines der wenigen stabilen Ergebnisse der Umfragen aus den vergangenen
Monaten lautet, dass die Schleswig-HolsteinerInnen den Wechsel wollen, und
zwar am liebsten zu Rot-Grün. Bei einer Direktwahl käme der SPD-Spitzenmann
Torsten Albig auf 50 Prozent. Der Zuspruch für Jost de Jager von der CDU
liegt bei unter 30 Prozent und damit hinter dem Ergebnis für seine Partei.
Bei den Stimmen für die Parteien hat die SPD zurzeit einen kleinen
Vorsprung vor der CDU.
Eine Perspektive für die jetzige Regierung aus CDU und FDP sehen nicht
einmal mehr die Beteiligten: So verzichteten die Partner der 2009
gestarteten „Koalition des Aufbruchs“ auf Bündniszusagen. Das schien
zunächst bedeutungslos, da die Landes-FDP mit ihrem Spitzenkandidaten
Wolfgang Kubicki nur minimal über dem katastrophalen Bundestrend lag. Doch
die Werte steigen, und das jüngste Stimmungsbild, das Infratest dimap im
Auftrag der ARD erhob, zeigte die Liberalen bei sechs Prozent.
So könnten – wie zurzeit – sechs Parteien Plätze im gläsernen
Parlamentssaal des Kieler Landeshauses besetzen. Nur dass statt der Linken,
deren Werte bei zwei bis drei Prozent stehen, die Piraten einziehen werden.
Zeitweise wollten zwölf Prozent der Schleswig-HolsteinerInnen die Partei um
ihren Spitzenkandidaten Torge Schmidt wählen, inzwischen liegen die Piraten
bei neun Prozent und wären viertstärkste Kraft hinter den Grünen, die von
fast 20 Prozent im Winter auf 13 geschrumpft sind.
Im Landtag vertreten ist auf jeden Fall die Partei der dänischen Minderheit
SSW, für die die Fünfprozenthürde außer Kraft gesetzt ist. Den Umfragen
zufolge käme sie auf 4,5 Prozent.
## Starke Gymnasien
Damit ergeben sich rechnerisch wie politisch einige Möglichkeiten. Stabil
wäre auf jeden Fall eine große Koalition, die beide Seiten offiziell nicht
wollen. Allerdings sind der CDU-Mann Jost de Jager und der SPD-Kandidat
Torsten Albig andere Typen als Noch-Ministerpräsident Peter Harry
Carstensen und SPD-Landeschef Ralf Stegner, deren Bündnis im Sommer 2009
nicht zuletzt an persönlicher Missstimmung zerbrach.
Albig spricht sich für Rot-Grün aus, und falls das nicht reicht, für die
„Dänenampel“. Beide Partner, Grüne wie SSW, haben Zusagen gemacht. Schafft
die FDP tatsächlich sechs Prozent, wären auch eine Ampel – Rot, Grün, Gelb
– oder Jamaika, also die Kombination von CDU, Grün und FDP, denkbar, doch
politisch eher unwahrscheinlich. Die Piraten sieht bisher noch niemand als
Koalitionspartner.
Bis zum Ende blieb der Wahlkampf arm an echten Streitpunkten. Zwar
versuchte die CDU es mit dem Kampfruf, die „Dänenampel“ wolle die Gymnasien
abschaffen – am gestrigen Donnerstag noch unterstützt von einer
Zeitungsanzeige des Philologenverbandes –, doch das ließen die anderen
einfach abtropfen: „Mir doch egal, wie die Schulen heißen. Es geht darum,
die Kinder mitzunehmen und ihnen Chancen zu geben“, meinte der Grüne Robert
Habeck leicht genervt im TV-Duell der kleineren Parteien. Und Albig
erklärte, die Debatte sei „Unsinn“: „Herr de Jager weiß, dass wir starke
Gymnasien wollen.“
So geht es in der Bildungspolitik um Detailfragen: Wie viele Lehrerstellen
soll das Land angesichts sinkender Schülerzahlen erhalten? Wie soll ein
Vertretungsfonds ausgestattet sein? Sollen Gymnasien nach acht oder neun
Jahren zum Abitur führen? Gleichzeitig betonen alle, dass sie keine
Systemdebatten mehr wollen.
## Religionsdebatte verpuffte
Mangels anderer Themen gab es eine Diskussion über die Art des
Religionsunterrichts, bei der die CDU den Teufel im rot-grünen Lager
wähnte. „Erst den Karfreitag abschaffen wollen, jetzt den
Religionsunterricht und als nächstes Weihnachten?“, bangte der
CDU-Fraktionsvorsitzende Johannes Callsen. Die Debatte verpuffte, als sich
herausstellte, dass das Modell des überkonfessionellen Unterrichts von der
Nordelbischen Kirche in Hamburg entwickelt worden war.
Eben so ein Scheingefecht startete Torsten Albig im TV-Duell vor zwei
Tagen. Er nannte die Idee, Stromleitungen als „Bürgernetze“ nach dem
Vorbild der Bürgerwindparks zu organisieren, als Beleg für „unseren Stil,
Politik zu machen“ im Unterschied zu dem der CDU. Dabei hatte
CDU-Staatssekretärin Tamara Zieschang die Bürgernetze im März als Plan des
Wirtschaftsministeriums vorgestellt – ursprünglich sind sie ein Modell der
Grünen.
Egal wer am Montag die ersten Koalitionsgespräche führt: Alle Parteien im
Landtag – auch die Piraten – bekennen sich zur Schuldenbremse. Daher wird
der Zwang, weniger Schulden aufzunehmen, Dauerthema bleiben. Bereits 2005
hatte sich die große Koalition vorgenommen, den Haushalt zu sanieren.
Geklappt hat das bekanntlich nicht.
4 May 2012
## AUTOREN
Esther Geisslinger
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