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# taz.de -- Ökonomen fordern höhere Spitzensteuer: Halbe-halbe mit dem Staat
> Großverdiener sollen teilen: Ökonomen fordern höhere Steuern auf
> Einkommen, Vermögen und Erbschaften der extrem Reichen. Das soll die
> öffentlichen Haushalte sanieren.
Bild: Einer für mich, einer für dich; einer für mich, einer für dich.
BERLIN taz | Internationale Ökonomen schlagen vor, die Steuern für reiche
Bürger spürbar zu erhöhen. „In Deutschland sollte der Spitzensteuersatz in
Richtung 49 Prozent steigen“, sagte Ökonom Stefan Bach vom Deutschen
Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Beim Kongress des Instituts über
„Höhere Reichensteuern“ am Montag in Berlin nannte Bach auch eine Zahl für
die zu erwartenden Mehreinnahmen: 15 Milliarden Euro pro Jahr stünden den
deutschen Finanzministern dann zusätzlich zur Verfügung.
Experten des DIW, aus Österreich, Großbritannien und anderen Ländern wollen
gleich mehrere Steuerarten anheben: Die Abgabe auf sehr hohe Einkommen soll
ebenso steigen wie die Belastung großer Vermögen, umfangreichen
Grundbesitzes und millionenschwerer Erbschaften. Als reich definieren die
Forscher Bürger, die pro Person das Zehnfache des jährlichen Durchschnitts
einnehmen – also 350.000 Euro pro Jahr und mehr.
Die Ökonomen unterstützen damit SPD und Grüne, die mit Blick auf die
Bundestagswahl 2013 Ähnliches diskutieren. Durch die Finanzkrise können
Europas Regierungen ihre Schulden nicht mehr beliebig erhöhen. Nun halten
sie nach zusätzlichen Einnahmen Ausschau – unter anderem bei jenen, die in
der vergangenen Zeit von den teilweise hohen Gewinnen der Finanzmärkte
profitierten.
Neben einer höheren Steuer auf hohe Einkommen plädieren die Forscher auch
für eine Vermögensabgabe, wie sie die Grünen vorschlagen. Dabei würden
Vermögensbesitzer zu einem Beitrag von insgesamt beispielsweise 100
Milliarden Euro herangezogen. Weil diese rückwirkend für die Vermögen des
vergangenen Jahres berechnet würde, könnten die Besitzenden die Steuer kaum
vermeiden, sagt der DIW-Forscher Bach.
## Reichensteuern sind im Trend
Sinnvoll sei auch, die Abgaben auf Erbschaften anzuheben. Besonders im Auge
hat das DIW Betriebsvermögen: Dort gelten heute hohe Freibeträge und
Ausnahmen, die verhindern sollen, dass die Unternehmen finanziell
überfordert werden. Auch eine höhere Grundsteuer auf Häuser und Immobilien
wird wissenschaftlich diskutiert. Eine Gefahr dabei ist allerdings, dass
die Immobilienbesitzer die Ausgaben auf ihre Mieter umlegen. Dann könnte
aus der vermeintlichen Reichensteuer eine zusätzliche Abgabe zulasten der
Durchschnittsverdiener werden.
Die Debatte über höhere Reichensteuern liegt international durchaus im
Trend. So haben seit 2007 bereits mehrere Staaten ihre Spitzensteuersätze
erhöht, darunter Frankreich, Luxemburg, Italien, Spanien und
Großbritannien. Sie reagieren damit nicht nur auf die Finanz- und
Schuldenkrise, sondern auch auf die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte.
Seit den 1970er Jahren senkten die Regierungen vieler westlicher
Industriestaaten die Belastung der wohlhabenden und reichen
Bevölkerungsgruppen flächendeckend.
Vermögensteuern wurden abgeschafft und die Abgaben auf Kapitalgewinne
nahmen oft deutlich stärker ab als diejenigen für Arbeitseinkommen. Das ist
einer der Gründe für die zunehmende Spaltung in Arm und Reich, die sich
auch in Deutschland bemerkbar macht.
11 Jun 2012
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Reichensteuer
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