| # taz.de -- Kommentar Reichensteuer in Frankreich: 75 Prozent für Arroganz | |
| > Das Milliardär-Bashing ist populär. Auch wenn 75 Prozent hoch gegriffen | |
| > sind, mehr bezahlen werden die Reichsten unter einem möglichen | |
| > Präsidenten Hollande bestimmt. Zu Recht. | |
| Kein Wahlversprechen ist in Frankreich ernster zu nehmen, als ein | |
| Vorschlag, Steuern zu erhöhen! Und so tönt auch François Hollandes | |
| Ankündigung, im Falle seiner Wahl bei Einkommen von mehr als einer Million | |
| Euro pro Jahr 75 Prozent für den Fiskus abzukassieren, nur auf den ersten | |
| Blick wie linksradikaler Populismus. | |
| Natürlich biedert sich der sozialistische Präsidentschaftskandidat damit | |
| auch bei den Wählern der Linkspartei und der Kommunisten an. Die braucht er | |
| für die Stichwahl gegen Nicolas Sarkozy. Eine solche drakonische | |
| Steuerreform mit einer "Reichtumssteuer", die den Namen verdient, kommt im | |
| egalitären Frankreich immer an. Und mitten in der Krise ist das | |
| Milliardär-Bashing noch mal populärer. Die Idee hat aber doch ganz reelle | |
| Chance, umgesetzt zu werden. | |
| Ein Blick auf die bisherige Krisenpolitik belegt, dass auch die | |
| konservative Staatsführung fast ausschließlich die Einnahmen zu vergrößern | |
| versucht, an den Staatsausgaben aber kaum korrigiert. Bei Problemen gibt es | |
| in Frankreich grundsätzlich einen doppelten Reflex: erstens ein Gesetz, | |
| zweitens eine neue Abgabe. Die Frage ist dann nur, wer bezahlen soll - bei | |
| Sarkozy jedenfalls nicht die Milliardäre. Dabei ist auch jenseits des | |
| Rheins der Graben zwischen den niedrigen und den höchsten Einkommen stark | |
| gewachsen. Dass Hollande da ran will, kann niemanden überraschen. | |
| Umgekehrt will Nicolas Sarkozy den Vorwurf, er sei der "Präsident der | |
| Reichen", nicht auf sich sitzen lassen. Zu Beginn seines Mandats hatte er | |
| sich bei seinen Milliardärsfreunden für deren tatkräftige Unterstützung mit | |
| Steuergeschenken erkenntlich gezeigt. Das war ein Fehler, den er heute | |
| bereut und vielleicht teuer bezahlen wird. Sarkozy musste darum bereits den | |
| "Steuerschild" wieder abschaffen. Der hatte den Vermögendsten wie | |
| L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt happige Rückerstattungen aus der | |
| Staatskasse eingebracht. Jetzt will auch er Kapitalerträge wie Dividenden | |
| stärker besteuern und einige Symbole der schockierenden Bereicherung wie | |
| vergoldete Willkommens- und Abschiedsgeschenke für Spitzenmanager | |
| abschaffen. | |
| Sein bestes Argument gegen Hollandes Steueroffensive ist die Angst vor dem | |
| Exodus: Wie 1981, als beim Wahlsieg des Sozialisten François Mitterrand die | |
| Bourgeoisie aus Angst vor einem roten Steuerterror mit ihrem Geld im Koffer | |
| nach Genf ins Exil ging, warnen jetzt die Medien vor einer neuen | |
| Fluchtwelle. Auch wenn Hollande mit 75 Prozent die Latte für seinen | |
| politischen Hochsprung sehr hoch legt: mehr bezahlen werden die Reichsten | |
| in Frankreich nach einem linken Wahlsieg auf jeden Fall. Und das geschieht | |
| ihnen nach der Arroganz der ersten Sarkozy-Jahre nur recht. | |
| 28 Feb 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Rudolf Balmer | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Frankreich | |
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