| # taz.de -- Kolumne Ostwärts immer: Beschiss am Arbeitgeber | |
| > 18 Euro kostet die Fahrt vom Flughafen in die Innenstadt. Und dann | |
| > beginnt der Kampf darüber, wer korrupter ist – der Taxifahrer oder der | |
| > Gast aus dem Westen. | |
| Es ist ein Spiel, ein Kampf zwischen zwei Männern. Links sitzt der eine | |
| hinter dem Steuer, rechts der andere. Es beginnt mit einer Verhandlung. Wie | |
| viel? 200. Zu viel! Der linke ist meistens stärker. Er weiß, dass der | |
| andere schnell genervt ist, dass er nur schnell zum Flughafen will, dass er | |
| eigentlich gar keine Lust aufs Verhandeln hat. Vielleicht glaubt er auch, | |
| dass der andere reich ist, weil er aus dem Westen kommt. Meistens stimmt | |
| das ja auch irgendwie. Er will etwas versuchen. | |
| Und er kommt weit. 180 Hriwna stehen am Ende als Preis für die Fahrt aus | |
| der Stadt zum Flughafen. Der Fahrer lächelt nicht einmal. Er schaut so | |
| drein, als mache er gerade ein ganz schlechtes Geschäft. 18 Euro! | |
| Unverschämt finden das viele Ausländer und würden dem Kiewer Taxifahrer | |
| doch nie sagen, dass es in Deutschland so gut wie unmöglich ist, zu diesem | |
| Preis mit dem Taxi von der Innenstadt bis zum Flughafen zu kommen. | |
| Der Kampf geht weiter. Kann ich bitte eine Quittung haben? Klar. Der | |
| Taxifahrer holt einen Block mit gestempelten Vordrucken aus dem | |
| Handschuhfach. Er füllt einen davon aus. Datum, Uhrzeit, Start, Ziel. Nur | |
| ein Feld füllt er zunächst nicht aus. Das für den Fahrpreis. | |
| Für die Firma? Er schaut seinen Fahrgast an und fragt noch einmal nach. Für | |
| die Firma, oder? Was soll ich eintragen, 300, 400? Er lacht. Er weiß, was | |
| in Westeuropa über sein Land geschrieben wird. Überall ist bekannt, wie | |
| korrupt die Ukraine ist. Jetzt will der Taxifahrer den Spieß umdrehen. Er | |
| ist ein Zocker. Er will wissen, wie korrupt sein Kunde ist. Der tut sich | |
| schwer. Vielleicht will er seinen Arbeitgeber nicht bescheißen, nicht | |
| einmal um 10 Euro, vielleicht ist er wirklich eine ehrliche Haut. | |
| Der Kunde kämpft mit seinem Gewissen. Auch wenn er seine Firma nicht | |
| betrügen will, muss das der Kerl, der neben ihm sitzt, ja nicht wissen. Der | |
| soll ihn bloß nicht für ein Weichei halten. Der Taxifahrer ist ein | |
| abgebrühter Profi. Da will der Kunde sich nicht einfach in die Opferrolle | |
| fügen. | |
| Der Fahrer lächelt immer noch. Er glaubt, den Kampf gewonnen zu haben, löst | |
| die Quittung vom Block und gibt sie seinem Kunden. Das Feld für den | |
| Fahrpreis bleibt leer. Soll der Kunde das doch selbst ausfüllen. | |
| Ich habe inzwischen ein paar solcher Quittungen gesammelt. Die Beträge habe | |
| ich selbst eingetragen. Ich bin stolz darauf, dass ich mich vor den Fahrern | |
| nie blamiert habe. Und meinen Arbeitgeber würde ich nie bescheißen. Sage | |
| ich jetzt mal so. | |
| 28 Jun 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Rüttenauer | |
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