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# taz.de -- Kolumne Ostwärts immer: Schön und nicht so schön
> Den Po im Wasser und ein Bier in der Hand und plötzlich ist die Hitze in
> Kiew auszuhalten.
Wieder ein irrer Sommertag in Kiew. Der tägliche Strandurlaub am
Dnjepr-Ufer nach langem Arbeitstag macht viele Hauptstädter glücklich. Den
Po im Wasser, ein Bier in der Hand, und die Hitze, die auf dem Asphalt der
Ausfallstraßen unerträglich scheint, ist plötzlich auszuhalten. „Komm
her!“, ruft mir ein Mann zu, der hinter einem Grill steht. Ich soll mir
einen Schaschlikspieß kaufen. Wir reden über das Wetter den Fußball und die
Ukraine. Und wie ist es hier? Er ist nicht der Erste, der mir diese Frage
stellt. Ich schaue über den Sandstrand und den riesigen Fluss ans andere
Ufer zu den goldenen Kuppeln der Kirchen des Höhlenklosters. Schön ist’s.
Habe ich mich fangen lassen? Gehöre ich zu den Menschen, die nach der EM
nach Hause zurückkehren und nur das Beste von der Ukraine erzählen werden?
So stellt sich Premier Mykola Asarow das vor. Er geht davon aus, dass sich
das Bild der Ukraine im Ausland nach dem Turnier verändert haben wird. Die
EM als PR-Erfolg. Trage ich dazu bei?
Es gibt noch einen anderen Ort in Kiew, an dem man sich ein wenig abkühlen
kann in diesen Tagen. Im riesigen ehemaligen Waffenlager Mistetskij-Arsenal
ist derzeit eine gigantische Kunstschau zu sehen. Die Arsenale, für die der
britische Kurator David Elliot Exponate vieler wichtiger internationaler
Künstler wie Ai Weiwei oder der Brüder Chapman mit bedeutenden und wenig
bekannten ukrainischen Gegenwartskünstlern zusammenbringt, soll als
Biennale zur Institution in der Ukraine werden.
Mehr als drei Stunden bin ich in der gewaltigen Schau unterwegs. Am
längsten verharre ich vor sechs unscheinbaren Wandtellern, die der junge
Kiewer Künstler Nikita Kadan bemalt hat. Ein Springerstiefel tritt auf
einen Kopf, Hände, die an einen Heizkörper gefesselt sind, eine brennende
Zigarette, die an einer Frauenbrust ausgedrückt wird. Kadan will mit diesem
Werk auf die Polizeigewalt in der Ukraine aufmerksam machen. Es gelingt ihm
auf eindrucksvoll bedrückende Weise. Kurator Elliot verweist gern darauf,
dass bei der Auswahl der Werke eine Zensur nicht stattgefunden hat. Das
wird denen nichts nützen, die zurückschrecken vor den Eintrittspreisen. 80
Hriwna (8 Euro) kostet ein Ticket.
In der U-Bahn auf dem Heimweg von der Arsenale sehe ich eine
Stellenanzeige. Ein Job auf dem Bau für 4.000 Hriwna wird da angeboten. In
den drei Stunden, in denen ich im Mistetskij-Arsenal war, sind mir gerade
mal zehn Ausstellungsbesucher begegnet. Nicht so schön.
23 Jun 2012
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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