# taz.de -- Deutschlands Sieg im Viertelfinale: Jetzt auch noch schön | |
> Beimm 4:2-Sieg gegen die Griechen spielt die deutsche Mannschaft nicht | |
> mehr nur effektiv, sondern auch kreativ. Der zähe Bayern-München-Stil der | |
> Vorrunde ist Vergangenheit. | |
Bild: Auf einmal geht es ganz leicht: Klose und Lahm. | |
DANZIG taz | Es reicht nicht für einen Eintrag ins Guinness-Buch der | |
Rekorde, aber 15 Pflichtspielsiege in Serie hat vor den Deutschen noch kein | |
anderes Team geschafft. Die Nachrichtenagenturen verkünden einen | |
„Weltrekord“. Bundestrainer Jogi Löw sprach der Mannschaft in Danzig ein | |
großes Kompliment aus, zumal es sich um die jüngste des EM-Turniers | |
handele. | |
Angefangen hatte die Siegesserie 2010, im WM-Spiel um Platz drei gegen | |
Uruguay, sie fand am Freitagabend ihren vorläufigen Höhepunkt im | |
EM-Viertelfinale gegen Griechenland. Löws Jungs [1][gewannen in der | |
Danziger Arena mit 4:2]. Dieses Spiel markiert einen Wendepunkt im | |
Turnierverlauf, denn der etwas zähe, teigige, FC-Bayern-mäßige Spielansatz, | |
den die DFB-Elf in der Vorrunde gewählt hatte, war vergessen. | |
Er wurde abgelöst durch schnellen, unterhaltsamen, | |
Borussia-Mönchengladbach-mäßigen Angriffsfußball. Jetzt redet kein Mensch | |
mehr vom defensivlastigen DFB-Fußball, jetzt steht der Offensivkick im | |
Mittelpunkt. Das Spiel gegen Griechenlands Elf, die schlichtweg | |
„überfordert“ (Löw) gewesen sei, kam also gerade recht, um in den | |
Knock-out-Spielen ein neues Kapitel aufzuschlagen. | |
Löw hatte sich vor dem Spiel zu radikalen Umbauten in der Offensivabteilung | |
entschieden. Andre Schürrle spielte für Lukas Podolski, Miroslav Klose für | |
Mario Gomez und Marco Reus für Thomas Müller. All das deutete einen | |
Paradigmenwechsel an: Das deutsche Team sollte jetzt nicht mehr nur | |
effektiv sein, sondern auch kreativ. Bewegung in der Spitze, Rochaden, | |
gewiefte Positionswechsel und schöner Kombinationsfußball sollten Trumpf | |
sein – und genau so kam es auch. „Heute war der Tag der Veränderung“, sa… | |
Löw, „wir mussten im vorderen Bereich unberechenbar sein.“ | |
## Löw will doch schönen Fußball | |
Diese Aufstellung sei ihm schon länger im Kopf herumgegeistert, sagte er. | |
Löw stellte damit unter Beweis, dass er keineswegs beratungsresistent ist | |
und durchaus gewillt ist, den EM-Titel mit einer Schönspieltruppe zu | |
gewinnen. Der mögliche Triumph soll keinen Makel haben wie der 2004 von den | |
Griechen. | |
Der dreifache Tausch habe „frischen Wind“ gebracht, resümierte der Coach. | |
„Die drei Vorderen, das war eigentlich der Schlüssel zum Sieg. | |
Risikofreudigkeit ist ganz gut, aber es hat mir auch ein bisschen leid | |
getan für Mario oder Lukas.“ Doch die Zeit sei reif gewesen. „Manchmal | |
spürt man das.“ Mario Gomez, der in der Vorrunde drei Tore geschossen | |
hatte, aber nicht mehr in das neue Konzept passte, wurde erst in 80. Minute | |
eingewechselt für Miroslav Klose, der wie Marco Reus und Mesut Özil ein | |
prima Spiel gemacht hatte. | |
Özil fühlte sich in der Umgebung von Kreativen endlich wohl, brachte die | |
Leistung, die von ihm erwartet wurde. Klose demonstrierte sein immens | |
großes Spielverständnis, und Reus fand nicht nur ziemlich schnell die | |
Bindung zum Spiel, er etablierte sich auch als Taktgeber des deutschen | |
Spiels. Hinzu kam, dass sich Kapitän Philipp Lahm endlich etwas zutraute: | |
Er – 90 Länderspiele, nur 5 Tore – schoss das 1:0. | |
Die Dominanz der DFB-Elf wurde nur einmal erschüttert, als die Griechen | |
einen schönen Konter zum 1:1-Ausgleich verwerteten; der Grieche Giorgos | |
Samaras war etwas schneller als Jerome Boateng, der nach seiner Gelbsperre | |
wieder in die erste Elf zurückgekehrt war. Aus einer Chance hätten die | |
Griechen zwei Tore gemacht, wunderte sich Löw und bezog sich damit auf den | |
zweiten Treffer der Hellenen, einen äußerst fragwürdigen Handelfmeter, den | |
Dimitris Salpangidis in der 89. Minute zum Endstand verwertete. | |
## Alle 1,8 Sekunden ein Pass | |
Nicht nur 38.000 Zuschauer sahen eine in allen Belangen überlegene DFB-Elf, | |
auch die Statistik sprach Bände: Bei einer effektiven Spielzeit von gut 61 | |
Minuten hatte die DFB-Elf den Ball über 40 Minuten in ihrem Besitz, die | |
Griechen mussten sich mit der Hälfe der Zeit begnügen. 66 Prozent | |
Ballbesitz fürs Löw-Team, 110,9 gelaufene Team-Kilometer (Griechenland: | |
103,8), 24 Torschüsse, 14 davon direkt auf den Kasten von Michalis Sifakis. | |
Die Deutschen spielten 661 Pässe (auf die 40 Minuten gerechnet alle 3,6 | |
Sekunden einen), die Griechen nur 218. | |
Vor allem Sami Khedira (11,51 km) und Bastian Schweinsteiger (11,39 km) | |
rannten viel, wobei man sagen muss, dass Schweinsteiger nicht seinen besten | |
Tag erwischte. Er spielte auffällig viele Fehlpässe, trotzdem sah Löw davon | |
ab, ihn gegen Toni Kroos zu tauschen. | |
Ein paar Dinge gab es dann doch noch, mit denen Löw nicht zufrieden war – | |
neben den Ungenauigkeiten von Schweinsteiger und André Schürrle, dessen | |
Fehler zum Ausgleich geführt hatte. Die Chancen hätten besser genutzt | |
werden müssen, sagte der Bundestrainer, und dann habe er sich darüber | |
geärgert, dass die Aufstellung bereits Stunden vorm Spiel bekannt gewesen | |
sei. „Das ist nicht in meinem Sinne.“ | |
Er habe mit den Spielern schon einmal über dieses Thema gesprochen. Sie | |
seien es nicht, die das nach außen gäben, sondern ihre Berater, vermutete | |
Löw. Aber der Geheimnisverrat war nicht weiter schlimm: So bibberten die | |
Griechen schon lange vor der Partie, denn diese Aufstellung verhieß nichts | |
Gutes für sie. Und genau so sollte es kommen. | |
23 Jun 2012 | |
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[1] /Deutschland-im-Halbfinale/!95957/ | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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