# taz.de -- Fußball gucken beim ZDF auf Usedom: Deutsch, deutsch, deutsch | |
> In der ZDF-Fußballarena sind sie. Diese deutschen Fans in Schlandfarben | |
> und mit Sitzkissen. Aber auf Oliver Kahns Analyse nach Abpfiff warten | |
> dann doch nur Wenige. | |
Bild: Hübsch ja. Aber kalt. | |
HERINGSDORF taz | Die echten Fans, es gibt sie. Die, die zweieinhalbstunden | |
Stunden vor Einlass vor dem Eingang stehen, um die besten Plätze zu | |
ergattern. Die, die sich über die Berichterstattung der überregionalen | |
Medien aufregen. Diese Journalisten, die nur über das berichten, was sie im | |
Fernsehen sehen. Das ZDF-Geplänkel habe ja eine viel schönere Athmosphäre. | |
Mal sehen, ob diese Fans Recht haben. | |
Zwar ist für jeden der 1.000 Zuschauer in der ausverkauften Liegestuhlarena | |
ein Platz vorhanden, trotzdem besetzen die Zuschauer ihren Stuhl – mit | |
Wolldecken statt Handtüchern. Anders als am Pool in Antalya wird dieser | |
Brauch von den Gästen hier respektiert und gepflegt. | |
Im Fernsehen sieht es so aus, als seien die Liegestühle total gemütlich und | |
einladend, aber es ist wirklich unangenehm auf ihnen eine lange Zeit zu | |
sitzen. Die Rentner in den vorderen Reihen waren klüger – sie haben | |
Sitzkissen mitgebracht. Die Lösung ohne Kissen: Unruhiges | |
auf-dem-Stuhl-Rumrutschen und sich die Rückenscherzen wegtrinken. | |
Dabei gibt sich das ZDF wirklich große Mühe Atmosphäre zu schaffen. Die | |
Beleuchtung des großen ZDF-Heißluftballons, der niemals Usedom von oben | |
sehen darf und das riesige Mainzelmännchen aus Sand repräsentieren das ZDF | |
als Marke. Leider hat das Mainzelmännchen ein paar Kilo zu viel auf den | |
Hüften und ähnelt an einen Sumoringer. Böswillig könnte man hierin einen | |
Vergleich zum aufgeblähten Budget des ZDF ziehen. | |
## Berlin sieht von hier doof aus | |
Der Stimmungsmacher nimmt das Mikro in die Hand. Zu Musik, die auch am | |
Ballermann laufen könnte, erzählt er vom Programm, dem Gast Roger Cicero | |
und andere eher langweilige Nebensächlichkeiten. Dann erklärt er, man solle | |
nicht aufstehen, wenn die Sendung läuft, nicht in die Kamera winken, wenn | |
das rote Lichtlein leuchtet. In der Liveansicht, die gerade im ZDF läuft, | |
werden zufällig Bilder vom Public Viewing in Berlin übertragen. Die | |
Berliner springen und winken. Es sieht tatsächlich doof aus. | |
Die Sendung fängt an. Leider ist die Sicht auf die Moderatoren Kahn und | |
Müller-Hohenstein nicht sonderlich gut. Große Kameras versperren die Sicht. | |
Große Perücken in Schlandfarben in der ersten Reihe auch. Usedom ist | |
deutsch, deutsch, deutsch. Kein einziger griechischer Fan unter den | |
Besuchern. Vom Kleinkind bis zur Omi sind alle in Schwarz-Rot-Gold | |
gekommen. | |
In den Pausen, während im Fernsehen die Einspieler laufen, sind | |
Müller-Hohenstein und Kahn sehr ruhig. Die Moderatorin lächelt gezwungen in | |
die Kamera, bis sie wieder reden darf. Der Ex-Fußballspieler wartet, bis | |
sie ihm die nächste Frage stellt. | |
## Der Pulk rückt nach vorne | |
Das Spiel fängt an. Die Moderatoren und ein großer Teil der Bühnencrew | |
verziehen sich über die Seebrücke in den Redaktionsbereich. Dort ist es | |
sicher heimelig. Draußen sind inzwischen weniger als zehn Grad. Auf Kahns | |
Analyse nach dem Spiel warten nur noch Wenige. Die, die bleiben, gehen | |
dafür ganz nah ran. Ein Pulk versammelt sich um den Aufnahmebreich. | |
Es ist vorbei und es ist kalt. Die Zuschauer gehen in die Hotels oder essen | |
noch eine Wurst neben dem Dreikaiserbad. | |
Dass Usedom nicht die große Partymetropole ist, überrascht nicht. Aber dass | |
der letzte Zug vom Fußballstrand um 19.33 Uhr fährt und der nächste erst um | |
halb 6 Uhr in der Früh, macht wirklich nur die Hoteliers glücklich. Die | |
Fanmeile, die aus ungefähr drei Bierwagen und zwei Würstchenbuden besteht, | |
macht um Zwölf dicht. Für jeden, der kein Geld für ein Hotelzimmer hat, | |
heißt es: Frieren bis der Morgen kommt. | |
23 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bednarczyk | |
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