| # taz.de -- Das deutsche Team vor dem Viertelfinale: Dreiklang sucht Vollendung | |
| > Gegen Griechenland muss Schluss sein mit dem Spiel auf Nummer sicher. | |
| > Özil wird seine Freiheit nutzen, Klose sollte trotz allem spielen. | |
| Bild: Aktuell mehr Defensive Coordinator als ihm lieb ist: Joachim Löw. | |
| ## Abwehr: Vollschde Sicherheit | |
| Sagt es Jogi oder sagt er es nicht? Er sagt es: „Hinten muss die Mauer | |
| stehen.“ Sein Team müsse gewappnet sein und dürfe nicht im „Hurra-Stil“ | |
| nach vorne gehen. Bundestrainer Löw ist derzeit, in Anlehnung an den | |
| US-Sport, der defensive coordinator der deutschen Nationalmannschaft. | |
| Das ist neu und spricht für eine Abkehr vom gewohnten Offensivstil des | |
| Teams. Mit dem hatte sich die Elf bei der WM in Südafrika in die Herzen der | |
| Fans gespielt. Das deutsche Spiel geriet seinerzeit spielerisch leicht. | |
| Gegen Australien oder England wurden Offensivspektakel veranstaltet. Doch | |
| jetzt muss hinten alles dicht sein. Das ist die oberste Prämisse. | |
| Die taktische Kehrtwende geht zurück auf einen kleinen Schock, den Jogi Löw | |
| im Vorbereitungsspiel gegen die Eidgenossen erlitten hat. „Wir mussten | |
| wegkommen von fünf Gegentoren wie gegen die Schweiz.“ Nach diesem Spiel hat | |
| er sich gesagt: So geht’s auf keinen Fall weiter, jetzt muss die | |
| „vollschde“ Konzentration auf der Abwehrarbeit liegen. Alle zehn | |
| Feldspieler wurden also dazu verdonnert, wie die Berserker zu verteidigen, | |
| Löcher zu stopfen und niemals das Leitmotiv des aktuellen EM-Unternehmens | |
| zu vergessen: Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive Meisterschaften. | |
| Löw kann noch so oft beteuern, es gebe „keine Abkehr von unserem | |
| Kombinationsfußball“ und auf der Offensive liege nach wie vor „der | |
| Schwerpunkt unseres Spiels“, Fakt ist, dass die DFB-Elf mit vereinten | |
| Kräften auf Nummer sicher geht. Das sieht nicht immer schön aus, war aber | |
| bisher sehr erfolgreich. | |
| ## Geistesblitze gegen Griechenland gefordert | |
| Nun geht’s gegen die Griechen. Vermutlich wird auf der rechten Abwehrseite | |
| Jerome Boateng seinen erfolgreichen Vertreter Lars Bender ersetzen. Die | |
| Griechen kommen wie gerufen, denn es wird in diesem Spiel nicht nur darum | |
| gehen, „kompakt“ (Löw) zu stehen, sondern den griechischen Abwehrriegel mit | |
| ein paar Geistesblitzen und schierer Offensivkraft zu knacken. | |
| Es könnte zur Wiederentdeckung des 2010er-Team kommen, zu einem erneuten | |
| Coming-out als Sturmtruppe. „Wir brauchen viel Bewegung im Spiel“, sagt | |
| Sami Khedira, „wenn wir statisch stehen, sehen wir nicht so gut aus.“ Alle | |
| Teams spielten defensiver gegen die Deutschen, sagt er, weil die DFB-Elf | |
| Favorit sei. Die Griechen werden sogar superdefensiv spielen. | |
| So ein Favorit darf natürlich nicht blindlings ins Messer laufen, aber ohne | |
| Risiko ist nichts zu gewinnen. Es wäre also gar nicht so schlecht, wenn | |
| Jogi Löw den Posten des offensive coordinators wieder übernehmen könnte. | |
| Mauern errichten – das ist eigentlich nicht sein Ding. MARKUS VÖLKER | |
| ## Mittelfeld: Özil unter Druck | |
| Er werde noch „explodieren“, hat der Bundestrainer angekündigt. Joachim L�… | |
| sprach von seinem Spielmacher Mesut Özil. Bei kaum einem deutschen Spieler | |
| ist die öffentliche Erwartungshaltung so kontinuierlich gewachsen wie bei | |
| dem gebürtigen Gelsenkirchener, der bei Real Madrid unter Vertrag steht. | |
| Sein Trainer dort, José Mourinho, hält ihn für „den besten Zehner der | |
| Welt“. Körperlich robuster ist der erst 23-Jährige in Madrid geworden, | |
| lauf- und zweikampfstärker. Özil ist zu einem „kompletten“ Spieler gereif… | |
| Ein Zauberer am Ball sei er, dieser Özil, einer, der seine fußballerischen | |
| Fähigkeiten elegant und vor allem spielentscheidend einzusetzen vermag, | |
| heißt es. Nur bei dieser EM soll er das nach einhelliger Meinung der | |
| Medien, Zuschauer und Experten noch nicht ganz so gut hinbekommen haben. | |
| Deswegen spricht Nationalcoach Löw vom Warten auf die Explosion. Jetzt – | |
| vor dem Viertelfinale gegen die Defensivspezialisten aus Griechenland – ist | |
| der öffentliche Druck wieder da. Und er ist größer als je zuvor, als müsste | |
| Özil die Deutschen allein zum Titel hin kombinieren. | |
| Der Fokus liegt nun wieder auf ihm. Nicht mehr auf Mario Gomez. Nicht mehr | |
| auf Lars Bender. Dabei hat Mesut Özil bislang überzeugt. Auch wenn die | |
| große Offensivmagie noch fehlt. Aber er ist immer anspielbar, dirigiert das | |
| Spiel, lässt mit lockeren Körpertäuschungen und Dribblings gern mal zwei, | |
| drei Gegenspieler aussteigen, fügt sich auch der hochgetakteten defensiven | |
| Dynamik, die für Löw Grundlage des Erfolgs ist. | |
| Gegen Portugal agierte er – wie der Rest des Teams – zögerlich und nervös. | |
| Gegen die Niederlande stand er im Schatten Schweinsteigers, der beide Tore | |
| mustergültig mit zwei klassischen Özil-Pässen ermöglichte. Gegen die Dänen | |
| leite er den entscheidenden Konter ein und entfaltete durchaus eine größere | |
| Präsenz. | |
| ## Starker Khedira | |
| Dass Mesut Özil dennoch eher schwächer bewertet wird, liegt auch an einem | |
| extrem effizient zwischen Verteidigung und Sturm agierenden Sami Khedira, | |
| der den anderen spielerisch vieles abnimmt und deswegen zu Recht mit Lob | |
| überschüttet wird. Auch der lange verletzte Schweinsteiger hat wieder | |
| zugelegt. | |
| Für Özil bedeutet das aber vor allen mehr Freiheit auf dem Platz – seine | |
| individuelle Klasse steht im Blickpunkt, seine genialen Momente. Mehr als | |
| je zuvor. Vielleicht ist das auch eine Bürde. Alle warten auf die Sekunden, | |
| in denen er „explodiert“, weil neben dem Spanier Iniesta diese Kunst kaum | |
| einer so zwingend, so leicht, so vollendet beherrscht wie Mesut Özil. JAN | |
| SCHEPER | |
| ## Sturm: Es geht auch ohne Abschlussspieler | |
| Der Mittelstürmer ist in Deutschland eine mythische Gestalt. Er wird | |
| personifiziert durch Seeler, Müller, Streich, Fischer, Völler, Klinsmann, | |
| Klose und neuerdings auch Mario Gomez. Obwohl es faktisch keinen | |
| Mittelstürmer mehr gibt, sondern allenfalls einen Abschlussstürmer: In | |
| vielen Köpfen steht er immer noch vorn drin und macht bumm. Die | |
| Vorstellung, Deutschland könne ohne Mittelstürmer antreten, macht Menschen | |
| Angst. So haben wir das ja nie gemacht. Geht das überhaupt? | |
| Es geht, Spanien zeigt es. Aber auch primär fachlich orientierte | |
| EM-Beobachter hatten beim stürmerlosen Spiel gegen Italien das subjektive | |
| Gefühl, da fehle etwas. Das hat auch hier etwas mit der eingeübten Kultur | |
| zu tun, zum anderen fehlt halt manchmal wirklich etwas. Logisch betrachtet, | |
| machte es keinen Sinn, mit dem Abschlussstürmer Gomez gegen Portugal zu | |
| spielen, faktisch schon, weil er dann diesen Verzweiflungsflugball | |
| reinrammte. | |
| Gomez, und auch Torres, bringen Optionen, aber sie nehmen auch Optionen. | |
| Von der nicht satisfaktionsfähigen Defensive der Niederländer sehen wir mal | |
| ab, aber auch gegen Dänemark konnte Gomez seine Stärke nicht einbringen, | |
| weil es das Spiel nicht hergab. | |
| Nun fiel das 2:1 unmittelbar nachdem die Dänen erstmals aufgemacht hatten, | |
| aber mitentscheidend war, dass der für Gomez eingewechselte Miroslav Klose | |
| sich an der Entwicklung des Spielzuges beteiligte. Der aber ist längst kein | |
| „Mittelstürmer“ mehr, also kein reiner Abschlussspieler. Das ist im Übrig… | |
| keine Frage des Willens, sondern der fachlichen Kompetenzen. | |
| ## Dribblings statt Flanken | |
| Wenn man nun sah, wie seriös Deutschland gegen die Dänen arbeitete, aber | |
| wie schwer man sich tat mit dem Kombinationsspiel; und wenn man weiß, dass | |
| die Griechen noch tiefer stehen werden und die Wahrscheinlichkeit gering | |
| ist, dass ihre Innenverteidiger über Flugbälle ausmanövriert werden, dann | |
| könnte man zu dem Schluss kommen, den Stürmer ganz wegzulassen. Man braucht | |
| ihn schlichtweg nicht. Und dafür könnte man mit dem Superdribbler Marco | |
| Reus und Götze oder Schürrle für Podolski die Griechen mit | |
| Tempokombinationen aus der Balance bringen. | |
| Doch das ist ein romantischer Gedanke, weil der wichtigste Faktor für einen | |
| deutschen EM-Sieg die Risikobalance, die Fehlervermeidung und das | |
| Funktionieren eines eingespielten Defensivverbundes ist. Und die alles | |
| entscheidende Frage, ob die Viererkette gut genug ist. | |
| Im Übrigen bin ich aber trotzdem der Meinung, dass wenigstens Klose spielen | |
| muss. PETER UNFRIED | |
| 22 Jun 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| P. Unfried | |
| J. Scheper | |
| M. Völker | |
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