| # taz.de -- Die deutsche Stürmerfrage: Drei für ganz vorne | |
| > Das Spielsystem von Joachim Löw lässt nur einen Angreifer zu. Aber wer | |
| > ist der richtige Mann dafür? Gomez, Klose oder doch Reus? | |
| Bild: Rennen können sie alle drei: Mario Gomez, Miro Klose und Marco Reus. | |
| ## Der Wuchtige | |
| All jene, die Mario Gomez vorwerfen, sein Spiel sei „pomadig“, lassen sich | |
| vom Cristiano-Ronaldo-Effekt verführen. Ein Spieler, mit etwas zu viel Gel | |
| im Haar, lässt sich leicht kritisieren. Was unschlagbar ist: die | |
| Wuchtigkeit von Gomez. Sein Treffer gegen Portugal erinnerte an Didier | |
| Drogba, FC Chelsea. Auch er hatte sich im Finale der Champions League nicht | |
| die Lunge aus dem Leib gerannt. Aber er war da, als es zählte. Flanke, | |
| Kopfball, Tor. | |
| Kennen die Gomez-Kritiker eigentlich die Torjägerliste der abgelaufenen | |
| Champions-League-Saison? Da steht Mario Gomez mit 12 Treffern auf Platz | |
| zwei, nach Lionel Messi (14 Treffer). Und vor Cristiano Ronaldo (10 | |
| Treffer). Weltfußballer unter sich. Mario Gomez verwies zu Recht auf die | |
| jüngste Statistik, nachdem ihn Mehmet Scholl kritisiert hatte; was zählt, | |
| sind eben Tore. Jetzt macht Gomez, was ihm bisher schwerfiel: Er punktet im | |
| Nationaltrikot. Darauf dürfen wir uns freuen. | |
| Löws Ansatz („Philosophie“), dass auch die Stürmer rennen und verteidigen | |
| sollen, dass jeder jedem hilft und immer mitdenkt, ist ja nicht falsch. | |
| Wenn man jedoch einen Stürmer für seine Bewegungslosigkeit kritisiert, | |
| nachdem er das entscheidende Tor im ersten Spiel bei der | |
| Europameisterschaft gemacht hat, dann wird es seltsam dogmatisch. Gomez’ | |
| Tor entschied über den weiteren Turnierverlauf. | |
| Gomez setzt sich durch im Strafraum, er flößt Respekt ein. Und er ist da, | |
| wenn man es zählt. Hoffentlich auch gegen Holland. Flanke, Kopfball, Tor. | |
| Er wird punkten, wenn man ihn nur bedient. Wetten? FELIX DACHSEL | |
| ## Der Mann des Umbruchs | |
| Okay, er ist mit 34 Jahren nicht mehr der allerjüngste unter den Knipsern, | |
| die auch eine technisch geölte Mannschaft wie die deutsche braucht, um | |
| nicht in Schönheit zu sterben. In der Vorrunde auszuscheiden etwa. Was gäbe | |
| das für einen Erklärungsbedarf – er jedoch, Miroslav Klose, die graueste | |
| Maus unter den migrantischen Kickern im DFB-Dress, braucht keinen Druck, | |
| gleich ausgewechselt zu werden, um wenigstens ein Tor zu erzielen. | |
| Klose, der gebürtige Pole, ist effektiv im Spiel. Dass er die Regeln für | |
| Torjäger beherrscht, bewies er in der vorigen Saison bei Lazio Rom: Tore, | |
| eines schöner und wichtiger, weil spielentscheidender, als das andere. | |
| Er, der nicht so viel Aufhebens um sich macht wie Gomez, der Kapriziöse und | |
| Schaufenstersensible, der aus einer mauen Leistung ein „Seht her, wie mich | |
| alles mitnimmt!, ja, umbringt!“ macht, der beherrscht den Umgang mit dem | |
| Ball vor allem dann, wenn es darauf ankommt. Heute gegen die Niederlande: | |
| Er könnte Arjen Robben zeigen, wie ein Ball hineingeknipst wird ohne viel | |
| Trara. | |
| Nur noch fünf Tore muss er schießen, ehe er zum ewigen „Bomber der Nation“ | |
| Gerd Müller aufgeschlossen hat und dann mehr Tore geschossen haben wird als | |
| jeder andere deutsche Nationalspieler. Klose hat es verdient, diese Marke | |
| mindestens einzustellen. | |
| Und weshalb? Weil er wie kein anderer aus der Old School des DFB für den | |
| mit Jürgen Klinsmann begonnenen Umbruch steht – ein Mann der Renaissance | |
| des rasanten Straßenfußballs. Gebt ihm alle Chancen – er wird es uns | |
| lohnen! JAN FEDDERSEN | |
| ## | |
| Klose oder Gomez? Der Diskurs, der vor dem Spiel gegen die Niederlande | |
| geführt wird, ist in etwa so statisch wie das deutsche Angriffsspiel gegen | |
| Portugal. Dabei werden die etablierten Kräfte weder die Streitfrage für | |
| sich entscheiden noch das Spiel beflügeln können. Dazu ist nur Marco Reus | |
| in der Lage. | |
| Er ist der Stürmertyp, von dem Joachim Löw schon lange geträumt hat: | |
| technisch stark, ball- und kombinationssicher. Bei dieser EM kann der | |
| Bundestrainer sein Werk vollenden und den einzigen seit Jahren | |
| unveränderten Mannschaftsteil endlich erneuern. | |
| Gerade gegen die hüftsteife niederländische Abwehr sollte man die taktische | |
| Revolution einläuten: Gomez und Klose sollten ein Tandem auf der Bank | |
| bilden, der wendige und fintenreiche Reus gehört in die Stammelf. Der | |
| 23-Jährige ist ein Hybrid, weder ein echter Stürmer noch ein richtiger | |
| Mittelfeldspieler. Manche halten das für ein Problem, aber genau das | |
| spricht für ihn. | |
| Der Puls des Neu-Dortmunders schlägt mit den kreativen Mittelfeldgrößen | |
| synchron. Kein anderer passt so gut zu den Ideen, aus denen sich das | |
| deutsche Spiel speist. Joachim Löw hat kurz vor dem Turnier darauf | |
| hingewiesen, wenn ein Gegner mit allem verteidigen würde, wäre Reus im | |
| deutschen Kombinationsspiel auch in der letzten Linie anspielbar. Nun sind | |
| die Niederländer nach ihrer Auftaktniederlage zwar zum Siegen verdammt. | |
| Aber gegen Deutschland werden sie gerade in der Anfangsphase darauf achten, | |
| sich nicht gleich aller Chancen zu berauben. Da braucht es einen | |
| Störenfried wie Reus. JOHANNES KOPP | |
| 13 Jun 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| F. Dachsel | |
| J. Feddersen | |
| J. Kopp | |
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