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# taz.de -- Deutschland nach dem ersten Spiel: Die erträgliche Schwere des Sei…
> Die Voraussetzungen für die Deutschen gegen Portugal waren alles andere
> als leicht. Sie gingen mit harter Fußballmaloche dagegen an. Und waren
> danach geschafft.
Bild: Richtig große Freude sieht anders aus.
LEMBERG taz | Philipp Lahm hat viele schwere Spiele gespielt. Aber das am
Samstagabend in Lemberg gegen Portugal, das war angeblich eines seiner
schwersten. „Es war von der Luft her schwer, einfach von allem.“ Um seine
Leiden auf dem Platz noch einmal zu verdeutlichen, sagte er: „Ich hab mich
sehr, sehr schwergetan.“
Das ganze Team habe nach dem 1:0-Sieg im ersten Vorrundenspiel gegen
Portugal ziemlich schlapp in der Umkleidekabine gehockt. Ausgelaugt von dem
Kraftakt, verzichteten die meisten Nationalspieler danach auch auf
Wortspenden. Der Großteil ging wortlos durch das Zickzack-Labyrinth der
sogenannten Mixed Zone, wo Journalisten Zitate der Fußballer aufzeichnen.
Man hätte glatt denken können, dass hier bei dem Spiel vor 37.000
Zuschauern ein Titelfavorit gestolpert wäre. Mats Hummels, der anstelle von
Per Mertesacker im Abwehrzentrum spielen durfte, rauschte missmutig an den
wartenden Journalisten vorbei, brummte irgendwas von „keine Lust“ und
entschwand. Hier war aber nicht ein Prüfling im entscheidenden
neunzigminütigen Test durchgefallen, im Gegenteil, Hummels hatte als
Innenverteidiger einen Nachweis seiner Reife erbracht. Er wollte wohl nur
deshalb schweigen, um nicht wieder als Großsprecher und Schlaumeier
dazustehen. Das waren Rollen, die ihm zuletzt ein Teil der deutschen Presse
zugedacht hatte. Er wollte diesmal Taten sprechen lassen. Und danach den
Mund halten.
Schwer war das Spiel in vielerlei Hinsicht. Die Mannschaft hatte sich
selbst zum Titelfavoriten erkoren, entsprechend hoch war der
Erwartungsdruck. Überdies war die Lemberger Abendluft nach einem Gewitter,
das kurz vorm Match über der westukrainischen Stadt niedergegangen war, zum
Schneiden. Und dann war da noch ein portugiesisches Team, das, angeführt
von Cristiano Ronaldo, nicht schon wieder in einem Turnierspiel gegen die
Deutschen verlieren wollte.
Gegen die Schwere der Umstände stemmte sich das deutsche Team mit harter
Fußballmaloche, viel Rennerei und dem unbedingten Willen, den Turnierstart
nicht verpatzen zu wollen. Als mahnendes Beispiel diente die holländische
Mannschaft; der Vizeweltmeister hatte zuvor in Charkiv überraschend 0:1
gegen Dänemark verloren.
## Lahm zufrieden mit der Abwehr
„Die Vorrunde ist harte Arbeit, das hat man in dem Spiel gesehen“, sagte
Kapitän Lahm. Bundestrainer Joachim Löw meinte, er sei durchaus zufrieden
mit dem Auftritt, nur das Tempo im Offensivspiel sei verbesserungswürdig.
Es sei in erster Linie darum gegangen, „nicht immer den Risikopass zu
suchen", sondern „stabil zu sein, nicht fahrlässig zu werden. Entscheidend
war der Erfolg." Die Mannschaft habe „enorm gefightet“. Und: „Der Sieg wi…
uns auch Sicherheit geben im Spiel nach vorn." Lahm lobte das Umschalten
von der Offensive in die Defensive, also das Abwehrverhalten insgesamt.
Doch richtig rund lief es für die DFB-Elf von Anfang an nicht. Mario Gomez
blieb im Sturm nahezu ohne Ballkontakte. Das deutsche Team kam zwar zu
Chancen, aber es fehlte das letzte Quäntchen Durchschlagskraft. Die Elf
dominierte das Spiel, war aber nicht wirklich gefährlich. Bastian
Schweinsteiger schrubbte ein Dutzend Kilometer, blieb jedoch insgesamt
blass. Thomas Müller agierte wieder mal unglücklich auf der rechten
Offensivseite. Lahm kämpfte mit den Umständen. Nur Sami Khedira drehte auf,
als müsse er erst noch beweisen, was für ein hochbegabter Kicker er ist.
Glück hatten Jogis Jungs schließlich auch noch. Ein Schuss von Portugals
Pepe landete in der 45. Minute erst an der Latte und dann auf der Torlinie
– drin war der Ball allerdings nicht. In Halbzeit zwei schienen sich beide
Teams zu neutralisieren, ein Ende der Serie deutscher Siege zum
Turnierauftakt schien möglich – seit 2006 ist das DFB-Team in diesen
Matches ja immer als Sieger vom Platz gegangen.
Doch dann kam es zur Szene des Spiels: Löw bereitete gerade die
Auswechslung des enttäuschenden Gomez‘ vor – Miroslav Klose stand schon an
der Seitenauslinie und der Schiri-Assistent hatte die Leuchttafel in der
Hand –, da flankte Sami Khedira auf Gomez. Der köpfte ein. Löw riss kurz
die Arme hoch – und beorderte Klose sofort zurück auf die Bank. Erst fünf
Minuten später durfte der Profi von Lazio Rom für den Bayern-Stürmer
auflaufen. Die deutsche Elf verteidigte den Vorsprung, trotz einer
Großchance der Portugiesen durch Silvestre Varela (88. Minute).
Für Teammanager Oliver Bierhoff war der Gomez-Treffer „wie eine Befreiung“.
Er sagte: „Wir waren nicht in dem Rhythmus drin, der uns sonst immer stark
macht. Es ist sehr schwer, wenn man zu den Favoriten zählt.“ Am Mittwoch
steht die nächste schwere Prüfung an. Gegen Holland in Charkiv. „Das wird
jetzt eine ganz heiße Kiste“, sagte Oliver Bierhoff. Das sieht Jogi Löw
genauso: „Die Niederländer stehen jetzt mit dem Rücken zur Wand, sie müssen
ein Alles-oder-nichts-Spiel machen. Das macht die Partie nochmal ein Stück
brisanter.“ Es wird ein kleines Endspiel.
10 Jun 2012
## AUTOREN
Markus Völker
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Mixed Zone
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