# taz.de -- Der gefeierte Mats Hummels: „Ich versuche flüssig zu reden“ | |
> Mats Hummels spricht über Blockdenken im Team, seine Art, Spiele | |
> aufzuarbeiten, und warum er weder ein Fußballintellektueller noch ein | |
> Mitläufer ist. | |
Bild: „Was ich sage, kommentieren meine Eltern eigentlich gar nicht.“ | |
taz: Herr Hummels, das Turnier könnte für Sie eigentlich nicht besser | |
laufen. Sie spielen fix in der Innenverteidigung. Ihre Leistung gegen | |
Portugal wurde hoch gelobt. | |
Mats Hummels: Es ist alles eingetroffen, was ich mir erhofft hatte. | |
Wie groß war die Skepsis vor der EM, dass sie es in die erste Elf schaffen | |
würden? | |
Ich wusste, dass es schwierig wird. Der Bundestrainer hat oft und lang auf | |
Per Mertesacker gesetzt. Aber ich hatte ein gutes Gefühl und wurde | |
bestätigt. Ich habe gespürt, dass ich eine Chance beim Trainer hatte. | |
Das dürfte auch Jürgen Klopp freuen, ihren Heimtrainer. | |
Nach jedem Spiel gibt es Kontakt. Das ist immer sehr unterhaltsam, weil er | |
rhetorisch nicht so schlecht ist. | |
Sie sind ja rhetorisch auch nicht ganz unbegabt. „Die Anforderungen, um im | |
Fußball ein Intellektueller zu sein, sind natürlich niedriger als | |
anderswo.“ Der Satz stammt von Ihnen. Sehen sie sich als | |
Fußballintellektueller? | |
Überhaupt nicht. Wenn ich meinen Freundeskreis durchgehe, dann bin ich der | |
Einzige, der kein Abitur gemacht hat. Natürlich fußballbedingt. | |
Aber das hätten Sie ja locker geschafft. | |
Mit der richtigen Einstellung (lacht). Ich habe mich schon immer versucht, | |
vernünftig auszudrücken und möglichst flüssig zu reden. Das ist der | |
Anspruch an mich selbst. Ich sehe darin keine besondere Begabung. | |
Vielleicht liegt es auch daran, dass ich keine Nervosität verspüre, wenn | |
ich mit den Medien rede. | |
Das liegt sicherlich auch an Ihrem familiären Hintergrund. Ihre Mutter ist | |
Sportjournalistin, Ihr Vater Jugendfußballtrainer. | |
Was ich sage, kommentieren meine Eltern eigentlich gar nicht. Die einzige | |
Meinung, auf die ich Wert lege, ist letztlich meine eigene. Aber meine | |
Eltern sind auch froh, dass ich es ins Team geschafft habe. Sie haben ja | |
mitgekriegt, dass ich in den vergangenen anderthalb Jahren nicht so | |
glücklich war als Nationalspieler. | |
Sie haben lange in der Bayern-Jugend gespielt, ein Jahr zusammen mit Holger | |
Badstuber, er war im offensiven Mittelfeld, Sie im defensiven. Macht es das | |
leichter, mit den Bayern-Spielern jetzt klarzukommen? | |
Mehr als die Hälfte im Team kenne ich von der U21-Auswahl oder aus meiner | |
Zeit bei den Bayern. Ich habe keine Probleme, mich irgendwo einzubringen. | |
Gibt es ein Blockdenken im Nationalteam, nach dem Motto: Da ist der | |
Bayern-Block, hier die BVB-Profis? | |
Dieses Blockdenken gibt es. Meist hängt man eben mit den Leuten ab, mit | |
denen man tagtäglich zu tun hat. Aber Mario Gomez, André Schürrle und Marco | |
Reus sind zum Beispiel auch gute Freunde, und die kommen aus drei | |
unterschiedlichen Vereinen. Klar bilden sich Gruppen, aber es ist nicht so, | |
dass da vier verfeindete Gruppen sitzen würden. Wir spielen schon mal | |
zusammen Snooker oder Karten. | |
Die Alphatiere kommen aus dem Bayern-Block. Wo stehen Sie in der | |
Hackordnung? | |
Ich bin kein Mitläufer. Ich möchte zum Spiel etwas beitragen, offensiv und | |
defensiv. Ich will nicht einfach nur den Ball abgeben zum Nebenmann, der | |
nur vier Meter entfernt steht. Dass Bastian, Miro und Per etwas zu sagen | |
haben im Team, das ist klar. Aber es gibt außerhalb des Spielfelds kaum | |
eine Situation, wo so eine Hackordnung wichtig wäre. | |
Relevant ist, was jeder in 90 Minuten auf dem Platz zeigt. So entstehen | |
Hierarchien. Man wird einfach mehr akzeptiert, wenn man seine Leistung | |
bringt. Es ist mir wichtig, dass ich im Ansehen vor allem meiner Mitspieler | |
steige. Die Öffentlichkeit ist dabei nicht so wichtig. | |
Nicht? Nach einem kritischen Artikel im Spiegel reagierten Sie direkt nach | |
dem Portugal-Spiel mit einem Medienboykott? | |
Dieser Fall war krass, weil viel falsch geschrieben wurde. Das ist | |
unmöglich. Meine Mutter hat den Spiegel seit 20 Jahren im Abo. Sie hat kurz | |
überlegt, das Abo zu kündigen. Ich fand die Berichterstattung extrem | |
negativ in den Wochen vor der EM. Da wollte ich ein Zeichen setzen. Am | |
nächsten Tag bin aber schon wieder vor die Presse getreten. | |
Aber es gab doch Anlass zur Kritik, weil es für Sie im Nationalteam nicht | |
gut lief. | |
Das waren Testspiele, wo der Defensivgedanke nicht bei allen so ausgeprägt | |
war. Wo die Offensiven sagen: Okay, das ist ein Freundschaftsspiel, | |
konzentrieren wir uns heute mal aufs Toreschießen. Dann sieht man in der | |
Defensive natürlich schlecht aus. | |
Außerdem wollte ich zu viel. Ich wollte nicht einfach nur normal spielen, | |
sondern besonders gut. Ich wollte besondere Momente kreieren, auffallen, | |
weil ich wusste, ich war nicht drin in der Mannschaft. Und ich wollte rein. | |
Das hat leider zu Fehlern gefühlt. | |
Wie sammeln Sie sich nach einem schlechten Spiel wieder? | |
Ich lese mir nach einem Spiel immer alles durch was so geschrieben wird. | |
Sie durchforsten wirklich alles? | |
Ja, meistens. Im Hotel kann man nach dem Spiel nicht viel anderes machen | |
als zu lesen und im Internet zu sein. | |
Warum tun Sie das? Wollen Sie aus den Bewertungen Ihres Spiels lernen und | |
die richtigen Schlüsse ziehen? | |
Ich will wissen, wie das in der Öffentlichkeit gesehen wird. Zum Beispiel, | |
ob man außerhalb Dinge wahrnimmt, die ich innerhalb des Teams wahrnehme. | |
Oft gibt es da große Unterschiede. | |
Wie viel vom Spiel des BVB steckt eigentlich in der Nationalelf? | |
Nicht viel. Ich sehe da keine großen Parallelen. Das Spiel mit Ball ist | |
anders geartet. Es ist auf viel Ballbesitz ausgerichtet, es ist ein | |
bisschen breiter, nicht so schnell, nicht mit so viel Zug zum Tor, etwas | |
mehr auf sicheres Passspiel ausgelegt. In Dortmund gehen wir auch etwas | |
schneller drauf auf den Gegner, aber da wir bisher nur ein Tor bei dieser | |
EM kassiert haben, ist das defensiv schon mal richtig gut gelaufen, trotz | |
aller Unterschiede. | |
16 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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