# taz.de -- Lukas Podolski über die EM: „Ich zeige keine Tränen“ | |
> Der Nationalspieler wird vermutlich am Donnerstag gegen Italien nicht in | |
> der Startelf stehen. Der offensive Mittelfeldspieler nimmt es gelassen. | |
Bild: „Klar bin ich eher ein offensiver Typ.“ | |
taz: Herr Podolski, können Sie sich noch an das Tor des Italieners Fabio | |
Grosso erinnern, der Deutschland 2006 den Weg ins WM-Finale verbaut hat? | |
Lukas Podolski: Ja, leider. Wir waren eigentlich gut dabei. In der | |
Verlängerung hat uns aber ein bisschen die Kraft gefehlt. Die Italiener | |
waren zu diesem Zeitpunkt besser. Mit dem Tor war der Traum vorbei. Als ich | |
den Ball einschlagen sah, gab es diesen Moment der Leere. | |
Michael Ballack war den Tränen nahe. | |
Na ja, ich bin ja eher einer, der Tränen nicht so zeigt. | |
Spielt das WM-Halbfinale jetzt noch eine Rolle? | |
Nee, weil wir jetzt eine ganz andere Mannschaft sind, die auch ein anderes | |
System spielt. Wir spielen mittlerweile den besseren Fußball, wir haben | |
eine bessere Qualität und dadurch auch die besseren Chancen im Halbfinale. | |
Italien ist der Underdog? | |
Ich habe, ehrlich gesagt, gar nicht mit den Italienern gerechnet. Es ist | |
schon überraschend, dass sie so weit kommen, auch wegen der Unruhe vorm | |
Turnier, dem Wettskandal zum Beispiel. Aber sie haben sich überzeugend | |
durchgespielt. | |
Sie treffen im Semifinale auch auf Andrea Pirlo, den Künstler am | |
Elfmeterpunkt. | |
Um so einen Elfer zu treten, braucht man echt Eier. Sensationell. Wenn er | |
nicht trifft, kriegt er auf die Schnauze, wenn er trifft, redet die ganze | |
Welt davon. Ich möchte nicht wissen, was in Deutschland passieren würde, | |
wenn ich so ein Ding versemmeln würde. | |
Das Halbfinale findet am Donnerstag in Warschau statt. Das macht das Spiel | |
für Sie doppelt wichtig, oder? | |
Zwei große Turniere in meinen Heimatländern zu spielen, 2006 in Deutschland | |
und jetzt in Polen, ist großartig. Ich mag die Polen, sie haben ein großes | |
Herz. Ich mache hier gern mit meiner Familie Urlaub. Ich habe immer gesagt, | |
dass ich mir vorstellen kann, meine Karriere bei meinem Lieblingsverein | |
Gornik Zabrze zu beenden. Vielleicht mit Ende 40. Aber versprochen ist | |
nichts. | |
Nun könnte es passieren, dass Sie am Donnerstag nicht spielen, jedenfalls | |
nicht von Anfang an. Wie sehr sorgt Sie das? | |
Natürlich ist man enttäuscht, wenn wir im Viertelfinale gegen Griechenland | |
das erste Match in Danzig in Polen spielen, wo die Familie dabei ist und | |
ich nicht spielen darf. Aber ich bin überzeugt, dass ich gegen Italien auf | |
dem Platz stehen werde. | |
Was macht Sie so sicher? | |
Ich habe so ein Gefühl. Ich hatte auch ein gutes Gespräch vor dem | |
Griechenland-Spiel. | |
Wie ist das, wenn man als Stammspieler, der 100 Länderspiele hat, jetzt | |
zittern muss? | |
Wer sagt denn, dass ich nicht mehr Stammspieler bin? Ich habe schon so viel | |
erlebt, so viel mitgemacht. Wenn ich einmal auf der Bank sitze, dann geht | |
doch die Welt nicht unter. Es gibt noch so viele Jahre, die vor mir liegen, | |
so viele Spiele. | |
Wie hat der Bundestrainer den Tausch begründet? | |
Er wollte etwas ausprobieren. Das ist sein gutes Recht. Er muss nicht alles | |
begründen und immer argumentieren. Er steuert die Mannschaft. | |
Der Konkurrenzkampf im Team ist größer geworden. | |
Ja, aber das hat für mich absolut nichts Negatives. Ich will zwar immer | |
spielen, aber ich kann der Mannschaft auch von außen helfen. Was ich | |
erreicht habe, kann mir keiner mehr nehmen. Ich mache so weiter wie bisher. | |
Jetzt mit Wut oder Frustration an die Sache ranzugehen, das wäre der größte | |
Fehler, den man machen kann. Und dass junge Spieler nachkommen, ist gut. | |
Schauen Sie sich die Engländer oder Italiener an. Das wächst nur wenig | |
nach. Wir haben es besser. | |
Joachim Löw hat Sie immer als Gefühlsmenschen charakterisiert. Was meint er | |
damit? | |
Ich weiß nicht. | |
Sie brauchen eine vertraute Atmosphäre und Vertrauen vom Coach. | |
Das braucht jeder Spieler. Aber ich würde natürlich nicht irgendwohin | |
wechseln in eine Umgebung, wo ich niemanden kenne und wo ich keine | |
vertrauensvolle Umgebung habe. Ich will mich wohl fühlen. Es gibt natürlich | |
Fußballer, denen das alles egal ist, die nur einen guten Vertrag haben | |
wollen und nach drei Jahren sind sie wieder weg. So bin ich nicht. Ich muss | |
überzeugt sein. Wie in Köln und demnächst in London. Ich hatte gute | |
Gespräche mit Arsene Wenger. Die Familie wird mich nach London begleiten. | |
Das ist wichtig. | |
Ist die Nationalmannschaft wie eine Familie für Sie? | |
Ich bin seit 2004 dabei. Mit einigen bin ich also seit 8 Jahren zusammen. | |
Da entwickelt man Sympathie und fühlt sich wohl. Wenn sich wie in Köln | |
ständig die Positionen in der oberen Etage ändern, dann kann man nichts | |
entwickeln. Mir haben in Köln irgendwann die Bezugspersonen gefehlt. Das | |
ist in der Nationalmannschaft anders. Wenn die Nationalmannschaft ein | |
Verein wäre, dann wäre es optimal. | |
Mögen Sie die Defensivarbeit eigentlich? | |
Es ist eine Frage der Einstellung und der Aufgabenerfüllung. Klar bin ich | |
eher ein offensiver Typ. Beim FC habe ich die letzten drei Jahren offensiv | |
in der Zentrale gespielt. Das ist meine Stärke. Aber ich denke immer im | |
Sinne der Mannschaft. | |
26 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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