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# taz.de -- Kolumne Ostwärts immer: Proseminar, nicht Gosse
> Wer etwas über das Seelenleben der Nationalspieler wissen will, muss sich
> in einem Café auf die Lauer legen. Nur da hat man die Chance ein
> unfreiwilliger Zuhörer zu werden.
Ist schon klar, Fußballer sollen Fußball spielen. Sie müssen keine Leuchten
sein. Aber gerade die eher einfachen Denker sind oftmals die größten
Unterhaltungs-talente. Lothar Matthäus hat der Nachwelt diesen wunderbaren
Satz auf Englisch geschenkt: „I look not back, I look in front.“
Oder Lukas Podolski soll gesagt haben: „Fußball ist wie Schach, nur ohne
Würfel.“ Es handelt sich um großartige Bonmots. Es sind Klickmonster im
Internet. Sie künden von einer Weisheit, die uns Schlaumeiern in den
Redaktionsstuben für immer verschlossen bleiben wird.
Von der aktuellen Elite des deutschen Fußballs kommt in dieser Hinsicht
nicht gerade viel. Wenn Mats Hummels spricht oder Philipp Lahm, klingt das
eher nach Proseminar als nach Gosse. Aber derzeit kursiert in der
Journalistenszene doch eine hübsche Anekdote, die hoffen lässt. Vielleicht
steckt ja im aktuellen Nationalteam mehr Matthäus drin, als wir alle
glauben.
Was ist passiert? Ein Grüppchen von Nationalspielern um Keeper Wiese und
Ersatzspieler Gündogan verlässt den Schutz des Mannschaftsquartiers in
Danzig-Oliwa, geht ins nahe Ostseebad Zoppot, setzt sich dort in ein Café
und ahnt nicht, dass ein Journalist zum unfreiwilligen Zuhörer ihres
Gesprächs wird.
## „Polnische Lira?“
Man spricht über die englische Liga und darüber, dass man dort mit
Schulenglisch nicht weit komme. „Escht?“, wundert sich ein Ausflügler. Als
es ans Zahlen geht, diskutiert man die Währungsfrage. „Womit wird hier
eigentlich bezahlt?“ Hm. „Gibt’s hier so was wie polnische Lira?“ Polni…
Lira. Klingt erst mal verwegen, aber so weit hergeholt ist das gar nicht.
Denn vor gar nicht allzu langer Zeit hatte die türkische Währung ähnlich
hohe Inflationsraten wie die polnische. Also warum nicht ein Währungspaar
bilden, das schon immer eine heimliche Beziehung geführt hat? Das ist
innovativ, das ist neu. Das ist spielerisch-kreativ.
Ach, man wünschte sich, immer so nah dran zu sein an unseren
Nationalspielern, zu wissen, was sie wirklich denken und fühlen. Aber da
sind nur diese Pressekonferenzen, auf denen die Spieler immer dasselbe
sagen. Wo bleiben sie, die erfrischend ehrlichen Einlassungen, die
Plauderei aus dem Nähkästchen und das ultimative Bekenntnis?
Es gibt sie nicht, denn ein Heer von Beratern und Pressemenschen passt auf,
dass die Kicker nicht anecken. Und wenn sie mal anecken, steckt Kalkül
dahinter. Um zu den Geheimnissen unserer Nationalspieler vorzustoßen, werde
ich mich in ein Zoppoter Café begeben und warten. Irgendwann werden unsere
Währungsexperten auftauchen.
24 Jun 2012
## AUTOREN
Markus Völker
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