# taz.de -- Streit um Adresshandel: Meldegesetz wird vermittelt | |
> Die Kritik am Entwurf des Meldegesetzes reißt nicht ab. Bund und Länder | |
> sollen sich nun im Vermittlungsausschuss einigen. | |
Bild: Wertvolle Daten für die Werbewirtschaft: Formular zur Anmeldung. | |
BERLIN taz | Im Streit über das geplante Meldegesetz sollen sich Bundestag | |
und Bundesrat im gemeinsamen Vermittlungsausschuss über Nachbesserungen | |
verständigen. Dafür plädierten am Donnerstag die Vertreter aller 16 | |
Bundesländer im Innenausschuss des Bundesrates. | |
Am Abend des Fußball-EM-Halbfinales am 28. Juni hatte der nur dünn besetzte | |
Bundestag den umstrittenen Gesetzentwurf beschlossen. Er sieht die | |
Weitergabe von Daten wie Namen und Adressen ohne Einwilligung der Bürger an | |
Firmen vor. | |
Kritiker warfen den Koalitionsfraktionen vor, das Gesetz in einer | |
„Nacht-und-Nebel-Aktion“ durchgewinkt zu haben. Zuvor hatte die | |
Werbewirtschaft Druck ausgeübt, um Regelungen in ihrem Sinne zu erreichen. | |
„Staatliche Melderegister dürfen keine Grabbeltische der Werbewirtschaft | |
und Adresshändler sein“, kritisierte Schleswig-Holsteins Innenminister | |
Andreas Breitner (SPD), Vorsitzender des Innenausschusses, am Rande der | |
Sitzung. Am 21. September kommt der Bundesrat zur Plenarsitzung zusammen. | |
Er muss endgültig über den Start eines Vermittlungsverfahrens entscheiden. | |
## Automatische Aktualisierung der Daten | |
Strittig ist vor allem der Paragraph 44 des geplanten Gesetzes, der den | |
Zugriff der Privatwirtschaft auf die Daten der Meldeämter regelt. Demnach | |
müssen Bürger der Weitergabe ihrer Daten nicht mehr zustimmen, sondern | |
müssen ihr explizit widersprechen. Ein spezielles Feld müsste in den | |
Datensätzen angekreuzt werden, um den Adresshandel zu verhindern. | |
Hinzu kommt, dass der Entwurf den Bürgern keine Mitsprache ermöglicht, wenn | |
einem Unternehmen veraltete oder unvollständige Daten zu einer Person | |
vorliegen. Wer einmal online einen Flug gebucht oder ein Buch bestellt hat, | |
kann nichts dagegen tun, dass seine aktualisierten Daten von der | |
entsprechenden Firma abgefragt werden. | |
Dreißig Aktivisten haben am Donnerstag vor dem Bundesrat protestiert und | |
dem Vorsitzenden des Innenausschusses Breitner eine Unterschriftenliste | |
übergeben. Nach Angaben des Bündnisses „Meine Daten sind keine Ware“ haben | |
sich mehr als 190.000 Bürger gegen die geplanten Änderungen ausgesprochen. | |
Die Piratenpartei plant derweil einen bundesweiten Protesttag für mehr | |
Datenschutz am 20. September. | |
6 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Jannis Hagmann | |
## TAGS | |
Datenschützer | |
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