# taz.de -- Handel mit Privatadressen: Behauptete Einwilligung reicht | |
> Einigung beim umstrittenen Meldegesetz: Ämter können Privatdaten künftig | |
> nur mit Zustimmung herausgeben – die aber dürfen die Firmen selbst | |
> einholen. | |
Bild: Adressdaten gibt's nur mit Zustimmung der Betroffenen. | |
BERLIN taz | Der Handel mit Adressen von Privatpersonen soll eingeschränkt | |
werden. Meldeämter dürfen die Daten künftig voraussichtlich nur mit | |
Einwilligung der Betroffenen herausgeben. Darauf haben sich Vertreter von | |
Bundestag und Bundesrat geeinigt, wie Verhandlungsteilnehmer von Grünen, | |
SPD und Union der taz berichteten. Am Dienstag soll der | |
Vermittlungsausschuss den Entwurf des Meldegesetzes beschließen. | |
Datenschützer zeigten sich zufrieden, sehen jedoch Kritikpunkte. So sollen | |
Firmen die Einwilligung der Betroffenen selbst einholen dürfen. Die | |
Meldeämter müssen nur stichprobenartig überprüfen, ob dies auch tatsächlich | |
passiert. Bei Verstößen wäre ein Bußgeld fällig. | |
Das Meldegesetz hatte mit seiner kuriosen Geschichte im vergangenen Sommer | |
für Wirbel gesorgt. Während der Fußball-Europameisterschaft wurde ein | |
Entwurf vom Bundestag beschlossen – ausgerechnet als Deutschland im | |
Halbfinale gegen Italien spielte und kaum ein Abgeordneter im Plenum war. | |
Die Behandlung dauerte 57 Sekunden; in den Tagen darauf gaben sich viele | |
Politiker überrascht. Selbst die Bundesregierung erklärte, sie hoffe auf | |
einen Stopp des Entwurfs durch den Bundesrat und auf eine Nachbesserung. | |
Vorgesehen war nämlich, dass die privaten Daten auch ohne Einwilligung | |
weitergegeben werden dürfen – wer das nicht will, hätte erst ausdrücklich | |
widersprechen müssen. Durchgedrückt hatten das Union und FDP im | |
Innenausschuss des Bundestags. Zudem hätten Bürger in der ursprünglichen | |
Gesetzesfassung der Datenweitergabe gar nicht widersprechen können, wenn | |
einem Unternehmen bereits veraltete oder unvollständige Daten vorliegen. | |
Wer also einmal seine Adresse irgendwo angegeben hat, hätte damit rechnen | |
müssen, dass die Firma ständig über die aktuellen und vollständigen Daten | |
verfügt. | |
## Daten keine Ware | |
Gegen den Gesetzentwurf waren Datenschützer Sturm gelaufen. Das Bündnis | |
„Meine Daten sind keine Ware“ sammelte knapp 200.000 Unterschriften. Der | |
Bundesrat verlangte dann auch Nachbesserungen. | |
Datenschützer sind über das jetzt gefundene Verhandlungsergebnis | |
erleichtert. „Wir sind mit dem ausgehandelten Kompromiss nicht an allen | |
Stellen glücklich, aber insgesamt ist es ein großer Erfolg für den Protest | |
von Datenschützern“, sagte Rena Tangens vom Verein Digitalcourage. Das | |
Einwilligungsprinzip sei ein großer Fortschritt gegenüber den bisherigen | |
teils deutlich schlechteren Regelungen in den Landesgesetzen. Bislang gibt | |
es kein Bundesgesetz. | |
Dass die Einwilligung nicht nur den Meldebehörden, sondern auch Firmen | |
erteilt werden können soll, bezeichnete Tangens allerdings als „relativ | |
schwachen Kompromiss“. Die Meldeämter hätten nicht die Kapazitäten, um zu | |
prüfen, ob die Einwilligung wirklich vorliege. Es sei schon vorgekommen, | |
dass auf Firmenformularen die Einwilligung vorher angekreuzt gewesen sei | |
und dass sich Firmen mit gefälschten Erklärungen die Auskunft erschlichen | |
hätten. | |
Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz, der an den Verhandlungen | |
teilgenommen hat, zieht ein positives Fazit: „Es ist uns gelungen, den | |
völligen Rückfall in datenschutzrechtlich bedenkliche Zeiten zu | |
verhindern.“ | |
Der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl meinte hingegen: „Es ist weniger | |
Datenschutz, denn die behauptete Einwilligung reicht ja aus.“ Bei der | |
ursprünglich vom Bundestag beschlossen Fassung hätte der Widerspruch | |
hingegen auf dem Amt eingetragen werden müssen, so Uhl gegenüber der taz. | |
25 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Felix Werdermann | |
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