# taz.de -- Vor der Wahl in Somalia: Kismayo kurz vor dem Fall | |
> Internationale Truppen dringen in die somalische Hafenstadt Kismayo vor. | |
> Sie ist eine der letzten Bastionen der islamistischen Al-Shabaab-Miliz. | |
Bild: Auf dem Weg nach Kismayo: Amisom-Soldaten, hier noch in der Nähe von Mer… | |
NAIROBI taz | Kurz bevor am kommenden Montag in Somalia ein neuer Präsident | |
gewählt werden soll, sind hunderte Zivilisten auf der Flucht aus der | |
Hafenstadt Kismayo. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR | |
verließen alleine in der ersten Septemberwoche 800 Menschen die zweitgrößte | |
Stadt Somalias. Sie gilt als eine der letzten Bastionen der islamistischen | |
Al-Shabaab-Miliz und steht kurz vor der Eroberung durch die Soldaten der | |
Eingreiftruppe der Afrikanischen Union, Amisom, und der somalischen | |
Übergangsregierung. | |
Beobachter aus dem Kreis der internationalen Gemeinschaft spekulieren, dass | |
die Eroberung Kismayos womöglich als symbolischer Erfolg noch vor der Wahl | |
bekannt werden soll. Der wegen seiner Korruptheit umstrittene | |
Übergangspräsident Sharif Sheikh Ahmed könnte eine solche Meldung | |
gebrauchen, um sein Image kurzfristig aufzupolieren. | |
Dass er trotz seines schlechten Rufes gute Aussichten auf den Wahlsieg hat, | |
liegt daran, dass er einer der reichsten Männer des Landes ist. Gewählt | |
wird der neue Präsident am Montag von den Abgeordneten, und die Sitze im | |
Parlament wurden in den vergangenen Monaten für viel Geld verkauft. Sharif | |
Sheikh Ahmed dürfte sich etliche Stimmen gesichert haben. | |
Von der Eroberung Kismayos ist schon seit Monaten die Rede. Die Hafenstadt | |
im Süden Somalias ist seit 2008 in der Hand der islamistischen | |
Shabaab-Miliz, die zum Terrornetzwerk al-Qaida gehört und große Teile | |
Somalias kontrolliert. Um die schwache somalische Übergangsregierung im | |
Kampf gegen die islamistische Miliz zu stützen, entsandte die Afrikanische | |
Union die Amisom, die seit 2007 im Land ist. Schon seit Monaten kündigt sie | |
an, sie werde den Hafen erobern. | |
## Einnahmequelle Hafenzoll | |
„Die Bedeutung der Einnahme Kismayos kann man gar nicht überschätzen“, | |
urteilt der Somalia-Experte und ehemalige UN-Beobachter Matt Bryden. Die | |
radikale Miliz soll nach Schätzungen der UN 2,5 Millionen Dollar jährlich | |
durch den Hafen verdienen. Das Geld bekommt die Miliz durch „Steuern“ und | |
Abgaben, die sie vor allem auf den Export von Holzkohle erhebt. | |
In den vergangenen Monaten rückten die Amisom-Kontingente langsam auf | |
Kismayo zu. Im Mai musste die Shabaab-Miliz die Kleinstadt Afmadow räumen, | |
die nur wenige Kilometer nordwestlich von Kismayo liegt. Im August nahmen | |
die Amisom-Truppen mit Merca die drittgrößte Hafenstadt des Landes ein. | |
Und seit dem letzten Wochenende nimmt die kenianische Marine Kismayo vom | |
Meer her unter Beschuss. Während die kenianischen Bodentruppen zur Amisom | |
gehören, handeln Luftwaffe und Marine auf eigenes Kommando. Wie Bewohner | |
der Stadt gegenüber dem UN-Nachrichtendienst Irin erklärten, würden vor | |
allem zivile Ziele getroffen. „Es gibt ja hier keine militärischen Ziele“, | |
zitierte die Agentur einen Bewohner, der um Anonymität gebeten hatte. | |
Vertreter der kenianischen Regierung hatten erklärt, nur Stellungen der | |
Shabaab ins Visier zu nehmen. | |
Wie die kenianische Tageszeitung Daily Nation am Donnerstag berichtete, | |
sollen sich in den vergangenen Tagen 200 Shabaab-Mitglieder den | |
kenianischen Truppen in Afmadow ergeben haben. Aus Sicht der kenianischen | |
Armee ist das ein Zeichen dafür, dass die radikalen Kämpfer ihre Sache | |
verloren geben. | |
7 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Bettina Rühl | |
## TAGS | |
Somalia | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Autonomiebestrebungen in Somalia: Kein Jubel für Jubaland | |
In Somalias neuestem Teilstaat hat ein Gegner der Zentralregierung den | |
Machtkampf um den Hafen Kismayo gewonnen. Und der bringt wertvolle | |
Einnahmen. | |
Kommentar Somalia: Milizen auf dem Rückzug | |
Den radikalislamistischen Shabaab-Milizen droht in Somalia der | |
Bedeutungsverlust. Die Zukunft des zerrütteten Landes ist dennoch weiter | |
ungewiss. | |
Islamisten in Somalia: „Operation Vorschlaghammer“ | |
Eingreiftruppen aus Kenia rücken vom Meer aus in die Stadt Kismayo ein. Sie | |
ist die letzte Hochburg der Shabaab-Milizen in Somalia. | |
Anschlag auf somalischen Präsidenten: Bombe vor der Residenz | |
Erst am Montag ist Mogadischus neuer Präsident gewählt worden. Jetzt wurde | |
ein Anschlag auf sein Hotel in Mogadischu verübt. | |
Kommentar Somalia: Ein erster Hoffnungsschimmer | |
Der neue Präsident Somalias gehört nicht zu den alten Konfliktparteien. | |
Seine Wahl ist ein Zeichen der Kriegsmüdigkeit – und der Hoffnung. | |
Neuer Präsident in Somalia: Ein Professor gewinnt die Wahl | |
Der bisher wenig bekannte Hochschullehrer Hassan Sheikh Mohamud wurde vom | |
Parlament in Mogadischu zum neuen Staatspräsidenten gewählt. | |
Präsidentschaftswahl in Somalia: Jetzt kann gewählt werden | |
Die Abgeordneten in Somalia sollen endlich über ihren Präsidenten | |
abstimmen. Das Land hat seit über 20 Jahren keine funktionierende | |
Regierung. | |
Somalische Präsidentenwahl verschoben: Somalia weiter ohne Regierungschef | |
Das neue Übergangsparlament sollte in Mogadischu einen neuen | |
Übergangspräsidenten wählen. Doch die Wahl wurde noch vor der | |
Parlamentssitzung verschoben. | |
Ugandische Truppen in Somalia: Militärhubschrauber verschollen | |
Auf dem Weg zu ihrer Mission in Somalia sind drei ugandische | |
Kampfhubschrauber verschwunden. Sie sollen in der Nähe des Mount Kenya | |
verunglückt sein. | |
Piraten in Somalia: Staatschef stützt Verbrecherchef | |
Einer der obersten Piratenbosse Somalias konnte mit einem somalischen | |
Diplomatenpass herumreisen. Er stand unter dem Schutz des Präsidialamtes. |