| # taz.de -- Facebook arbeitet mit Rabattkartenfirma: Im Netz der Marktforschung | |
| > Der Internetkonzern hat Probleme, seine Kunden davon zu überzeugen, dass | |
| > sich Werbung lohnt. In den USA werden deswegen Offline-Käuferdaten | |
| > ausgewertet. | |
| Bild: Facebook ist für alle da – auch für die Werbung. | |
| Das soziale Netzwerk Facebook arbeitet in den USA mit dem | |
| Rabattkartenauswerter Datalogix zusammen, um die Effektivität geschalteter | |
| Anzeigen in der Offline-Welt zu messen. Ein entsprechender [1][Bericht], | |
| den die Financial Times in der vergangenen Woche brachte, wurde von | |
| Facebook Deutschland sowie Datalogix gegenüber taz.de mittlerweile | |
| bestätigt. Bei dem Deal geht es darum, Werbekunden davon zu überzeugen, | |
| dass sich Anzeigen bei dem Dienst überhaupt lohnen. | |
| Dazu sollen Käufe, die mit Rabattkarten, die Datalogix auswerten kann, | |
| durchgeführt wurden, mit betrachteter Werbung bei Facebook korrelieren. So | |
| will das Unternehmen beweisen, dass ein Nutzer, der eine Reklame in dem | |
| sozialen Netzwerk gesehen hat, später auch kauft. | |
| Facebook hat in bestimmten Industrien Probleme, Unternehmen zum Schalten | |
| von Anzeigen zu bewegen. Während sich im Online-Bereich recht einfach | |
| nachweisen lässt, dass eine Kampagne bei dem sozailen Netzwek dazu führte, | |
| dass etwa ein E-Commerce-Kauf ausgelöst wurde, funktioniert das in der | |
| Offline-Welt kaum. | |
| So hatte der US-Autokonzern General Motors kurz vor dem Facebook-Börsengang | |
| angekündigt, seine dortigen Werbeausgaben im Millionenbereich | |
| zurückzufahren – warum genau, sagte er allerdings nicht. Facebook steht | |
| unter Zugzwang: Das Unternehmen muss seine Umsätze besonders mit der stark | |
| wachsenden mobilen Werbung erhöhen, um seinen seit Börsengang fast | |
| halbierten Aktienkurs zu stützen. | |
| ## Normale Marktvorschung | |
| Der Datalogix-Deal wird von Facebook selbst als normale Marktforschung | |
| bezeichnet, bei der keine Daten fließen, die einzelne Personen | |
| identifizieren. Das ist laut den vorliegenden Informationen auch so – | |
| trotzdem dürften Nutzer einmal mehr mit dem Kopf schütteln, was alles mit | |
| ihren Daten möglich ist. | |
| Um das Offline-Werbetracking umzusetzen, wird zunächst eine Liste mit | |
| Menschen gebildet, die beispielsweise eine Waschmittelreklame auf Facebook | |
| gesehen haben. Von diesen werden identifizierende Merkmale wie | |
| Telefonnummern oder E-Mail-Adressen genutzt um sogenannte [2][Hash-Werte] | |
| zu bilden – Zahlenkombinationen, die zwar eindeutig aus den Urdaten | |
| generiert wurden, sich in diese aber nicht mehr zurückverwandeln lassen. | |
| Datalogix erstellt ebenfalls eine solche Liste, weil die Firma über die | |
| Rabattkartendaten weiß, wer das Waschmittel gekauft hat – auch hier werden | |
| Hash-Werte von identifizierbaren Informationen angelegt. Anschließend | |
| erfolgt ein Abgleich beider Werte. Facebook kann dann sagen, dass eine | |
| bestimmte Anzahl Personen, die die Waschmittelwerbung sahen, auch ein Paket | |
| erworben haben – statistisch übertragen auf die Gesamtbevölkerung, die | |
| nicht immer mit Rabattkarten kauft. | |
| Dass Rabattkartenanbieter Statistiken erstellen, welche Einkäufe erfolgten, | |
| ist ein Standardprozedere – darum geht es bei den Angeboten letztlich. In | |
| den USA gehen die Unternehmen dabei offensichtlich aggressiver vor und | |
| können persönlich identifizierbare Daten über längere Zeiträume mit | |
| Einkäufen abgleichen. Trotzdem betont man bei Facebook, dass weder das | |
| soziale Netzwerk noch die Werbetreibenden erfahren, wer was gekauft hat. | |
| ## Rechtliche Regeln in Deutschland | |
| Der nicht zurückverwandelbare Hash-Wert soll das sicherstellen, auch wenn | |
| es durchaus schon vor kam, dass ältere Hash-Funktionen [3][erfolgreich | |
| angegriffen wurden]. Datenschützern wird bei dem Projekt jedenfalls mulmig, | |
| selbst wenn Facebook davon spricht, es handele sich um eine | |
| „Standardpraxis“ in der Marketingindustrie. Die Kombination aus | |
| Rabattkartendaten und den enormen Informationsmengen, die Facebook-Nutzer | |
| bei dem sozialen Netzwerk hinterlassen, sorgt für Stirnrunzeln. | |
| „In Deutschland stünden dem rechtliche Regeln entgegen, wenn tatsächlich | |
| ein personifiziertes Matching erfolgt“, sagt der Schleswig-Holsteinische | |
| Landesbeauftragte für den Datenschutz, Thilo Weichert, zu taz.de. „Ich habe | |
| die große Befürchtung und einige Hinweise darauf, dass Online- und | |
| Offline-Profile immer mehr miteinander verschmolzen werden.“ | |
| Weichert glaubt aber nicht, dass sich das Projekt 1:1 auf Deutschland | |
| übertragen lässt. „Die Nutzung von Kundenbindungssystemdaten in Deutschland | |
| für solche Zwecke wäre nur mit der expliziten Einwilligung möglich. Und | |
| solche Einwilligungen würden Anbieter in Deutschland von den Verbrauchern | |
| sicherlich nicht bekommen.“ Facebook selbst wollte sich zur Frage, ob | |
| solche Marktforschungsprojekte auch hierzulande geplant sind, nicht äußern. | |
| 2 Oct 2012 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://edition.cnn.com/2012/09/23/business/facebook-datalogix/ | |
| [2] http://de.wikipedia.org/wiki/Hash-Wert | |
| [3] http://de.wikipedia.org/wiki/Kryptologische_Hashfunktion#Angriffe | |
| ## AUTOREN | |
| Ben Schwan | |
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