# taz.de -- Tracking und Datenschutz: Guck mal, wer da surft | |
> Tracking-Programme können viele Daten über den Nutzer sammeln – schon | |
> bevor er eine Webseite besucht. Einige Anbieter gehen damit sehr | |
> freizügig um. | |
Bild: Jeder hinterlässt im Netz einen digitalen Fingerabdruck. | |
„Top of their game“ zu deutsch etwa: „Überragend“, preist die | |
Marketing-Firma UberVU ihre Dienste an. Dass sie das ernst meinen, erfuhr | |
der New Yorker Sumit Suman vor wenigen Tagen recht eindrucksvoll. Denn kurz | |
nachdem er die Angebote von UberVU studiert hatte, bekam er auch schon eine | |
E-Mail der Firma. Das Problem: Suman hatte auf der Webseite keine | |
E-Mail-Adresse hinterlassen oder irgendein Formular ausgefüllt. | |
Wie das möglich war, | |
[1][//plus.google.com/u/1/106142598193409336347/posts/2jLJ5B4yPYF:erfuhr] | |
Suman als er über seine Erfahrungen auf Google+ berichtete. Dort klärten | |
ihn andere Nutzer und auch schließlich eine Marketing-Verantwortliche der | |
Firma auf, dass UberVU eine Tracking-Software namens „LeadLander“ einsetzt, | |
die über diverse Methoden die Benutzer identifiziert. | |
So wurde mit der Webseite ein Programm geladen, dass sich unter anderem mit | |
dem Geschäfts-Netzwerk LinkedIn abglich, um möglichst viel über Nutzer zu | |
erfahren. Wer besonders interessiert schien, bekam offenbar Post von | |
UberVU. Dass eine solche Methode den möglichen Kunden nicht etwa imponiert, | |
sondern sie abschrecken kann, sah UberVu nach kurzer Zeit ein und entfernte | |
das LeadLander-Programm von seiner Webseite. | |
Doch dass das Problem damit nicht gelöst ist, zeigen weitere Recherchen. | |
Startup-Unternehmer Darren Nix sah sich ein solches Tracking-Programm | |
genauer an und entdeckte mit Erstaunen, dass er nicht nur die üblichen | |
technischen Angaben wie die Herkunft der Surfer oder den benutzten Browser | |
anzeigte, sondern in einigen Fällen höchst persönliche Daten wie die | |
E-Mail-Adressen der Besucher. | |
## „Höchst beunruhigend“ | |
Nix warf das Programm sofort von seiner Website und dokumentierte seine | |
Ergebnisse in seinem Blog. „Dass ich beim Surfen mit Namen identifiziert | |
werde, finde ich höchst beunruhigend.“, [2][schreibt] der Unternehmer. | |
Seine Firma soll mit solchen Praktiken nichts zu tun haben. | |
Doch wo kommen die Informationen überhaupt her? Kernpunkt für die | |
Informationssammlung ist: Die Beobachtungssoftware muss über möglichst | |
viele Webseiten verteilt werden. Informationen, die auf einer Website | |
eingegeben werden, können so auf einer anderen Website wiederverwendet | |
werden – oft ohne Wissen des Nutzers oder sogar des Website-Betreibers. | |
Denn längst sind Websites ein sehr arbeitsteiliges Geschäft: Der | |
eigentliche Inhalt liegt auf einem Server, Leser-Kommentare auf einem | |
anderen, Werbeeinblendungen kommen von Dutzenden anderer Server. Hinzu | |
kommen noch zahlreiche Dienstleister, die jedes Byte einzeln kontrollieren, | |
personalisieren und dem Kunden so ein möglichst opotimales Surferlebnis | |
bringen sollen. | |
Wie viel man über einen Nutzer erfahren kann, wenn man alleine weiß, welche | |
Webseiten er wie oft besucht, beweist Google. Der mittlerweile größte | |
Werbekonzern der Welt hat seine Werbung auf fast jeder kommerziellen | |
Website platziert und kann daher die Surfer fast lückenlos verfolgen. | |
## „Retargeting“ | |
So ist es zum Beispiel möglich, dass ein Kunde, der den Kauf bei einem | |
Online-Shop abgebrochen hat, kurz danach auf vielen anderen Webseiten | |
Werbung eingeblendet bekommt, die ihn zum Abschluss des Kaufs animieren | |
soll. Diese Technik nennt sich „Retargeting“. | |
Google geht damit relativ offen um: Im Anzeigenvorgaben-Manager bekommt der | |
Nutzer angezeigt, welche Informationen Google über ihn gesammelt hat: Neben | |
den allgemeinen Interessen, errät der Konzern auch recht zielgenau | |
Geschlecht und Alter der Werbekonsumenten. | |
Die Google-Server müssen dazu nur bestehende Informationen über das übliche | |
Publikum einer Webseite hochrechnen: Nach ein paar Tausend Seiten, können | |
sich die Tracking-Algorithmen ein recht genaues Bild von der Person machen. | |
[3][Wer will, kann die Angaben manuell korrigieren oder die | |
Personalisierung abschalten.] | |
Anbieter wie Google oder Facebook haben jedoch wenig davon, ihre Daten an | |
andere Webseiten-Betreiber zu melden. Werbekunden können nur buchen, welche | |
Zielgruppe sie avisieren, den Rest machen die Konzerne. Inzwischen gibt es | |
jedoch zahlreiche Tools wie die Browser-Erweiterung Ghostery, die solche | |
Tracking-Methoden systematisch zu unterbinden versuchen. | |
Ob es jedoch in letzter Konsequenz möglich ist, sich online wirklich anonym | |
zu fühlen, ist jedoch ungewiss. Denn alleine schon der verwendete Browser | |
kann viel über einen Surfer verraten. Denn über eine Kombination von Daten | |
wie der Bildschirmauflösung, der Version von Plugins wie Adobe Flash, der | |
installierten Schriftarten und zahlreicher anderer technischer Parameter, | |
entsteht ein [4][digitaler Fingerabdruck], der es Firmen ermöglichen | |
könnte, Nutzer wiederzuerkennen. | |
17 Dec 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://https | |
[2] http://42floors.com/blog/youre-not-anonymous-i-know-your-name-email-and-com… | |
[3] http://www.google.com/settings/ads/preferences/?hl=de | |
[4] http://www.henning-tillmann.de/2012/11/browser-fingerprinting-wie-sieht-ihr… | |
## AUTOREN | |
Torsten Kleinz | |
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