| # taz.de -- Parlamentswahlen in Georgien: Präsident räumt Schlappe ein | |
| > In Tiflis steht ein Machtwechsel bevor. Der Autokrat Saakaschwili hat | |
| > vorläufigen Ergebnissen zufolge ausgedient. | |
| Bild: Anhänger der georgischen Opposition feiern schon vor der Schließung der… | |
| TIFLIS taz | In Georgien bahnt sich ein Machtwechsel an. Am Dienstag | |
| nachmittag, einen Tag nach den Parlamentswahlen, räumte Staatspräsident | |
| Michail Saakaschwili in einer Fernsehansprache die Niederlage seiner Partei | |
| Vereinigte Nationale Bewegung (UNM) ein. Diese werde jetzt in die | |
| Opposition gehen. | |
| „Zwar gibt es viele Unterschiede zwischen uns und dem Georgischen Traum. | |
| Und wir glauben, dass ihre Ansichten extrem falsch sind. Aber die | |
| Demokratie funtioniert so, dass die Georgier per Mehrheit entscheiden“, | |
| sagte er. Der Georgische Traum ist das Oppositionsbündnis des Milliardärs | |
| Bidzina Ivanischwili, dem sich sechs Parteien angeschlossen haben. | |
| Dennoch wussten die Menschen bis zum Nachmittag immer noch nicht, wie die | |
| Wahlen ausgegangen sind. Eine Menge hatte sich vor der Zentralen | |
| Wahlkommission versammelt und forderte lautstark die Bekanntgabe der | |
| Ergebnisse. „Das ist eine Unverschämtheit, ja ich würde sogar sagen ,ein | |
| Verbrechen“, ereifert sich Tamara in der georgischen Hauptstadt Tiflis. | |
| „Sie zögern die Bekanntgabe des Ergebnisses absichtlich hinaus.“ | |
| ## Wahlkommission spricht von Hackerangriff | |
| Am Dienstag mittag waren erst 15,3 Prozent der rund 3.600 Wahllokale | |
| ausgezählt. Laut Angaben der Zentralen Wahlkommission liegt das | |
| Oppositionsbündnis „Georgischer Traum“ bei 52,77 Prozent der Stimmen, die | |
| Regierungspartei UNM bei 42 Prozent. Keine der anderen Parteien übersprang | |
| die Fünf-Prozent-Hürde. Die Wahlbeteiligung wurde mit 60,8 Prozent der | |
| Stimmen angegeben. Die schleppende Veröffentlichung der Resultate begündete | |
| der Vorsitzende der Kommission, Zurab Kharatischwili, mit einem | |
| Hackerangriff, der angeblich ihre Webseite lahmgelegt habe. | |
| Befürchtungen einheimischer Beobachterorganisationen, wie der Vereinigung | |
| junger georgischer Anwälte (GYLA), dass es auch am Wahltag zu Fälschungen | |
| kommen werde, bestätigten sich. So konnten in der Hafenstadt Poti 5.530 | |
| Wähler nicht abstimmen, weil zu wenig Stimmzettel angeliefert worden waren. | |
| In Tiflis fanden sich vor einigen Wahllokalen Unterstützer der UNM ein, die | |
| auf Listen vermerkten, wer von den vermeintlichen Unterstützern der | |
| Regierungspartei bereits zur Stimmabgabe angetreten war und im Falle des | |
| Nichterscheinens per Telefon Druck machten. | |
| In der Kleinstadt Chatschuri kam es zu Schießereien, nachdem Einheiten | |
| eines Sonderkommandos aus mehreren Wahllokalen die Stimmzettel entwendet | |
| hatten. Hier soll in zwei Wahllokalen die Abstimmung für ungültig erklärt | |
| werden. | |
| ## Die opposition feiert ihren Sieg | |
| Bereits am frühen Montag Abend, noch vor Schließung der Wahllokale, fuhren | |
| hupende Autokorsos von Anhängern des „Georgischen Traums“ durch Tiflis und | |
| feierten lautstark ihren Sieg. Auch auf dem Freiheitsplatz im Zentrum der | |
| Stadt versammelten sich tausende Unterstützer von Bidzina Ivanischwili, die | |
| sich umarmten und mit Freudentränen in den Augen ihren Erfolg bejubelten. | |
| „Ich glaube an diese Koalition und daran, dass dieser Traum wahr werden | |
| wird. Wir haben gewonnen und die Regierung muß diesen Sieg anerkennen“, | |
| sagte eine Nonne. „Wenn sie das nicht tun, werden wir mit aller Härte und | |
| mit Protesten antworten“, meinte ein Mann. „Nicht mit Gewalt, aber wir | |
| werden die Rechte unseres Volkes mit allen Mitteln verteidigen, damit in | |
| Georgien endlich Gesetzmäßigkeit herrscht und es den Menschen besser geht.“ | |
| Noch in der Nacht zu Dienstag hatte Präsident Saakaschwili zwar | |
| eingestanden, dass die Opposition bei der Listenwahl, bei der 77 von | |
| insgesamt 150 Mandaten vergeben werden, vorne liege. Dennoch hatte er bei | |
| den Direktmandaten 53 der 73 Sitze den Sieg für sich reklamiert und alle | |
| politischen Kräfte zur Zusammenarbeit aufgefordert. Demgegenüber hatte | |
| Bidzina Ivanischwili zu Protokoll gegeben, dass sein Oppositionsbündnis | |
| mindestens 120 Mandate errungen habe. | |
| Sollte der Machtwechsel wirklich perfekt sein, ist das der Anfang vom Ende | |
| der Herrschaft Saakaschwilis. Dessen Mandat läuft zwar noch bis 2013. Doch | |
| dann tritt eine Verfassungsänderung in Kraft, die die Vollmachten des | |
| Staatspräsidenten weitgehend zugunsten des Regierungschefs beschneidet. | |
| 2 Oct 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
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