# taz.de -- Streiks in Südafrika: Am Kap stehen alle Räder still | |
> Der Streik begann in einer südafrikanischen Platinmine. Jetzt sind der | |
> gesamte Bergbau sowie Autoindustrie und Transportbranche betroffen. | |
Bild: Klare Botschaft: Streik in der Platinmine von Marikana. | |
JOHANNESBURG taz | Südafrika steckt seit Wochen in einer Streikwelle, die | |
sich ständig ausweitet und inzwischen eine ernsthafte Krise für die gesamte | |
Wirtschaft des Landes bedeutet. Die vor über zwei Monaten begonnenen | |
illegalen Streiks im Platingürtel im Nordwesten Johannesburgs haben sich | |
auf die Goldbergwerke, Eisenerzminen und Kohleproduzenten ausgedehnt. | |
Seit Donnerstag ist nun auch die Automobilindustrie betroffen: Der | |
japanische Autohersteller Toyota musste die Produktion in Durban komplett | |
anhalten, weil Arbeiter streiken und mehr Lohn fordern. Das Unternehmen | |
verhandelt in Eile mit der Gewerkschaft, um den weltweiten Export zu | |
sichern. Seit zwei Wochen streiken außerdem Lastwagenfahrer, und die | |
Postangestellten drohen nachzuziehen. | |
Viele südafrikanische Bergarbeiter fühlen sich von der regierungsnahen | |
Gewerkschaft NUM (National Union of Mineworkers) nicht ausreichend | |
repräsentiert. Bereits 75.000 Bergleute, etwa 15 Prozent der Gesamtzahl, | |
haben ihre Arbeit niedergelegt und protestieren gegen Unterbezahlung und | |
miserable Lebensbedingungen. | |
Viele Arbeiter sind noch im alten Stil aus den Zeiten der Apartheid in | |
Männerherbergen auf dem Minengelände untergebracht oder leben mit ihren | |
Familien in armseligen Wellblechhütten. | |
## 45 Streikende getötet | |
Bei der Lonmin-Platinmine in Marikana eskalierte der Streik von etwa 3.000 | |
Arbeitern im August. Bei Auseindersetzungen mit der Polizei wurden 45 | |
Arbeiter getötet. Seit Lohnverhandlungen dort im September zu einer | |
Einigung führten, flammen mehr Streiks auf. | |
Amplats, der weltgrößte Platinhersteller, hat vier Schächte seit mehr als | |
zwei Wochen geschlossen und dadurch 20.000 Unzen Produktion verloren. Bei | |
Anglo Gold Ashanti, das ein Drittel der weltweiten Goldförderung leistet, | |
sind die meisten der 35.000 Bergarbeiter der Mine Kopanang im Ausstand. | |
Goldfields KDC-West-Bergwerk in Carltonville bei Johannesburg ging zu | |
drastischen Aktionen über und hat diese Woche 2.000 Kumpel aus ihren | |
Werksherbergen vertrieben. 15.000 Arbeiter streiken dort seit Mitte | |
September für einen Monatslohn von 12.500 Rand (1.200 Euro). Die Kumpel | |
weigern sich, das Werk zu verlassen, und harren auf einem Hügel aus, | |
bewaffnet mit Stöcken, ähnlich wie einst die Arbeiter in Marikana. | |
4 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Martina Schwikowski | |
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