# taz.de -- Kommentar Südafrika: Zuma hat seinen Staat nicht im Griff | |
> Der ANC ist nicht mehr der Hort der Zukunftsentwürfe und des progressiven | |
> Denkens. Nicht wegen Zumas Stärke, sondern wegen seiner Schwäche. | |
Groß waren die Befürchtungen, als vor drei Jahren Jacob Zuma Präsident von | |
Südafrika wurde: Der wortgewaltige Demagoge würde einen linkspopulistischen | |
Schwenk vollziehen, die Gewaltenteilung mit Füßen treten, das fragile „neue | |
Südafrika“ auf simbabwische Irrwege führen. Nichts von all dem ist | |
eingetreten. Zuma regiert ausgesprochen bedächtig, er stellt sich gegen | |
linke Scharfmacher und kommt dem Postapartheid-Establishment aus weißem | |
Kapital und schwarzen Neureichen weit entgegen – zu weit, sagen seine | |
Kritiker. | |
Erleichterung ist darüber nicht angebracht. Im Gegenteil: Wenn Südafrikas | |
Regierung es nicht schafft, irgendetwas an den zunehmenden Problemen des | |
Landes zu lösen, gibt das zu höchster Besorgnis Anlass. Nicht nur, weil die | |
Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufgeht und die Wut der | |
Besitzlosen immer größer wird. Es scheint auch kaum eine Kontrolle über die | |
verschiedenen Staatsorgane zu geben. | |
Wer hätte es für möglich gehalten, dass in Südafrika 18 Jahre nach Ende der | |
Apartheid schwerbewaffnete Polizisten, darunter viele Weiße, 34 | |
demonstrierende Bergleute massakrieren? Und dass zwei Wochen später die | |
Überlebenden wegen Mordes angeklagt werden, während die verantwortlichen | |
Polizisten frei herumlaufen? Wie kann es sein, dass in Polizei und Justiz | |
Apartheidzeiten aufleben, während die hilflose ANC-Regierung den Eindruck | |
macht, als sei sie in der Opposition? | |
Jacob Zuma, so scheint es, hat so aufs Leisetreten geachtet, dass er seinen | |
Staat nicht mehr im Griff hat. Nun gerät ihm alles aus den Fugen. Das | |
Marikana-Massaker und die Folgen haben Südafrikas politische Kultur | |
unwiderruflich verändert: Der ANC ist nicht mehr der Hort der | |
Zukunftsentwürfe und des progressiven Denkens. Aber in wen sollen | |
Südafrikaner jetzt ihre Hoffnungen setzen? Das ist nicht auszumachen. Am | |
Kap brechen unübersichtliche, gefährliche Zeiten an. Nicht wegen Zumas | |
Stärke, sondern wegen seiner Schwäche. | |
31 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## TAGS | |
Südafrika | |
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