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# taz.de -- Nobelpreis für Medizin: Pioniere der Stammzellen-Forschung
> 40 Jahre liegen zwischen den wesentlichen Entdeckungen der prämierten
> Medizin-Forscher. Beide haben die Stammzellenforschung vorangebracht.
Bild: Sogenannte Motor-Neuronen, maßgeschneiderte Nervenzellen. Ihr Einsatz ka…
Bei Insidern standen die beiden diesjährigen Nobelpreisträger für Medizin
schon seit einiger Zeit ganz oben auf der Liste der Kandidaten. Sowohl der
79-jährige John B. Gurdon von der Universität Cambridge als auch der
Japaner Shinya Yamanaka (50) haben grundlegende Arbeiten in der
Zellbiologie durchgeführt, die einen ganz neuen Blick auf die Entwicklung,
die Ausdifferenzierung und das Altern von Körperzellen ermöglichten. Obwohl
die beiden Wissenschaftler für Arbeiten ausgezeichnet wurden, die über 40
Jahre auseinanderliegen, können beide für sich in Anspruch nehmen, zu den
Pionieren der Stammzellforschung zu gehören.
John Gurdon, der in Oxford Zoologie studierte und später an der Universität
Cambridge lehrte, hatte Anfang der 1960er Jahre bezweifelt, dass
ausgewachsene Körperzellen auf ihre Funktionen und Eigenschaften für immer
festgelegt sind. Die Ausdifferenzierung der Zellen galt zu diesem Zeitpunkt
als unumkehrbar. Mit seinem 1962 durchgeführten Froschexperiment widerlegte
Gurdon diese Lehrbuchmeinung.
Für sein Experiment entfernte er den Zellkern aus einer Eizelle eines
Frosches und ersetzte ihn durch den einer ausdifferenzierten Darmzelle. Aus
dieser manipulierten Eizelle gelang es Gurdon dann eine Kaulquappe zu
entwickeln. Er hatte damit das erste mittels eines Kerntransfers geklonte
Tier hergestellt. Mit dieser Methode gelang es dann auch viele Jahre
später, das erste Säugetier, das Schaf Dolly, zu klonen.
Anfänglich stieß Gurdons Experiment auf Skepsis. Es dauerte einige Zeit,
bis die Kollegen akzeptierten, dass spezialisierte Zellen wieder in einen
embryonalen Zustand zurückversetzt werden können – zumindest bei Fröschen.
## Von der Orthopädie zur Grundlagenforschung
Für die Stammzellforschung war das Jahr 1962 auch noch aus einen anderem
Grund sehr wichtig. Denn zu dem Zeitpunkt etwa, als Gurdon sein
Froschexperiment durchführte, wurde Shinya Yamanaka in Osaka geboren.
Der Japaner spezialisierte sich zuerst als Assistenzarzt auf die
orthopädische Chirurgie. Später wechselte er in die Forschung. Ihm fehlte
das Talent für die Chirurgie, begründet er heute seinen Wechsel. Zum
internationalen Star unter den Wissenschaftlern wurde Yamanaka 2006 mit
einem bahnbrechenden Experiment.
Auch aufbauend auf Gurdons Arbeiten, gelang es ihm, durch die Einführung
von vier Genen in das Genom einer erwachsenen Zelle diese wieder in einen
pluripotenten Zustand zurückzuversetzen. Pluripotente Zellen haben die
Eigenschaft, sich in fast alle Zelltypen ausdifferenzieren zu können.
## Unmittelbarer Einsatz noch zu gefährlich
Diese induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) wirbelte die
Stammzellforschung weltweit durcheinander. Denn bisher galten die ethisch
heftig umstrittenen embryonalen Stammzellen als das Nonplusultra der
Forscher. Jetzt standen plötzlich – ohne das Embryonen getötet werden
mussten – die iPS-Zellen zur Verfügung. Diese haben ähnliche Eigenschaften
wie embryonale Stammzelllinien.
Yamanakas Zellen können zwar nicht in Menschen eingesetzt werden, da sie
Krebs auslösen könnten. Doch die Hoffnung ist, dass weiterentwickelte
iPS-Zellen einst zur Therapie von bisher unheilbaren Erkrankungen, wie etwa
Alzheimer oder Parkinson, genutzt werden können.
Yamanaka hat seit 2004 eine Professur an der Universität Kioto. Dort leitet
er ein Institut, das eigens für die Forschung mit iPS-Zellen gegründet
wurde. Vor wenigen Tagen erst bekam er von der Regierung in Tokio die
Zusage von Forschungsmitteln in Höhe von 300 Millionen Euro für die
nächsten zehn Jahre.
11 Oct 2012
## AUTOREN
Wolfgang Löhr
## TAGS
künstliche Befruchtung
klonen
Stammzellen
Stammzellen
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