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# taz.de -- Nobelpreis für Physik: Das Problem mit Schrödingers Katze
> Die Nobelpreisträger für Physik haben mit ihrer Arbeit die Grundlagen für
> Quantencomputer gelegt. Quanten? Ja, das hat was mit Katzen zu tun.
Bild: Würden Sie dieses Tier in eine Kiste mit einem zerfallenden Atomkern tun…
Eine Katze kann gleichzeitig tot und lebendig sein! Dank der diesjährigen
Nobelpreisgewinner Serge Haroche und David K. Wineland stellt diese Aussage
in der Quantenphysik keinen Widerspruch mehr dar – zumindest in der
Theorie.
Als Quantenoptiker untersuchen die beiden 68-Jährigen Wechselwirkungen
zwischen Licht und Materie. Mit ihren Forscherteams ist es ihnen unabhängig
voneinander gelungen, Messmethoden zu entwickeln, mit deren Hilfe
Quantenteilchen erstmals voneinander isoliert werden können.
Normalerweise verlieren Quantenteilchen ihre spezifischen Eigenschaften,
sobald sie mit ihrer Umwelt interagieren. Sie sind äußerst fragil, weshalb
Wissenschaftler lange glaubten, eine direkte Beobachtung sei nicht möglich.
Nun können die Teilchen gemessen werden, ohne kaputtzugehen.
## Ionenfalle und Licht
Dabei untersuchten die Forscher die gleiche Problematik mit zwei
entgegengesetzten Herangehensweisen. Wineland, 1944 in Milwaukee geboren,
promovierte 1970 in Harvard. Seit 1975 forscht der Amerikaner am National
Institute of Standards and Technology an der Universität von Colorado in
Boulder.
Sein größter Coup: die Ionenfalle. Sie ermöglicht es, einzelne Ionen in
einem elektromagnetischen Feld einzufangen. Der Prototyp wurde von Hans
Dehmelt und Wolfgang Paul entwickelt, wofür sie bereits 1989 einen
Nobelpreis erhielten. David Wineland gelang es nun, den Apparat so zu
verfeinern, dass das Ion mit einem Laser bestrahlt und auf seine
Wechselwirkung mit Licht untersucht werden kann.
Serge Haroche arbeitete mit hoch angeregten Atomen. Er kam 1944 in
Casablanca zur Welt. Der Franzose machte 1971 seinen Ph D. an der
Université Pierre et Marie Curie in Paris. Heute ist er Professor an der
École normale supérieure in Paris und untersucht die Wechselwirkung
zwischen Ionen und Licht.
Haroche sperrte einzelne Photonen zwischen zwei Spiegeln aus supraleitendem
Material ein und beschoss sie mit Atomen aus einem Mikrowellenlaser. Laut
Professor Wolfgang Sandner, Vizepräsident der Deutschen Physikalischen
Gesellschaft, handelt es sich um „eine Messmethode, die es ermöglicht,
fundamentale Fragen der Quantenmechanik zu klären“.
## Grundlagen für Quantencomputer
Die Methoden der beiden Forscher legen außerdem die Grundlagen zur
Entwicklung neuer High-speed-Computer. Diese Quantencomputer könnten
unseren Alltag in ähnlicher Weise verändern wie der PC im letzten
Jahrhundert. Die Atomuhr, wie wir sie heute kennen, könnte ebenfalls bald
der Vergangenheit angehören: Mit den Methoden der Nobelpreisgewinner
könnten Messgeräte gebaut werden, die mit dem 100-fachen Präzisionsgrad
einer Caesium-Uhr arbeiten.
Aber was hat das mit der Katze zu tun? Die Frage geht auf ein
Gedankenexperiment des Begründers der Quantenphysik, Erwin Schrödinger
(1887–1961), zurück: Eine Katze ist in einer Kiste zusammen mit einem
instabilen Atomkern eingesperrt, der in einer gewissen Zeit mit einer
gewissen Wahrscheinlichkeit zerfällt. Zerfällt der Kern, wird Giftgas
freigesetzt, das die Katze tötet.
Laut den Gesetzen der Quantenphysik befindet sich der instabile Atomkern in
einem Zustand der Superposition – er ist zugleich zerfallen und nicht
zerfallen. Die Katze müsste zugleich tot und lebendig sein. Gewissheit
verschafft erst ein Blick in die Kiste, aber dieser würde den Zustand der
Superposition zerstören – mit zwei möglichen Ausgängen: tot oder lebendig.
Wineland und Haroche ist es gelungen, derartige Superpositionen
experimentell zu untersuchen.
Alles klar? Nein – ist auch nicht schlimm, denn „wer glaubt, die
Quantentheorie verstanden zu haben, hat sie nicht verstanden“ (Richard
Feynman).
11 Oct 2012
## AUTOREN
Philipp Niedring
## TAGS
sexueller Missbrauch
Mathematik
Zukunft
NSA
Nobelpreis
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