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# taz.de -- Missbrauch und Missachtung: Nicht zu relativieren
> Am 4. Januar vor 60 Jahren starb der Physiker Erwin Schrödinger. Er war
> ein genialer Wissenschaftler – und missbrauchte Minderjährige.
Bild: Erwin Schrödinger um 1950
Dublin taz | Er war einer der Begründer der Quantenmechanik, 1933 erhielt
er dafür den Nobelpreis für Physik: Erwin Schrödinger ist heute vor 60
Jahren gestorben. Neben dem Nobelpreis erhielt er zu Lebzeiten zahlreiche
Ehrungen und Preise in Europa, der Sowjetunion und den USA. Nach seinem Tod
wurden in Wien ein Platz, auf dem Mond ein Krater, im All ein Asteroid, auf
Spitzbergen ein Gletscher und an der Humboldt-Universität in Berlin ein
Forschungszentrum nach ihm benannt. Bis 1997 befand sich Schrödingers
Konterfei auf den österreichischen 1.000-Schilling-Banknoten, 1987 gab die
österreichische Post anlässlich seines 100. Geburtstages eine
Sonderbriefmarke heraus.
Dass er parthenophil war und Mädchen missbrauchte, [1][fehlt in den meisten
Biografien]. Seine Biografen Walter Moore und [2][John Gribbin] gehen in
ihren Büchern über Schrödinger zwar darauf ein, aber das ist weitgehend
ignoriert worden. Bei Wikipedia fehlt jeglicher Hinweis: „Schrödinger und
seine Frau Annie lebten in offener Beziehung – Schrödinger hatte offen
außereheliche Beziehungen, zum Beispiel zur Frau seines Kollegen und
Freundes Arthur March“, heißt es dort lediglich.
Schrödinger wurde im August 1887 in Wien geboren. Er studierte dort
Mathematik und Physik. Nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg lehrte er
in Jena, Stuttgart, Breslau und Zürich. 1927 wurde er in Berlin Nachfolger
von Max Planck an der Friedrich-Wilhelm-Universität, der heutigen
Humboldt-Universität. Da er den Nationalsozialismus ablehnte, ging er nach
Hitlers Machtergreifung 1933 nach Oxford ans Magdalen College, blieb dort
allerdings nur drei Jahre.
Danach führte ihn sein Weg über Graz, wo er von den Nazis mit Berufsverbot
belegt wurde, nach Rom. Dort erreichte ihn 1939 eine Anfrage des irischen
Premiers Éamon de Valera, nach Dublin zu kommen, um das neue Dublin
Institute of Advanced Studies (DIAS) für theoretische Physik aufzubauen und
zu leiten.
## Ein hübsches Kind
De Valera war 1916 ein Anführer des irischen Osteraufstands gegen die
britischen Besatzer und wurde dafür zum Tode verurteilt. Weil er wegen
seiner Geburt in New York die US-Staatsbürgerschaft besaß, wurde das Urteil
aber nicht vollstreckt. Als Irland unabhängig war, wurde De Valera
Premierminister und später Präsident Irlands. Sein Hobby war die
Mathematik.
Schrödinger blieb bis zu seiner Pensionierung in Dublin – 17 Jahre lang. Er
hielt am Trinity College in Dublin seine berühmte Vortragsreihe „What is
Life?“, die erheblichen Einfluss auf die Entdeckung der DNS durch James
Watson und Francis Crick hatte. Schrödinger liebte Irland und nahm 1948 die
irische Staatsbürgerschaft an. „Wenn in Deutschland etwas nicht
ausdrücklich erlaubt war, so war es verboten“, sagte er einmal. „Wenn in
England etwas nicht verboten war, so war es erlaubt. In Österreich und
Irland hingegen tat man es, wenn man wollte, ob erlaubt oder verboten.“
In Dublin freundete sich Schrödinger mit Monsignore Pádraig de Brún an,
einem Geistlichen und Mathematiker. Walter Moore beschreibt in seiner
Schrödinger-Biografie einen Urlaub in de Brúns Haus auf der
Dingle-Halbinsel im Südwesten Irlands. De Brúns Schwester Margaret war mit
ihren drei Kindern zu Besuch. Maire, die älteste, war 18, Seamus war 16,
und Barbara war 12. „Trotz ihrer schmutzigen Fingernägel war Barbara ein
hübsches Kind“ schreibt Moore. „Erwin war vernarrt in sie.“ Nachdem de B…
dem damals 53-jährigen Schrödinger ins Gewissen geredet hatte, hörte der
auf, Barbara nachzustellen, aber er listete sie später als „eine der
unerwiderten Lieben meines Lebens“ auf.
Barbara, die mit Ehenamen McEntee hieß, starb 1995. Ihre Familie erfuhr
erst lange nach ihrem Tod von Schrödingers unerwünschter Aufmerksamkeit.
„Das Thema kam bei meiner Mutter nie zur Sprache, wie man sich vorstellen
kann“, sagt ihr Sohn Bernard Biggar. Er war auf Moores Biografie gestoßen,
als er einem Querverweis auf seinen Großonkel de Brún nachgegangen war.
Nachdem er im September in der Irish Times einen Artikel über einen
offiziellen Radweg, der Schrödingers Spuren in Dublin auf zehn Stationen
folgt, gelesen hatte, fragte er den Autor Joe Humphreys, warum er mit
keinem Wort auf Schrödingers Parthenophilie eingegangen war. Das sei ein
Fehler gewesen, räumte Humphreys vor drei Wochen ein: „Die Beweise waren
offensichtlich“, schrieb er. [3][„Schrödinger war ein
Serien-Missbrauchstäter.“]
## „Die armen Dinger“
Ithi Junger war 14, als der damals 39-jährige Erwin Schrödinger seine
Position als Mathematiklehrer ausnutzte und sie missbrauchte. Das ging über
Jahre. Mit 17 wurde sie schwanger und hatte eine Abtreibung mit
katastrophalen Folgen. Sie war fortan unfruchtbar, aber da hatte
Schrödinger sie schon durch ein neues Opfer ersetzt. Felice Krauss war 15.
Annemarie Bertel war 16. Er heiratete sie später, aber das änderte nichts
an seiner „sexuellen Verderbtheit“, wie Bernard Biggar es ausdrückte.
„Die armen Dinger“, schrieb Schrödinger über die Frauen und Mädchen, mit
denen er geschlafen hatte. „Sie haben mir die Glücksmomente in meinem Leben
und sich den Kummer verschafft. So ist das Leben.“ Schrödinger hat seine
sexuellen „Eroberungen“ in einem Tagebuch festgehalten. Er rechtfertigte
seine Vorliebe für junge Mädchen damit, dass ihre Unschuld das ideale
Gegenstück zu seinem natürlichen Genie sei. Sein Tagebuch nannte er
passenderweise „Ephemeridae“ – Eintagsfliegen.
„In gewisser Weise vergleichbar mit dem Ende des Spektrums, das in seinem
tiefsten Violett eine Tendenz zu Lila und Rot zeigt, scheint es üblich zu
sein, dass Männer mit starker, echter Intellektualität nur von Frauen
ungemein angezogen werden, die – ganz am Anfang der intellektuellen
Entwicklung stehend – mit den Quellen der Natur ebenso verbunden sind wie
sie selbst“, notierte er. „Nichts dazwischen reicht aus, denn keine Frau
wird dem Genie durch intellektuelle Bildung näherkommen als so manche
Unintellektuelle von Geburt an.“
Wie geht man mit einem Menschen um, der zweifellos Großes auf dem Gebiet
der Physik geleistet hat, aber menschlich verachtenswert war? In Dublin
ehrte man Schrödinger im Juni 2018 anlässlich des 75. Jahrestags seiner
„What is Life“-Vorträge mit einer Veranstaltung, an der sein Enkel Terry
Rudolph und de Valeras Enkel Ruairí Ó Cuív teilnahmen.
Der Mathematiker Hermann Weyl, der ein Verhältnis mit Schrödingers Frau
Annemarie hatte, sagte einmal verständnisvoll, dass Schrödinger „seine
herausragende Arbeit während eines späten erotischen Ausbruchs in seinem
Leben geleistet“ habe. Schrödingers Biograf Moore hingegen schreibt: „Seine
Einstellung gegenüber dem anderen Geschlecht war die eines männlichen
Rassisten.“
4 Jan 2022
## LINKS
[1] /!256264/
[2] https://physicsworld.com/a/a-strange-cat-in-dublin/
[3] https://www.irishtimes.com/life-and-style/people/how-erwin-schr%C3%B6dinger…
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
sexueller Missbrauch
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