# taz.de -- 99.-102. TAG KONGO-KRIEGSVERBRECHERPROZESS: Die Machtkämpfe in der… | |
> Ja, FDLR-Soldaten hatten Macheten, bestätigt ein Ex-Kommandant ihrer | |
> Militärpolizei. Aber Präsident Murwanashyaka habe eine gemäßigte Linie | |
> vertreten. | |
Bild: „Wir haben christliche Anweisungen in den Vordergrund gestellt“, sagt… | |
STUTTGART taz | Es gehört zur Kunst der Zeugenbefragung vor Gericht, einem | |
Zeugen Dinge zu entlocken, die er von sich aus nicht sagen würde. Beim | |
laufenden Prozess vor dem Oberlandesgericht Stuttgart gegen Ignace | |
Murwanashyaka und Straton Musoni, Präsident und 1. Vizepräsident der im | |
Kongo kämpfenden ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur | |
Befreiung), kommt das selten vor. | |
Wenn es zum Beispiel um den Anklagevorwurf gibt, die Miliz habe gegen | |
Zivilisten Macheten eingesetzt, und ehemalige FDLR-Kämpfer gefragt werden, | |
ob die FDLR denn auch Macheten trug, sagen sie meist einfach „Nein“, und | |
die Sache ist erledigt. | |
Gegen Ende des vierten Tages der Befragung von Major R gibt es einen der | |
seltenen Momente, wo das anders läuft. Die Bundesanwaltschaft fragt nicht, | |
ob die Miliz mit Macheten ausgerüstet war. Sie fragt: „Betrieben | |
FDLR-Soldaten Ackerbau?“ | |
„Ja“, antwortet der Major. | |
Es kommt die Anschlussfrage, ob die Soldaten zur Ernte Macheten einsetzten. | |
„Sie haben meistens Bohnen und Amateke angebaut. Für die Ernte waren | |
Macheten nicht notwendig“ antwortet der Major. | |
„Hatten sie Macheten oder nicht?“ fragt der Staatsanwalt. | |
„Es war im Wald“, bestätigt der Major. „Es gab viele Büsche. Vor dem | |
Ackerbau musste man Büsche beseitigen. Man brauchte dafür Macheten.“ Also | |
hatten FDLR-Soldaten Macheten – und das bestätigt kein Geringerer als ein | |
ehemaliger Kommandant der FDLR-internen Militärpolizei. | |
## „Kämpfen, wenn notwendig“ | |
Die Militärpolizei der FDLR, 300 bis 400 Mann stark, hatte drei Aufgaben, | |
erklärt R, der vier Tage lang zwischen dem 17. und 24. September in | |
Stuttgart Rede und Antwort steht: „Erstens: Verantwortliche schützen. | |
Zweitens: Die Disziplin der Soldaten. Drittens: Kämpfen, wenn es notwendig | |
wird bei Angriffen.“ Die Militärpolizei stand in diesen Situationen „hinter | |
der Reservebrigade: wer es schaffte, durch die Reservebrigade zu kommen, | |
wurde von der Militärpolizei angegriffen.“ | |
R war von Anfang an bei den ruandischen Hutu-Kämpfern dabei, aber im April | |
2009 verließ er den Kongo und kehrte nach Ruanda zurück, von wo er während | |
des Völkermordes 1994 geflohen war. Als Militärpolizeichef war er 2005 | |
zuständig für den Schutz von Murwanashyaka, als der FDLR-Präsident seine | |
Truppen im Ostkongo besuchte. Und er hatte Einblick in die internen | |
Machtkämpfe der FDLR. | |
Als Murwanashyaka 2005 in den Kongo reiste, ging es um die Umsetzung der | |
von der italienischen Kirchengemeinde Sant'Egidio vermittelten | |
Friedensvorschläge, wonach die FDLR die Waffen niederlegen und nach Ruanda | |
zurückkehren werde – was schließlich daran scheiterte, dass die FDLR als | |
bewaffnete Organisationen nach Ruanda zurückwollte, was Ruandas Regierung | |
ablehnte. Murwanashyaka erklärte bei seiner Tour laut R den FDLR-Kämpfern | |
den Deal so: „Er sagte, dass wir in Frieden nach Ruanda zurückkehren, dass | |
Verhandlungen stattfinden mit Ruanda über eine friedliche Rückkehr“ und | |
dass man weiterhin friedlich mit der kongolesischen Zivilbevölkerung | |
zusammenleben solle. | |
Ob man mit oder ohne Waffen zurückkehre, darüber werde noch diskutiert. | |
Dies, so R, führte zu einer inneren Spaltung in der FDLR, bei der | |
Murwanashyaka sich als Vertreter einer harten Linie schließlich gegen | |
seinen inneren Widersacher Hakizabera durchsetzte und ein Teil des | |
gemäßigten Flügel sich als RUD abspaltete. | |
„Wir haben gehört, Hakizabera wollte die Waffen niederlegen und ohne | |
Verhandlungen Hände hoch nach Hause“, so R, „er wollte zurückkehren und e… | |
großes Amt haben“. Aber „Murwanashyaka wollte verhandeln. Die Soldaten | |
wollten jemand, der verhandeln will“. Mit Unterstützung des militärischen | |
Flügels setzte Murwanashyaka sich schließlich durch und kam daraufhin zu | |
einem zweiten Besuch, um „alle diese Probleme zu lösen“. | |
## „Den Kongolesen nichts tun“ | |
Ein weiteres Thema, so R, war die innere Disziplin: „Er (Murwanashyaka) | |
sagte, wir sollen diszipliniert sein und sollen den Kongolesen nichts | |
antun“. Von kongolesischer Seite waren ihm FDLR-Kriegsverbrechen | |
vorgehalten worden. „Ja, das war ein richtiges Problem“, so R. In Süd-Kivus | |
Provinzhauptstadt Bukavu „haben ihm die Leute alle Probleme genannt. Er hat | |
eine Nachricht geschickt: Wenn ein FDLR-Soldat so etwas macht, wird er uns | |
verlassen müssen... Ich glaube, die Nachricht habe ich selbst gelesen: Die | |
Kongolesen erzählten ihm von Tötungen, Vergewaltigungen und beschuldigten | |
die FDLR, Murwanashyaka bat uns, sich gut zu verhalten“. | |
Übte der FDLR-Präsident also mäßigenden Einfluss auf seine Truppe aus? | |
Major R wird ausgiebig zur Kommandostruktur der FDLR befragt. Als | |
Bataillonskommandant, führt R aus, „bekam ich alle Befehle von Mudacumura“ | |
- General Sylvestre Mudacumura, höchster FDLR-Kommandeur im Kongo und | |
Führer des militärischen FDLR-Flügels FOCA (Forces Combattants Abacunguzi). | |
Er geht davon aus, dass Mudacumura per Satellitentelefon aus dem Kongo mit | |
Murwanashyaka in Kontakt war, weiß es aber nicht direkt. | |
## Neujahrswünsche aus Deutschland | |
„Nachrichten oder Botschaften kamen von Murwanashyaka“, erklärt Major R die | |
Rolle des FDLR-Präsidenten bei den Truppen im Kongo. „Einige Botschaften | |
mit Glückwünschen für Neujahr, oder dass wir uns gedulden sollen, dass es | |
Versammlungen gibt damit wir friedlich nach Hause gehen, alle diese | |
Botschaften kamen von Murwanashyaka“, führt er aus. „Die Botschaften hatten | |
nichts mit dem Militär zu tun.“ | |
Da die Frage, worüber Murwanashyaka als FDLR-Präsident mit seinem | |
Militärkommandanten Mudacumura sprach, zentral ist für dieses Verfahren, | |
nehmen die Erörterungen dazu einen breiten Raum in R's Befragung ein. Bevor | |
R die Militärpolizei kommandierte, war er Militärrichter in der FDLR. Daher | |
kann er die Struktur der FDLR-Justiz beschreiben und auch bestätigen, dass | |
es Verfahren gegen hohe FDLR-Offiziere gab, über die Murwanashyaka | |
unterrichtet wurde. | |
Er berichtet von einem Verfahren wegen Unterschlagung: FDLR-Brigadegeneral | |
Manzi wurde vorgeworfen, bei seiner „logistique non conventionelle“ - | |
FDLR-interne Umschreibung für „Handel, der nicht international anerkannt | |
wird“, erläutert R, also informeller Handel odwer Schmuggel – habe er | |
Einnahmen für sich behalten. Er bekam schließlich eine Strafe von 30 Tagen | |
Zwangsarbeit, 30 Tagen Gefängnis und 3 Jahren Bewährung, nachdem er | |
zunächst auch noch zu 150 Stockschlägen verurteilt worden war. „Da es um | |
einen General ging, kam das Verfahren vor eine höhere Instanz“, so R, - | |
also Murwanashyaka und Mudacumura. | |
Richter Hettich fragt nach: „Musste Mudacumura Murwanashyaka immer | |
berichten?“ „Nein, nicht immer“, erklärt R; „er erfuhr nicht alles, nu… | |
schwerwiegenden Dinge erfuhr er. Es gibt ein Beispiel über | |
Vergewaltigungen: der Militärrichter sollte Recht sprechen, diese | |
Institution hat Murwanashyaka nicht informiert.“ Bei FDLR-internen | |
Todesurteilen musste die Erlaubnis Mudacumuras eingeholt werden, und der | |
habe möglicherweise bei Murwanashyaka nachgefragt. | |
Auf weitere Nachfragen stellt R klar: „Mudacumura bereitete Operationen vor | |
und informierte Murwanashyaka über das, was passiert war. Aber er fragte | |
nie nach seiner Meinung.“ | |
## Verhandeln oder nicht? | |
Vor Beginn der gemeinsamen kongolesisch-ruandischen Militäroperation Umoja | |
Wetu gegen die FDLR im Januar 2009, enthüllt R, soll es Differenzen | |
zwischen Mudacumura und Murwanashyaka gegeben haben – erneut mit | |
Murwanashyaka als mäßigendem Element gegenüber den Hardlinern in seinem | |
Militär. Murwanashyaka sei dafür eingetreten, mit Kongos Regierung zu | |
reden, um den erwarteten Krieg zu stoppen, „doch Mudacumura hat das | |
abgelehnt“. | |
Ein FDLR-Sprecher, Edmond Ngarambe, sei dennoch zu Gesprächen mit Kongos | |
Regierung geschickt worden, aber „man nahm ihn fest und brachte ihn sofort | |
nach Ruanda“, so R. „Mudacumura fing an, sehr harte Nachrichten zu schicken | |
– das sage ich als jemand, der in der Nähe der Führung war. Ich habe alles | |
mitgekriegt.“ | |
Wie mäßigend agierte Murwanashyaka wirklich? Zur Vertiefung dieser Facette | |
wird später ein Telefonat zwischen Murwanashyaka und | |
FDLR-Bataillonskommandant Sadiki vom 6. Februar 2009 vorgespielt, in dem | |
die beiden sich über Ngarambes Verhandlungsmission aufregen: „Wenn er | |
zurückkommt, wird er bestraft“, sagt Murwanashyaka. „Seit er weggegangen | |
ist, hat er nicht mit mir gesprochen, er weiß, dass er einen Fehler gemacht | |
hat“. | |
Sadiki ergänzt in dem Telefonat: „Der Kommandeur von FOCA hat gesagt: Wir | |
sind beunruhigt, wir sind nicht sein (Ngarambes) Chef, wir können ihn nicht | |
gezwungenermaßen halten... er sagte uns, dass er sich mit diesen | |
Kongolesen, die eine Botschaft von Kabila und Numbi haben, treffen wollte, | |
das haben wir der FOCA mitgeteilt und gesagt, dass es ein großes Risiko | |
ist“. | |
## „Ich kenne diese Nachricht“ | |
In diesen Zusammenhang stellt R dann auch den Befehl von Mudacumura, sich | |
an der kongolesischen Zivilbevölkerung für die Angriffe der kongolesischen | |
Armee zu rächen – der ominöse Befehl, eine „humanitäre Katastrophe“ | |
anzurichten. R bestätigt die Echtheit eines entsprechenden Dokuments, das | |
in einem UN-Expertenbericht reproduziert worden ist - eine Niederschrift | |
des Befehls von März 2009. | |
„Ich denke, ich kenne diese Nachricht“, sagt er, als er es zu lesen | |
bekommt: „Diese Nachricht wurde von Mudacumura geschickt, bevor der Krieg | |
anfing, nachdem sie sagten, dass Ruanda und Kongo gemeinsam gegen die FDLR | |
kämpfen werden.“ Später sagt er, es war doch im März - also nachdem "der | |
Krieg anfing". Der Widerspruch bleibt. | |
R bekommt den Text dieses Befehls sogar mit zur Lektüre vor seinem 3. und | |
4. Befragungstag, auf Wunsch der Verteidigung, die geklärt haben will, ob | |
er wirklich echt ist. R bestätigt, dass er den Befehl zum Teil kennt, | |
Passagen, die mit der Kriegsführung zu tun haben, Abschnitte in Bezug auf | |
Angriffe gegen die Zivilbevölkerung kenne er jedoch nicht – und dann sagt | |
er: „Ich habe nie einen solchen Befehl gesehen oder gekannt, solange ich im | |
Kongo war“. Es fehle etwas „oben und unten“ - „daher denke ich, dass | |
derjenige, der es schrieb, seine eigenen Worte hinzufügte“. | |
„Haben Sie über den Befehl, eine humanitäre Katastrophe auszulösen, mit dem | |
Kommandeur gesprochen?“ fragt Richterin Wagner trotzdem. | |
„Selbstverständlich“, antwortet R, „aber unsere Aufgabe war, die Führer… | |
schützen. Die Befehle gingen nicht an uns. Wir waren nicht zuständig.“ | |
Nach Ende von Umoja Wetu habe Mudacumura außerdem „eine Operation | |
gegründet, die „action punitive“ genannt wurde... um die Zivilisten, die | |
der FDLR nicht halfen, zu bestrafen“. R sagt, dass er für die „Operation | |
Punitive“ einen schriftlichen Befehl Mudacumuras erhielt. Dieser Befehl | |
habe gelautet, „dass jeder, der mit dem Feind zusammenarbeitet, wenn der | |
Feind nach Hause geht, mit ihm gehen soll; dass wir das Zusammenleben mit | |
der FARDC abbrechen, da sie uns verraten hat. Die Action Punitive betraf | |
nicht nur die Zivilbevölkerung, sondern auch die FARDC“. | |
## Flucht vor Kongos Armee | |
R schildert Einzelheiten der kongolesisch-ruandischen Angriffe im Rahmen | |
von Umoja Wetu: Ruandas Armee überquerte nördlich von Goma die | |
kongolesische Grenze, ging zu Positionen der kongolesischen Armee FARDC und | |
dann griffen die beiden gemeinsam FDLR-Positionen an. Zum Beispiel in Kibua | |
(Nord-Kivu) – das war anderen Zeugen zufolge am 27. Januar 2009. Die | |
FDLR-Einheiten seien immer weiter zurückgewichen. „Unsere Strategie war, zu | |
fliehen“, erklärt R. „Man sagte, der Krieg dauert sieben Tage, wir sollten | |
uns verteidigen und nach sieben Tagen zurückgehen wo wir waren“. | |
Als die Kämpfe Kibua erreichten, flohen die Zivilisten ebenfalls; „die | |
Ehefrauen von Soldaten der Reservebrigade flohen nach Mangere, die Mai-Mai | |
waren dort und vergewaltigten die Frauen“, so R. Ein Zug der Reservebrigade | |
sei daraufhin nach Mangere marschiert und habe die Häuser angezündet, | |
bestätigt R. | |
So zog sich die Reservebrigade nach Westen zurück, Richtung Walikale; das | |
Oberkommando und die Militärpolizei gingen Richtung Norden. R führt das | |
genau mit Hilfe von Karten aus. Zehn Tage später, „nach Umoja Wetu, als die | |
Ruander zurück (nach Ruanda gekehrt) waren, wollte die FARDC in den | |
FDLR-Positionen bleiben und es fanden Kämpfe statt“, so R. „Die FARDC hatte | |
keine Kraft, da die Ruander schon weg waren“. Das war die Zeit, in der die | |
in der Anklage der FDLR vorgeworfenen Übergriffe auf die Zivilbevölkerung | |
stattfanden. | |
## Zivilistenfreie Zone | |
„Ich kenne eine Nachricht an die Zivilbevölkerung, dass sie fliehen sollte | |
vor den Kämpfen; es wurde mündlich mitgeteilt“, sagt er an einer Stelle; | |
„da wo wir waren haben wir die Bürger appelliert, sich von den | |
kongolesischen Soldaten zu trennen, damit sie in den Kämpfern nicht | |
sterben“, an anderer. Sie sei auch geflohen und es habe daher eine | |
zivilistenfreie Zone zwischen FDLR-Stellungen und Kongos Armee gegeben. | |
Dort bedienten sich die FDLR-Kämpfer an den zurückgelassenen Ernten. | |
Die Militärpolizei befand sich ebenfalls hinter den FDLR-Frontstellungen, | |
also mit den Zivilisten zusammen. „Wir zeigten den Zivilisten, wo sie | |
hingehen sollten, wo es keine Kämpfe gab – nicht nur den ruandischen, auch | |
den kongolesischen Zivilisten“, erläutert R. „Jedes Bataillon der FDLR | |
hatte eine Einheit PIP: Poste d'Intervention pour la Population. Die | |
Mitglieder von PIP hatten Waffen, lebten mit den Zivilisten und waren für | |
ihren Schutz zuständig“. Es gab auch die FDLR-Einheit „Résistance Civile�… | |
das waren „Zivilisten, die wir trainiert hatten; nach dem Training konnten | |
sie Waffen kaufen und selber für ihre Sicherheit sorgen zusammen mit PIP“. | |
An Kämpfen hätten RC-Kämpfer aber nicht teilgenommen. „Sie durften nur | |
kleine Waffen haben wie Kalaschnikoff“. | |
R macht interessante Aussagen zur Ausstattung der FDLR. Es habe Uniformen | |
aus kongolesischen Beständen gegeben, die Kabila 2001-02 ins Lager Kamina | |
geliefert habe; andere habe man Kongos Armee abgekauft. Aber „meistens war | |
es im Kampf verboten, Uniformen zu tragen; wir sollten Zivilkleidung tragen | |
– damit wir uns gegenseitig erkennen“. | |
## Alles Lüge, wir sind Christen | |
Ebenso wie es die Staatsanwaltschaft schafft, durch gezielte Fragen R aus | |
der Reserve zu locken, schafft es auch die Verteidigung – indem sie nicht | |
gezielt fragt. Er wird ganz allgemein nach den Vorwürfen der Anklage | |
gefragt, ohne zeitliche Eingrenzung, und kann daher Antworten geben wie: | |
„Ich habe nie von Vorwürfen gehört, dass die FDLR viele Leute auf einmal | |
getötet hat.“ Weiter sagt R. „Es gab keinen Plan der FDLR, normalen | |
Zivilisten oder Flüchtlingen etwas Schlechtes zu tun... Die Strategie war, | |
gut mit der Zivilbevölkerung zu leben.“ | |
Vergewaltigungsvorwürfe seien „Lügen – das kann nicht in der FDLR | |
passieren, wir haben christliche Anweisungen in den Vordergrund gestellt“ | |
und verweist auf entsprechend ausgebildete Soldaten und Kommandeure. Er | |
bezeichnet auch diverse FDLR- und FOCA-Stempel auf Dokumenten des Gerichts | |
als gefälscht – muss allerdings auf Nachfrage der Staatsanwaltschaft | |
zugeben, dass „gefälschte“ Stempel durchaus in Umlauf bei der FDLR waren. | |
Sogar Murwanashyaka beantwortet einmal eine Frage – das ist in diesem | |
Verfahren wohl das allerseltenste Ereignis. „Gab es Mitglieder der FARDC | |
bei der FDLR?“ fragt Straton Musonis Anwältin Groß-Bölting einmal. Bevor R | |
antworten kann, sagt Murwanashyaka: „Nein.“ „Hey, nicht der Angeklagte so… | |
antworten“, merkt der Vorsitzende Richter Hettich an. | |
## Völkermord? Kein Thema | |
Am empfindlichsten reagiert die Verteidigung auf die Frage der | |
Bundesanwaltschaft , ob es stimmt, dass Murwanashyaka FDLR-Präsident wurde, | |
weil er nicht wie manche anderen ruandischen Hutu-Exilführer am Völkermord | |
in Ruanda beteiligt waren. Die Verteidigung hat so starke Einwände, dass | |
ein Senatsbeschluss herbeigeführt werden muss. | |
Die Frage wird schließlich zugelassen „wegen des Vorwurfs der | |
terroristischen Organisation“. In der Antwort verweist R darauf, dass | |
Mudacumura die Beteiligung am ruandischen Völkermord vorgeworfen wird. | |
Die weitere Frage, welche Rolle Ruandas Genozid überhaupt in der FDLR | |
spielte, will die Verteidigung ebenfalls verhindern, erfolglos. „Man hat | |
darüber nicht diskutiert“, antwortet R schließlich. „In der FDLR gab es | |
zwei Teile: es gab Leute in der Verwaltung von früher zur Zeit des | |
Völkermordes, und es gibt die anderen, die im Kongo aufwuchsen, das ist die | |
Mehrheit“. | |
15 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
B. Schmolze | |
D. Johnson | |
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