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# taz.de -- Zertifikate für Kohlendioxid: Heiße Luft spaltet die EU
> Die EU-Umweltminister finden keine gemeinsame Position zu
> CO2-Zertifikaten. Damit riskiert die EU eine Einigung bei der nächsten
> Klimakonferenz.
Bild: Sinkende Nachfrage: Wegen der Wirtschaftskrise sind Zertifikate für Kohl…
BERLIN taz | Die Europäische Union riskiert ihren Ruf als Vorreiter im
Klimaschutz und fährt mit einer deutlich geschwächten Position zur nächsten
UN-Klimakonferenz. Die Umweltminister der 27 EU-Länder konnten sich in der
Nacht zu Freitag bei einer entscheidenden Sitzung in Luxemburg nicht darauf
einigen, was ab 2013 mit den überschüssigen Emissionslizenzen passieren
soll, die auch europäische Länder vor sich herschieben.
Damit ist eine zweite Verpflichtungsperiode für das Kioto-Protokoll, die
auf der Konferenz Ende November in Doha am Persischen Golf beschlossen
werden soll, bereits vor dem Start gefährdet. Und die Aussichten auf einen
weltweiten Klimavertrag ab 2015 trüben sich weiter ein.
Wie schon öfter in der Vergangenheit bremsten vor allem Polen und andere
osteuropäische Staaten bei den langen Gesprächen innerhalb der EU, hieß es
von Verhandlern. Denn vor allem Polen hat Zertifikate für etwa 500
Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) zu viel, die es gern verkaufen würde.
Doch der Markt für die Verschmutzungsrechte ist in der EU und weltweit
praktisch zusammengebrochen: Zu viele Lizenzen und eine sinkende Nachfrage
wegen der Wirtschaftskrise haben die Preise gedrückt.
## Überschüssige Lizenzen für Milliarden Tonnen CO
Am Jahresende 2012 endet die erste Verpflichtungsperiode des
Kioto-Protokolls. Insgesamt gibt es dann überschüssige Lizenzen im Wert von
etwa 13 Milliarden Tonnen CO2, vor allem in Russland und der Ukraine. Falls
dieser Riesenbrocken „heiße Luft“ in die zweite Verpflichtungsperiode ab
2013 übernommen wird, sind auch dort die Preise ruiniert.
„Selbst ohne diesen Übertrag gibt es wegen der geringen Ambitionen zum
Klimaschutz zu viele Zertifikate“, warnt die norwegische
Unternehmensberatung Point Carbon in einer Studie. Doch der Transfer der
heißen Luft in die nächste Periode würde erst recht „die ökologische
Integrität des Kioto-Protokolls unterminieren“.
Die Entwicklungsländer und China (G 77) haben dazu einen Vorschlag gemacht:
Die „heiße Luft“ solle übernommen werden, aber nicht verkäuflich sein und
2020 gestrichen werden. Diesem Vorschlag, der das System retten könnte,
kann die EU jetzt aber wegen des internen Streits kaum zustimmen.
Bei der EU-Kommission findet man die Lage allerdings nicht so dramatisch:
„Der europäische Emissionshandel ist kaum betroffen“, sagt ein Mitarbeiter
der Klimakommissarin Connie Hedegaard, weil hier diese heiße Luft nicht
verkauft werden dürfe. Die Kommission wolle sich in Doha vor allem darauf
konzentrieren, die Vorbereitungen für ein neues Klimaabkommen zu schaffen,
das 2015 beschlossen werden soll.
## Klimavertrag von heißer Luft blockiert
Aber gerade dieses Abkommen, das bei der Klimakonferenz in Durban im
letzten Jahr auf den Weg gebracht wurde, sei gefährdet, sagt Anja Kollmuss
von der Umweltgruppe CDM Watch. Wenn die heiße Luft jetzt nicht gelöscht
werde, könne sie bei einem umfassenden Klimavertrag immer wieder als
Forderung die Verhandlungen blockieren.
Außerdem würden diese zusätzlichen Zertifikate interessant, sobald die EU
ihre Klimaschutz-Ambitionen erhöhe und sich etwa zu einer Reduktion von 30
Prozent oder mehr bis 2020 verpflichte. Kollmuss: „Da wäre es politisch
sehr schwierig, den Schwellenländern zu sagen: Ihr müsst ehrgeizige Ziele
akzeptieren, aber wir haben billige heiße Luft, um uns freizukaufen.“
26 Oct 2012
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
EU
UN-Klimakonferenz
CO2
Zertifikate
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