| # taz.de -- Ergebnisse Koalitionsgipfel: Praxisgebühr für Herdprämie gestric… | |
| > Union und FDP einigen sich auf Entlastungen für die Bürger im Wahljahr. | |
| > Die FDP kann dabei punkten. Die Opposition empört sich über derart „teure | |
| > Wahlgeschenke“. | |
| Bild: Da stehen sie, die Geschenkeverteiler: FDP-Generalsekretär Döring, CDU-… | |
| BERLIN dpa |Angela Merkel kann sich sicher Schöneres am Wochenende | |
| vorstellen als einen siebenstündigen Koalitionsgipfel. Eine Oper zum | |
| Beispiel. Etwas Parsifal von Richard Wagner. Die schaute sich die Kanzlerin | |
| eine Woche vor dem Koalitionsgipfel in der Deutschen Oper in Berlin an. Das | |
| Musikdrama dauerte immerhin auch gut fünf Stunden, war aber bei allem | |
| Genuss für Merkel wohl nicht so wichtig wie die Koalitionsrunde am Sonntag | |
| im Kanzleramt. Union und FDP legten ihren Streit bei. Vorausgegangen waren | |
| aber auch hier große Szenen. | |
| Das Betreuungsgeld: Im Koalitionsvertrag verankert, vom Koalitionsausschuss | |
| vor einem Jahr noch einmal bestätigt, wurde die von der CSU durchgesetzte | |
| umstrittene Leistung für Eltern kleiner Kinder nun unter Dach und Fach | |
| gebracht. | |
| Allerdings kommt die von der Opposition als Herdprämie gegeißelte Leistung | |
| nicht wie geplant zum 1. Januar, sondern erst zum 1. August nächsten | |
| Jahres. Die FDP setzte aber ein sogenanntes Bildungssparen durch, mit dem | |
| Eltern die bis zu 150 Euro monatlich für ihre 13 bis 36 Monate alten Kinder | |
| für eine Ausbildung anlegen können und dafür noch einen Bonus von 15 Euro | |
| bekommen. Ein Punkt für die Freien Demokraten. | |
| Die Praxisgebühr: Sie wird abgeschafft. Ab 1. Januar müssen Patienten keine | |
| 10 Euro mehr bei ihrem ersten Arztbesuch im Quartal zahlen. Eine dicke | |
| Kröte für die Union, die darin eine Steuerungsinstrument für einen | |
| verantwortungsbewussten Umgang mit dem medizinischen Angebot sah. | |
| ## 750 Millionen für Verkehrswege | |
| Noch ein Punkt für die FDP, genauer gesagt für ihren Vorsitzenden Philipp | |
| Rösler. Er hatte das Thema hochgezogen. Und er hat den Erfolg auch bitter | |
| nötig. Die Bundes-FDP liegt in Umfragen oft unter fünf Prozent. Gerät | |
| Röslers Heimatverband Niedersachsen bei der Landtagswahl im Januar in | |
| diesen Strudel, sind seine Aussichten schlecht, Parteichef zu bleiben. | |
| Verkehrswege: Das von der CSU geführte Verkehrsministerium bekommt noch | |
| einmal 750 Millionen Euro zusätzlich, obwohl der Haushalt von Minister | |
| Peter Ramsauer bereits um eine Milliarde Euro aufgestockt worden war. Den | |
| Nachschlag forderte die CSU erst, als sich die FDP beim Betreuungsgeld | |
| querstellte. Punkt für die Christsozialen. | |
| Rente: Die beitragsfinanzierte Zuschussrente von Arbeitsministerin Ursula | |
| von der Leyen (CDU) ist vom Tisch. Sie wollte Geringverdienern, die trotz | |
| aller Beitragszahlungen und Privatvorsorge nicht die Grundsicherung von 688 | |
| Euro erreichen, die Bezüge auf bis zu 850 Euro aufstocken und sie vor Armut | |
| schützen. | |
| Nach Angaben aus Koalitionskreisen handelt es sich dabei lediglich um zwei | |
| Prozent der Geringverdiener. Deren Rente wird bereits jetzt schon mit | |
| Steuermitteln auf die Höhe der Grundsicherung angehoben. Ab 2014 zahlt das | |
| allein der Bund - die Kommunen werden entlastet. | |
| ## „Lebensleistungsrente“ | |
| Nun soll auch aus Steuermitteln für diesen kleinen Personenkreis die auf | |
| Grundsicherungsniveau aufgestockte Rente erhöht werden, nach | |
| Koalitionangaben aber nur um einen ganz kleinen Betrag: etwa 10 Euro. Das | |
| wären dann insgesamt rund 700 Euro. CDU- Generalsekretär Hermann Gröhe | |
| spricht von einer „Lebensleistungsrente“. Sie würde demnach etwa 10 Euro | |
| mehr betragen als bei jemandem, der nicht sein Leben lang – vielleicht | |
| sogar nie groß gearbeitet hat. | |
| Die kämpferische CDU-Vize von der Leyen wollte sich an ihrem Modell messen | |
| lassen. Nun sind ihre Gegner gespannt, was das bedeuten wird. Die CDU | |
| argumentiert, von der Leyen habe das Thema in der Koalition überhaupt erst | |
| aufgebracht. Insgesamt sehen die Erfolge der Christdemokraten bei diesem | |
| Koalitionsgipfel aber eher klein aus. | |
| ## „Hinter Fichte geführt“ | |
| Die Opposition wertet den Akt im Kanzleramt schon vorab als Show für den | |
| Wahlkampf. „Teure Wahlgeschenke“, empören sich SPD, Linke und Grüne. Das | |
| passe nicht mit der angekündigten Rückführung der Neuverschuldung zusammen. | |
| SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte in der ARD: „Da wird eine | |
| ganze Bevölkerung hinter die Fichte geführt.“ | |
| Das Ziel von Merkel, die seit langem beste Umfragewerte als Kanzlerin und | |
| für ihre CDU einfährt, war bei diesem Koalitionsgipfel offensichtlich, die | |
| beiden kleinen Partner zu stärken. Vor allem die FDP. Denn kommt sie nicht | |
| wieder in den Bundestag, schwinden Merkels Chancen Regierungschefin zu | |
| bleiben. Aus Mangel an Partnern. | |
| 5 Nov 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| K. Dunz | |
| U. Winkhaus | |
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