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# taz.de -- Wertkonservative Wende der Grünen: Dem linken Flügel droht ein Va…
> Das überraschende Ergebnis der Urwahl verändert die Partei nicht, sagen
> die Grünen offiziell. Intern aber ist man besorgt um das
> Flügelgleichgewicht.
Bild: Immer schön die Flügelbalance halten.
BERLIN taz | Die grüne Basis hat sich für „eine weise Balance zwischen
Kontinuität und Erneuerung entschieden“, verkündete die grüne
Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke am Samstag. Und für eine Überraschung:
Dass an Jürgen Trittin, der fest im Machtzentrum der Grünen verankert ist,
kein Weg vorbeiführt, war klar.
Auch dass die elf bis dato weitgehend unbekannten Männer von der Basis, die
sich um das Spitzenduo beworben hatten, kaum Stimmen bekamen, war erwartet
worden. Doch dass die als Außenseiterin gehandelte Katrin Göring-Eckardt
fast doppelt so viele Stimmen bekommt wie Parteichefin Claudia Roth – das
hatten auch Insider nicht auf der Rechnung.
Göring-Eckardt steht für das Wertkonservative bei den Grünen, Claudia Roth
zählt im innergrünen Flügelspektrum zu den Linken, Renate Künast zu den
Realos. Die Basis hat sich offenbar einfach mal ein unverbrauchtes Gesicht
gewünscht: Künast, Trittin und Roth gehören seit mehr als eineinhalb
Jahrzehnten zur Parteispitze.
Lemke will das Basisvotum keineswegs als parteiinternes Fraktionsringen
oder Ventil für Überdruss am grünen Parteiadel verstanden wissen. Trittin
stehe für „den Atomausstieg“, also die Ökokompetenz der Partei,
Göring-Eckardt für das Engagement „für die Ärmsten der Armen“ also das
Soziale. Alles beim Alten. Die Grünen bleiben, so die Selbstinterpretation,
Anwalt des Ökosozialen.
## Die bürgerliche Mitte
Und natürlich stehen die Grünen weiter fest zum rot-grünen Lagerwahlkampf
gegen Schwarz-Gelb. Göring-Eckardt kündigte gleich an, dass es 2013 um
„Grün oder Merkel“ gehe. Mit der „Merkel-CDU gibt es keine genügende
Übereinstimmung“. Allerdings, so die neue Tonlage, werde man „die
bürgerliche Mitte niemand anderem überlassen“.
Intern sorgt man sich sehr wohl um das Flügelgleichgewicht. Schließlich
hielt es sich Roth bis Montagmorgen offen, ob sie wieder als Parteichefin
antritt – wofür sie sich nun entschieden hat. Für den Fall eines rot-grünen
Wahlsieges sind Roths Chancen auf ein Ministeramt deutlich gesunken.
Die SPD lobte die Wahl der Grünen. Der forsche
SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann erklärte vollmundig: „Damit
sind wir der Ablösung von Schwarz-Gelb einen großen Schritt näher
gekommen.“ Der designierte Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten, Peer
Steinbrück, der früher als Grünen-Fresser galt, ließ sich zurückhaltender
mit den Worten zitieren, er hoffe auf eine gute Zusammenarbeit. Es komme
jetzt darauf an, „gemeinsam zu mobilisieren“.
Noch skeptischer sieht Bundesgeschäftsführer der Linkspartei, Matthias
Höhn, die Entscheidung. „Das grüne Spitzenduo ist kein Neuanfang und keine
Richtungsentscheidung. Die Belange des Ostens waren nie gut bei den Grünen
aufgehoben, auch bei Katrin Göring-Eckardt nicht. Ich sehe nicht, warum
sich das ändern sollte“, so Höhn zur taz.
12 Nov 2012
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
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