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# taz.de -- Leichte Sprache im Bundestag: „Ein großes Haus in Berlin“
> Für Menschen mit Behinderungen ist Politik häufig schwer zu verstehen.
> Deshalb gibt es nun die Bundestags-Website in leichter Sprache.
Bild: „Bundes-Tag ist der Name für eine Gruppe von Menschen, die in diesem H…
BERLIN taz | „Bundes-Tag ist der Name für ein großes Haus in Berlin.“ Mit
diesem Satz wird empfangen, wer den [1][neuen Service „in Leichter
Sprache“] anklickt. Große Schrift, kurze Sätze, einfach verpackte
Informationen – so sieht die praktische Gleichstellungspolitik aus.
Vor über einem Jahr, im September 2011, ist in Deutschland die BITV 2.0 in
Kraft getreten, die „Verordnung zur Schaffung barrierefreier
Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz“. Eine Name
wie eine Festung. Dabei geht es in der BITV 2.0 um das Verständlichmachen
politischer Abläufe und Entscheidungen. In Leichter Sprache klingt das dann
so: „Der Bundes-Tag macht die Gesetze und kontrolliert, was die Regierung
macht.“
Die Verordnung regelt also, dass in anderthalb Jahren jede Behörde ihren
Internetauftritt auch in „Leichter Sprache“ bereitstellen muss. Das heißt,
dass Menschen mit geistiger oder Lernbehinderung ab März 2014 leicht
verständlich erklärt bekommen, welche Inhalte zum Beispiel ihre Kommune
bereithält, wie sie auf der entsprechenden Website navigieren und wen sie
bei welcher Frage anrufen oder anschreiben können. Das tut not, denn 7,5
Millionen Menschen in diesem Land sind funktionale Analphabeten, hat die
Uni Hamburg im letzten Jahr festgestellt. 13,3 Millionen haben
Schwierigkeiten beim Gebrauch der deutschen Sprache.
„Leichte Sprache ist nicht mit Kindersprache zu verwechseln“, stellt Maika
Jachmann klar, „es wird auf Fremdwörter verzichtet, Satzbau und Wortwahl
sind vereinfacht, die Schrift ist deutlich größer.“ Jachmann ist Leiterin
der Online-Dienste des Bundestages, ihre Redaktion hat den neuen
Netzauftritt möglich gemacht. Dass die Leichte Sprache nicht eine Art
Erwachsenen-Sendung-mit-der-Maus ist, musste auch sie erst lernen. Ihre
Verwaltung hat sich deshalb fachliche Unterstützung bei der Lebenshilfe
Bremen e.V. geholt.
Dort leitet Petra Schneider das Büro für Leichte Sprache. Seit 2004 gibt es
die Einrichtung, auch Mitarbeiter mit Lernschwierigkeiten arbeiten mit.
Inzwischen gibt es ein bundesweites Netzwerk solcher Büros, in dem Stück
für Stück die Standards entwickelt wurden, nach denen übersetzt wird.
## „Schöne Sachen“ sind auch gefragt
„Wir haben überlegt: nach welchen Regeln arbeiten wir?“, erzählt Schneide…
Sie selbst hat Behindertenpädagogik studiert; als sie damals bei ihrer
Prüfung versucht hat, Fremdwörter zu vermeiden und stattdessen einfache
Wörter herausgesucht hat, wurde ihre Leistung um eine Note herabgestuft.
Bis heute ist die 43-Jährige überzeugt: „Wenn man sich unterhalten will,
muss der Kodex leichter sein, konkreter – man muss die Sprache anpassen.“
Und das gilt ihrer Ansicht nach keineswegs nur für Behinderte.
Nutzbar sind die übersetzten Texte zum Beispiel auch für Demenzkranke,
Menschen mit Wahrnehmungsstörungen oder Kinder. Sehbehinderte freuen sich
an der gut lesbaren 14-Punkt-Schrift. Und dass Migranten froh sind, wenn
sie Beamtensprache verständlich übersetzt bekommen, weiß Petra Schneider,
seit sie selbst mal für ein paar Monate in Schweden gelebt hat und dort das
Internetangebot in Leichter Sprache genutzt hat.
Neulich hat ihr Lebenshilfe-Büro für Werder Bremen eine Broschüre
übersetzt, in der die Fußballregeln in Leichter Sprache erklärt werden.
„Die 10.000 Stück waren binnen eines Monats weg“, freut sie sich. So etwas,
„schöne Sachen eben“, müsste es ihrer Meinung nach mehr geben. „Die Leu…
wollen einfach auch mal einen Krimi lesen.“ In Schweden gibt es einen
Verlag, der jährlich 25 Bücher in Leichter Sprache herausbringt, auch
Weltliteratur.
Wie heißt es auf Bundestag.de in Leichter Sprache? „Die Abgeordneten dürfen
für alle anderen Menschen in Deutschland Entscheidungen treffen.“ Die
Entscheidung, auf der Parlamentsseite die BITV 2.0 praktisch umzusetzen,
war schon mal richtig.
16 Nov 2012
## LINKS
[1] http://www.bundestag.de/leichte_sprache/
## AUTOREN
Anja Maier
Anja Maier
## TAGS
Bundestag
Behinderung
Barrierefreiheit
Leichte Sprache
Leben mit Behinderung
Bildung in Bremen
Demenz
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