# taz.de -- Hurra, eine Chefredakteurin!: Böse schwarze Frau | |
> Seit einem Jahr ist Silke Hellwig Chefredakteurin beim "Weser Kurier" in | |
> Bremen. Ihr Führungsstil ist autoritär, Kommunikation verweigert sie | |
> meist. | |
Bild: Nicht sehr beliebt: Weser-Kurier-Chefredakteurin Silke Hellwig. | |
Unter Insidern hat sie die böse Abkürzung BSF, „böse schwarze Frau“. Sil… | |
Hellwig, Jahrgang 1963, ist seit September 2011 Chefredakteurin des Weser | |
Kuriers, die einzige Frau im norddeutschen Raum, die eine große Zeitung | |
leitet. Das Engagement als Chefredakteurin im Verlag der Bremer | |
Tageszeitungen AG (BTAG) begann für sie mit doppeltem Pech. Hellwig war in | |
der überschaubaren Bremer Medienszene als gute und seriöse Journalistin | |
geschätzt, aber als Redaktionsleiterin des Radio-Bremen-TV-Regionalmagazins | |
„Buten & binnen“ grandios gescheitert. Und sie wurde allzu offensichtlich | |
auf Wunsch eines einzelnen Herren, des BTAG-Vorstandsvorsitzenden Ulrich | |
Hackmack, in die Position der Chefredakteurin berufen, ohne dass sie sich | |
zuvor als Führungskraft irgendwo positiv profiliert hatte. Eine schwere | |
Bürde. Hackmack genießt in der Belegschaft nicht eben eine hohe Reputation. | |
Drei Mitglieder des sechsköpfigen Aufsichtsrates betreiben Hackmacks | |
Ablösung per Gericht. | |
Frauen sind in der Leitung deutscher Regionalzeitungen immer noch die | |
absolute Ausnahme, aber Silke Hellwigs praktische Umsetzung ihrer | |
Führungsfunktion spricht nicht dafür, dass nun gerade sie Vorbildfunktion | |
haben könnte. | |
Es ist nicht in erster Linie Hellwigs Verschulden, dass die Zuschauerquoten | |
und Zeitungsauflagen in ihrer Zeit sanken. Aber in ihrer „Buten & | |
binnen“-Leitungszeit suchten viele profilierte Journalisten das Weite, | |
Moderationsverfahren zur Lösung der massiven Konflikte mit der | |
Redaktionsleiterin scheiterten. Die Fernseh-Redaktion von „Buten & binnen“ | |
war lange Jahre durch Kollegialität, Kreativität und ein stets | |
streitlustiges, aber faires Miteinander geprägt – bis Silke Hellwig 2007 | |
Chefin wurde. | |
Ihr Führungsstil sei „sehr eigensinnig“, sagen Kollegen und sprechen von | |
„Basta-Attitude“. Lange hatte Hellwig bei Radio Bremen die Unterstützung | |
des Programmdirektors, also von oben. Nach dem Intendantenwechsel wurde sie | |
dann im März 2010 freigestellt. | |
Möglicherweise war es das sperrig Eigensinnige, was den | |
Weser-Kurier-Geschäftsführer Hackmack von ihr eingenommen hat. Das hat er | |
bekommen: Sechs Monate nach ihrer Berufung zur Chefredakteurin verteilte | |
der Betriebsrat ein Info-Blatt, in dem es heißt, sie regiere „auf Kosten | |
von Transparenz, Information und sozialer Kompetenz und zum Preis von nicht | |
nachvollziehbaren redaktionellen und personellen Entscheidungen.“ Und der | |
Deutsche Journalisten-Verband (DJV) berichtete über ihren Führungsstil: | |
„Aufforderungen zum gemeinsamen Gespräch werden von der Chefredakteurin | |
rigoros abgelehnt.“ | |
Nach Ablauf des ersten Jahres ist Silke Hellwigs „Regiment“ bei den Bremer | |
Tageszeitungen von ähnlichen Problemen gekennzeichnet wie bei Radio Bremen. | |
Wieder verlassen diverse in der Region profilierte Journalisten den | |
Einflussbereich Hellwigs, es gibt redaktionsinterne Versetzungen, die im | |
Weser Kurier für Kopfschütteln und, so hört man, für erheblichen Protest | |
und einen deutlichen Motivationsabfall gesorgt haben. Die Chefredakteurin | |
begründet ihre Personalentscheidungen nicht, sie sucht nicht die Zustimmung | |
der Redaktion, sie hat die ihres Geschäftsführers Hackmack. | |
Unter ihrem Vorgänger Lars Haider gewannen die Redakteure diverse | |
Journalistenpreise. Das ist vorbei. Dabei ist Silke Hellwig eine gute, | |
stets auf Unabhängigkeit und Offenheit bedachte Journalistin. Für eine gute | |
Führungskraft bedarf es anderer Qualifikationen. | |
16 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Carola Pflueg | |
## TAGS | |
Weser-Kurier | |
Vorwärts | |
New York Times | |
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