# taz.de -- Hurra, eine Chefredakteurin!: "Motivation im Keller" | |
> MEDIEN Nach geplanter Absetzung des Politik-Ressortleiters beim "Weser | |
> Kurier": herbe Kritik am "Basta-Führungsstil" der Chefredakteurin Silke | |
> Hellwig | |
Bild: Diese Titelseite am 14. Januar 2012 setzte die Chefredakteurin durch. | |
Der Deutsche Journalistenverband (DJV) mischt sich normalerweise in | |
redaktionsinterne Angelegenheiten nicht ein. Umso erstaunlicher, welch | |
klare Worte er jetzt fand: „Die Redaktion fühlt sich überrumpelt, die | |
Motivation ist im Keller.“ Im Zentrum der Kritik steht die neue | |
Chefredakteurin des Weser Kuriers, Silke Hellwig. „Aufforderungen zum | |
gemeinsamen Gespräch werden von der Chefredakteurin rigoros abgelehnt“, | |
heißt es in einem DJV-Schreiben über Hellwigs Führungsstil. Und: | |
„Entscheidungen werden nicht erklärt und begründet, sie werden nur noch | |
verkündet.“ | |
„So eine Abkühlung des Betriebsklimas in so kurzer Zeit ist doch | |
erstaunlich“, sagt einer, der gegangen ist, nachdem Hellwig die Stelle im | |
September 2011 angetreten hat. Offenbar gibt es nicht einmal zwei Lager in | |
der Redaktion wie unter ihrem Vorgänger Lars Haider: Haider-Anhänger und | |
Gegner sind gleichermaßen frustriert. | |
Jüngstes Beispiel: Mitte vergangener Woche wurde intern die Stelle des | |
Politik-Ressortleiters ausgeschrieben. Die Stelle ist besetzt – mit | |
Jörg-Helge Wagner. Wagner war wenige Tage zuvor informiert worden, dass er | |
auf eine Stelle als „Ressortleiter Nachrichten“ wechseln solle, die für ihn | |
erfunden wird: Es gibt kein Ressort „Nachrichten“. Frank Schulte, „Chef v… | |
Dienst“ und damit zuständig für Nachrichten, wusste nichts von einer | |
geplanten Veränderung der Strukturen. Auch der Redaktion wurde nicht | |
erklärt, was anders werden soll und warum. Für den DJV ist dies ein Beweis | |
für einen „großen Mangel an Sozialkompetenz in der Führungsetage“. Die | |
Chefin habe kein Vertrauen zu ihren Mitarbeitern, sagen Redakteure, sie | |
berate sich nicht, delegiere nicht, sondern praktiziere „Geheimdiplomatie“. | |
In der Redaktion fragt man sich jetzt, welchen Grund die Versetzung des | |
Politik-Chefs haben könnte. Aber keiner der von der taz Befragten hat | |
darauf eine Antwort. Einer erinnert sich daran, dass Wagner sich im Jahr | |
2003 an einem Streik beteiligte – als einziger Ressortleiter. Das könnte | |
den Verleger Ulrich Hackmack verärgert haben, als dessen Vertraute Silke | |
Hellwig gilt. | |
Der DJV fasst die Lage so zusammen: „Inzwischen scheint der Graben zwischen | |
Verlagsleitung und Chefredaktion auf der einen, und der Redaktion auf der | |
anderen Seite unüberwindlich.“ | |
Unerwartet ist diese Entwicklung allerdings nicht: Als Chefin des Radio | |
Bremen-Fernsehmagazins „buten und binnen“ von 2007 bis 2010 war sie von | |
KollegInnen für ihren „Basta-Führungsstil“ kritisiert worden. Mehrere | |
MitarbeiterInnen waren wegen ihr gegangen, zwei Mediationsverfahren | |
scheiterten. Als sie Weser-Kurier-Chefin wurde, hofften einige, sie hätte | |
aus dieser Erfahrung gelernt. | |
Als Beispiele für einen unkooperativen Führungsstil nennen Insider die Idee | |
Hellwigs, auf dem Höhepunkt der Wulff-Diskussion auf die erste | |
Zeitungsseite einen Stempel „Diese Ausgabe ist 100% Wulff-frei“ zu setzen �… | |
gegen erhebliche Bedenken in der Redaktion. | |
Für Unverständnis in der Redaktion soll auch die Einführung der | |
„Norddeutschland“-Seiten gesorgt haben. Ein Konzept sei nie vorgestellt | |
worden, heißt es. | |
26 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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