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# taz.de -- Koch- und Gerichtsshows: Gericht soll WK-Chef absetzen
> Über die Absetzung Ulrich Hackmacks als "Weser Kurier"-Geschäftsführer
> wird nun vor dem Landgericht verhandelt - laut Bundesgerichtshof hat er
> den Posten rechtswidrig erhalten.
Bild: Für manche Live-Show verantwortlich: Der Weser-Kurier.
“Lecker Rechnen“ hat das Zeug zu einer Kult-Sendung. Morgens um zehn Uhr
steht das Format im Sendeschema von Center-TV, auch um 12 Uhr und um 17 Uhr
– „Lecker Rechnen“ verbindet Salat-Tipps mit den Grundlagen des
Apfel-Birne-Citrusfrucht-Rechnens. „Kochen und Mathematik, wie das
zusammenpasst“, heißt es offiziell auf der Internetseite des Center-TV, das
zeige „Dr. Ulrich Hackmack, Vorstandsvorsitzender der Weser-Kurier
Mediengruppe Bremer Tageszeitungen AG gemeinsam mit Moderatorin Anneke ter
Veen in einer kurzweiligen und lehrreichen Koch-Show“. Der Weser
Kurier-Geschäftsführer sei ihr „Lieblingsexperte“, so stellt ihn die
Moderatorin vor, außerdem „Doktor der Mathematik“, und das passt: „Sie
berechnen den Kegel – ich mache den Salat.“
Was der Vorstandsvorsitzende des Weser Kuriers mit dem Center-TV zu tun
hat? Ganz einfach: Der Zeitungsverlag ist Gesellschafter bei Center-TV, von
einem Kredit über 200.000 Euro ist zudem die Rede, der praktisch
abzuschreiben ist, und der Nutzen der Werbung, die der Weser Kurier in
diesem Sender macht, ist auch nur unter Sponsoring-Gesichtspunkten zu
berechnen.
Die letzte neue Folge von „Lecker Rechnen“ gab es am 18. Oktober 2012, da
ging es um den „sieben Sachen Salat“. Center-TV zeigt den einmal
abgedrehten Film immer wieder – es könnte die letzte neue Salat-Sendung
sein. Denn in zehn Tagen muss Ulrich Hackmack in eine Live-Gerichtsshow: Am
21. Dezember 2012 wird vor dem Bremer Landgericht der Antrag auf Absetzung
Hackmacks als Vorstandsvorsitzenden des Weser Kuriers verhandelt. Das
Bremer Oberlandesgericht hatte schon im Jahre 2011 geurteilt, dass dessen
Vertragsverlängerung im Jahre 2009 rechtswidrig und damit nichtig gewesen
war. Der Bundesgerichtshof hatte im September eine Beschwerde der
Weser-Kurier-Mediengruppe gegen dieses Urteil zurückgewiesen. Normalerweise
hätte der Aufsichtsrat der BTAG dies ernst nehmen und Hackmack von seinem
Amt entheben müssen. Während die Zeitung in ihrer Berichterstattung davon
ausgeht, dass in einem Rechtsstaat Urteile respektiert werden sollten,
sieht man das auf der Chefetage des Weser Kuriers offenbar anders.
Geschäftsführer Hackmack und der Aufsichtsratsvorsitzende Johannes
Weberling, ein Medienrechts-Anwalt, führen einen Prozess nach dem anderen –
um Fragen, die in anderen Unternehmen über Kompromiss und Konsens geregelt
werden.
Im Aufsichtsrat stand das Thema Ablösung von Hackmack auf der Tagesordnung,
auf der letzten Sitzung auch die Ablösung der Aufsichtsräte, die Hackmack
pflichtwidrig nicht ablösen wollen. Aber da die Gesellschafter 50:50
gespalten sind und der Aufsichtsratsvorsitzende Weberling sein
Doppelstimmrecht zu Gunsten von Hackmack auszuüben pflegt, wurde die
Anerkennung des Bundesgerichtshof-Spruchs mit 4 zu 3 Stimmen abgelehnt. Dem
Gesellschafter Christian Güssow, der über 50 Prozent der Anteile der
Mediengruppe verfügt und Hackmack abgelöst sehen will, bleibt somit nur der
Gang zum Gericht.
Wie zwei Teile ein Ganzes ergeben, lehrt Hackmack in seiner Kochsendung. Er
teilt einen Apfel und erklärt der Moderatorin an der Tafel: Ein „a“ ist
gleich zwei halbe „a“. Wenn es komplizierter wird, klinkt die Moderatorin
sich geistig aus: „Ich nasche lieber mal ‘ne Kaper.“ Hin und wieder aber
teilt sie schlichte Komplimente aus, die vermuten lassen, dass Hackmack in
den verschiedensten Bereichen „Experte“ ist: „Ich habe gehört, Sie sollen
gut im Spagetti-Kochen sein.“
Unabhängig von der Zukunft Hackmacks ist eine weitere Live-Show in Sachen
Weser Kurier, zu der es demnächst auch vor dem Amtsgericht kommen könnte.
Das Bremer Stadtamt hat gegen den Weser Kurier ein Bußgeld verhängt, wegen
Verstoßes gegen das bremische Landesmediengesetz. Es geht dabei um den
Vorwurf der Schleichwerbung, den auch der Deutsche Presserat erhoben hatte:
Nach dem Landesmediengesetz muss ein Verlag Werbung deutlich kennzeichnen,
wiederholt war jedoch Immobilien-Werbung von redaktionellen Texten nicht zu
unterscheiden. Der Weser Kurier will aber das Bußgeld nicht bezahlen und
hat Widerspruch eingelegt, obwohl das Stadtamt in seiner Sanktion äußerst
kulant war: Es geht in diesem Streitfalle um 250 Euro.
19 Nov 2012
## AUTOREN
Klaus Wolschner
## TAGS
Weser-Kurier
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