# taz.de -- Kampagne gegen Kindesmissbrauch: Kopfstand gegen Missbrauch | |
> Das Familienministerium geht in die Kampagnenoffensive: Zwei Initiativen | |
> sollen Kinder über sexuelle Übergriffe Erwachsener aufklären. | |
Bild: Mahntafeln nahe der Odenwaldschule in Ober-Hambach. | |
BERLIN taz | Der jüngste Fall ist erst seit ein paar Stunden bekannt: Ein | |
Krankenpfleger der Berliner Charité soll ein 14-jähriges Mädchen während | |
der Narkose vergewaltigt haben. Um sexuellen Missbrauch von Kindern zu | |
vermindern, startet das Familienministerium im Januar 2013 eine bundesweite | |
Präventionsinitiative. Dabei sollen Acht- bis Zwölfjährige im Internet, | |
über ein Hilfetelefon und durch ein Theaterstück über sexuellen Missbrauch | |
aufgeklärt werden. | |
„Kinder müssen direkt, emotional und nicht belehrend angesprochen werden“, | |
sagte Elisabeth Pott, Präsidentin der Bundeszentrale für gesundheitliche | |
Aufklärung (BZgA) am Mittwoch bei der Vorstellung der Initiative. Ihre | |
Behörde ist Kooperationspartnerin der Kampagne. | |
Im vergangenen Jahr verzeichnete die polizeiliche Kriminalstatistik 12.444 | |
Fälle sexuellen Kindesmissbrauchs. Die Dunkelziffer dürfte höher sein, da | |
nicht jeder Fall angezeigt wird. Experten gehen von 10 Prozent mehr Fällen | |
aus. | |
Die Täter sind fast immer Männer, die Opfer in der Familie sind vor allem | |
Mädchen, die in den Institutionen wie Kirchen, Sportvereinen und Heimen | |
hauptsächlich Jungen. | |
„Kernstück“ der Aktion sei laut Familienministerin Kristina Schröder (CDU) | |
das interaktive Theaterstück „Sag mal …“ der Kompanie Kopfstand. Dadurch | |
könnten sich Kinder spielerisch mit dem Thema auseinandersetzen und würden | |
nicht verängstigt, wie manche Eltern befürchten könnten. Das Stück soll am | |
1. März 2013 in Berlin Premiere haben und danach durch einzelne | |
Bundesländer touren. | |
Doch bislang wollen nur Schleswig-Holstein und Sachsen mitmachen. „Es sieht | |
gut aus, dass sich auch andere beteiligen“, sagte Familienministerin | |
Kristina Schröder (CDU). In die Kampagne investiert das Ministerium rund 4 | |
Millionen Euro. | |
Die Aktion ist ein Ergebnis aus der Arbeit des seit zwei Jahren tagenden | |
runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch“ der drei Bundesministerien für | |
Justiz, Familie und Bildung. Die Ausschreibung dafür, durch die | |
Kommunikationsunternehmen mit der Umsetzung betraut werden, soll nach | |
Informationen der taz noch laufen. | |
Gleichzeitig will im Januar 2013 auch Johannes-Wilhelm Rörig seine Kampagne | |
„Kein Raum für Missbrauch“ starten. Rörig ist seit einem Jahr unabhängig… | |
Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs und im | |
Schröder-Ministerium angesiedelt. Auch mit Rörigs Kampagne sollen Kinder | |
angesprochen werden und „Orte, an denen sich Kinder aufhalten, sicherer | |
gemacht“ werden. Kristina Schröder sagte, beide Kampagnen seien | |
komplementär. | |
Der runde Tisch „Sexueller Missbrauch“ hatte vor einem Jahr einen | |
Hilfsfonds in Höhe von 100 Millionen Euro angekündigt. Jeweils die Hälfte | |
soll vom Bund und aus den Ländern kommen. Mit dem Geld sollen Betroffene | |
materielle und immaterielle Leistungen erhalten, die Stellen wie | |
Krankenkassen nicht bezahlen. Doch bislang haben die Länder die Zahlung der | |
Summe nicht zugesagt. | |
Richtigstellung | |
Die ursprüngliche Bildunterschrift zu diesem Artikel „Mahntafeln nahe der | |
Odenwaldschule in Ober-Hambach. Die Gelder für die Opfer sexueller Gewalt | |
sind bis heute nicht geflossen.“ wurde geändert. Das ist falsch. | |
Im Text geht es um eine Initiative des Bundesministeriums (da fließt Geld) | |
und um einen wesentlich bedeutenderen Hilfsfonds von Bund und Ländern (da | |
fließt noch kein Geld). Mit der Bildunterschrift wurde ein dritter | |
Zusammenhang hergestellt, der so im Text gar nicht auftaucht: Die | |
Entschädigungszahlungen der Odenwaldschule an ehemalige Schüler, die auch | |
Opfer von sexueller Gewalt an der Odenwaldschle geworden sind. Hier hat die | |
Odenwaldschule nach eigener Aussage bis zum 19. November 2012 bereits | |
300.000 Euro an Geldern gezahlt. | |
22 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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