# taz.de -- EU-Budgettreffen gescheitert: Die Sparwut der Camkels | |
> Der Gipfel zum EU-Budget wird ergebnislos abgebrochen. Zuvor gab es | |
> Annäherungen der Sparnationen Deutschland und Großbritannien. | |
Bild: Sparfüchse unter sich: David Cameron, Angela Merkel und Hollands Premier… | |
BRÜSSEL taz | Normalerweise steigt man auf einen Gipfel, um ganz nach oben | |
zu kommen. Doch beim Budgetgipfel in Brüssel war alles anders. Noch bevor | |
sich die 28 Staats- und Regierungschefs (27 EU-Mitglieder plus | |
Beitrittskandidat Kroatien) über die Finanzplanung für die Jahre 2014 bis | |
2020 beugten, ließ Kanzlerin Angela Merkel verkünden, dass ein Scheitern | |
„kein Beinbruch“ wäre. | |
Und noch während sie tagten, verkündete Frankreichs Präsident François | |
Hollande, ein Abbruch sei „der wahrscheinlichste Ausgang“. So kam es denn | |
auch. Um 16.30 Uhr wurde der Gipfel abgebrochen. | |
Klar war aber, dass es nicht allein beim britischen Premier David Cameron | |
gehakt hatte. Cameron, der unter Druck seiner EU-skeptischen Torys steht, | |
nahm die härteste Haltung ein. Er wollte den Kommissionsvorschlag um rund | |
200 Milliarden Euro kürzen – mehr als alle andern. | |
Doch er hatte eine unerwartete Mitstreiterin: Angela Merkel. Die Kanzlerin | |
habe für die Position Großbritanniens „Sympathie erkennen lassen“, sagten | |
britische Diplomaten nach einem Gespräch zwischen Merkel und Cameron. Von | |
einer „kleinen Annäherung“ sprach die Nachrichtenagentur dpa. | |
## Sparwütige Viererbande | |
Das ist sehr höflich formuliert. In Wahrheit bildete Cameron mit Merkel die | |
Vorhut einer sparwütigen Viererbande, zu der auch Schweden und die | |
Niederlande gehören. „Da zeichnet sich eine Achse Berlin–London ab“, | |
twitterte der Korrespondent der französischen Libération, Jean Quatremer, | |
und britische Journalisten stimmten zu. Prompt wurden Spitznamen für das | |
Paar geprägt. In Anlehnung an das frühere „Merkozy“-Gespann (Merkel und | |
Sarkozy) war von „Meron“ und „Camkel“ die Rede. | |
Merkel unterstützte nicht nur Camerons Forderung, bei der EU-Verwaltung den | |
Rotstift anzusetzen. Sie widersetzte sich auch dem Appell von Hollande, dem | |
Britenrabatt zu Leibe zu rücken. | |
Dieser Rabatt, der von Margaret Thatcher eingeführt worden war, sichert den | |
Briten große Nachlässe, zuletzt rund 3,5 Milliarden Euro im Jahr. Er gilt | |
schon lange als anachronistisch; die meisten EU-Länder würden ihn gern | |
abschaffen. Doch es gibt ein paar Trittbrettfahrer. Sie erhalten einen | |
Nachlass auf die Mehrkosten, die der Britenrabatt ins EU-Budget reißt. Dazu | |
gehört auch Deutschland – es spart dadurch jährlich rund 1,7 Milliarden | |
Euro. | |
Doch das ist nicht der einzige Grund, aus dem Merkel den Briten beisteht. | |
Es geht auch um taktische Erwägungen: Wenn man London isoliert, kommt gar | |
kein neues EU-Budget zustande, und dann stehen vor allem die | |
Empfängerländer wie Polen im Regen. Das müsse man unbedingt vermeiden, hieß | |
es auf den Gängen des Brüsseler Ratsgebäudes. | |
## Ideologische Nähe | |
Und dann ist da die ideologische Nähe: Wie Cameron ist Merkel überzeugte | |
Freihändlerin – die Exportnation Deutschland kämpft gemeinsam mit der alten | |
Handelsmacht Großbritannien gegen Protektionismus. Und genau wie Cameron | |
fährt auch Merkel einen knallharten Sparkurs. | |
Alle EU-Länder müssten den Gürtel enger schnallen, da könne man doch auch | |
die EU selbst nicht ausnehmen, verkündeten Merkel und Cameron wie aus einem | |
Munde. Damit gingen sie gemeinsam auf Konfrontationskurs zu Ländern wie | |
Frankreich, die keine Abstriche am Agrarbudget hinnehmen wollen – oder wie | |
Polen, das auf Hilfen aus dem Kohäsionsfonds hofft. | |
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy versuchte zwar am Freitagnachmittag, den | |
Budgetstreit mit einem dritten Kompromissvorschlag zu schlichten. Doch die | |
Fronten sind verhärtet, der Gipfel ist gescheitert. Die EU-Chefs wollen | |
sich Anfang Februar wieder in Brüssel treffen. Bis dahin können Merkel und | |
Cameron ihre Beziehung vertiefen – oder sich erneut zerstreiten. In der EU | |
ist derzeit alles möglich. | |
23 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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