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# taz.de -- Euro-Beitritt Polens: Nur ein halber Fuß in der Euro-Tür
> Experten warnen, dass Polen den günstigsten Zeitpunkt zum Euro-Beitritt
> verpasst. Es drohe die Abkoppelung von den Handelspartnern in Europa.
Bild: Euro ja, aber bitte sozial: Demo in Warschau am Europäischen Protesttag …
WARSCHAU taz | Polen hat die Finanzkrise besser überstanden als viele
andere Länder Europas. Dass die Stimmung in Warschau zu Jahresbeginn
dennoch etwas getrübt war, lag an einer mahnenden Bemerkung aus dem fernen
Brüssel. „Die Regierung in Warschau hat genau ein halbes Jahr Zeit, um sich
zu entscheiden, ob Polen den Euro übernehmen will oder für lange Jahre
außerhalb der Eurozone bleiben wird“, erklärte der aus Polen stammende
EU-Haushaltskommissar Janusz Lewandowski kurz vor Silvester.
Die feinhörigen Polen nahmen sofort die in diesem harmlos klingenden Satz
versteckte Warnung wahr: die ohne Einführung des Euro drohende Abkoppelung
von den wichtigen europäischen Handelspartnern und eine anhaltende
Rezession. Mit dem Euro aber, so die weit verbreitete Sorge, könnte eine
ruinöse Teuerungsrate auf Polen zukommen. Premier Donald Tusk und Präsident
Bronislaw Komorowski reagierten wie immer, wenn es um den Euro geht: „Wir
treten bei, wenn es für uns am günstigsten ist.“
Seit 2008, als Tusk zum ersten Mal ernsthaft den Beitritt Polens zur
Währungsunion plante und einen Fahrplan dafür ausarbeiten ließ, hat sich an
den Argumenten der führenden Politiker nichts geändert. In Zeiten der Krise
vermittelt die Regierung den Polen das Gefühl, das Land rage wie eine
„grüne Insel“ – damit sind in Polen schwarze Zahlen gemeint – aus dem …
Schuldensumpf heraus. Und zwar nur, weil es den Zloty als Landeswährung
behalten habe. Ein etwas merkwürdiges Argument, denn schließlich traf die
Finanz- und Schuldenkrise auch viele Nicht-Euro-Länder.
Warschau hatte in den letzten Jahren den Ehrgeiz aufgegeben, die
Beitrittsbedingungen für den Euro, die sogenannten Maastricht-Kriterien, zu
erfüllen: eine Staatsverschuldung von maximal 60 Prozent und ein
Haushaltsdefizit von höchstens 3 Prozent des jährlichen
Bruttoinlandsprodukts (BIP), ferner eine Inflationsrate, die nur 1,5
Prozentpunkte über derjenigen der drei preisstabilsten Euro-Länder liegen
darf, und Wechselkursschwankungen der Landeswährung von höchstens 15
Prozent.
## Polen erfüllt kaum Kriterien
Polen erfüllt mit Ausnahme der Staatsverschuldung keines dieser Kriterien.
Die gleichzeitig mit Polen in die EU aufgenommenen Länder Slowenien, Zypern
und Malta, die Slowakei und Estland hingegen haben alle inzwischen den Euro
eingeführt. Demnächst wollen auch Litauen und Lettland nachziehen.
Seit Ausbruch der Eurokrise werden immer mehr Entscheidungen innerhalb der
EU im engeren Kreis der Euroländer getroffen. Noch ist das den meisten
Polen gar nicht bewusst. Sie vertrauen den Zusicherungen Premier Tusks,
dass Polen den „Fuß in der Tür“ habe und den Euro eben genau dann
übernehmen werde, wenn es für das Land am günstigsten sei. Nun allerdings
warnen Lewandowski und andere Experten, dass dieser Zeitpunkt bald verpasst
sein könnte.
Doch Jaroslaw Kaczynski, Chef der rechtsnationalen Oppositionspartei Recht
und Gerechtigkeit, winkt ab. Seine Partei werde auf keinen Fall einer
Verfassungsänderung zustimmen, die die Einführung des Euro vorsieht. Die
Regierung will dennoch eine große Euro-Debatte im Land anstoßen. Im Februar
wollen sich Polens Abgeordnete den ersten großen Euro-Schlagabtausch seit
langem liefern.
6 Jan 2013
## AUTOREN
Gabriele Lesser
## TAGS
Polen
Euro
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Polen
Schwerpunkt AfD
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David Cameron
EU-Gipfel
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