| # taz.de -- Großbritannien und die EU: London stellt sich ins Abseits | |
| > Am Freitag will Premier Cameron seine Grundsatzrede zur Zukunft des | |
| > Landes in der Europäischen Union halten. Das sieht gar nicht gut aus. | |
| Bild: Kein Platz mehr für 12 Sterne auf blauem Grund: Identitäre Zurschaustel… | |
| DUBLIN taz | Die Spannung ist groß – nicht nur in Großbritannien, sondern | |
| auch in den anderen EU-Ländern und in den USA. Was wird Premierminister | |
| David Cameron am Freitag sagen, wenn er in Amsterdam seine Grundsatzrede zu | |
| Europa hält? Es ist viel spekuliert worden in den letzten Tagen, was zu der | |
| absurden Situation geführt hat, dass Cameron in Interviews Stellung zu | |
| einer Rede beziehen musste, die er noch gar nicht gehalten hat. | |
| Aber es ist ja bekannt, was er will. Er möchte, dass Großbritannien in der | |
| EU bleibt. Aber er will die Mitgliedschaft neu verhandeln. So sollen | |
| bestimmte Rechte, die an Brüssel übertragen worden sind, nach London | |
| zurückgeholt werden, vor allem was den Arbeitsschutz und die | |
| Arbeitszeitregelung sowie die Sozial- und Justizgesetzgebung betrifft. Um | |
| diese Punkte durchzusetzen, will er die Revision des Vertrags von Lissabon | |
| nutzen, die in den nächsten fünf Jahren ansteht. Das neu ausgehandelte | |
| Paket will er den Briten 2018 zur Volksabstimmung vorlegen, falls er dann | |
| noch im Amt ist. | |
| Im Grunde ist Camerons Rede also überflüssig. Sie ist vor allem an seine | |
| eigenen Hinterbänkler gerichtet, weil er Zeit gewinnen will. Europa war | |
| schon immer ein Thema, bei dem die Tories gespalten sind, doch jetzt sind | |
| die Euroskeptiker im Aufwind. Viele wollen ein sofortiges Referendum über | |
| den Verbleib in der EU, mit dem Status quo ist kaum ein Tory-Abgeordneter | |
| zufrieden. | |
| ## Mehrheit für Austritt | |
| Ihnen sitzt die EU-feindliche United Kingdom Independence Party (Ukip) im | |
| Nacken, die bei Regional- und Europawahlen an Boden gewonnen hat. Da bei | |
| Umfragen lediglich 45 Prozent der Briten für den Verbleib in der EU und 51 | |
| Prozent für den Austritt sind, müssen viele Tories um ihren Unterhaussitz | |
| bangen. Nur in Acton stellt Ukip traditionell keinen Kandidaten auf, weil | |
| ihnen der dortige Tory Douglas Carswell europafeindlich genug erscheint. | |
| Carswell hatte vor den Wahlen versprochen, sich für den EU-Austritt stark | |
| zu machen. Am Dienstag sagte er: „Wenn Cameron den Briten sein neues Paket | |
| im Referendum vorlegt, geht das entweder als Davids neuer Deal in die | |
| Geschichte ein, oder er ist weg vom Fenster. Das würde uns Möglichkeiten | |
| eröffnen, an die wir bisher noch gar nicht gedacht haben.“ | |
| Das kleine Häuflein Pro-Europäer bei den Tories, angeführt von Kenneth | |
| Clarke, dem Minister ohne Portfolio, beobachtet die Entwicklungen mit | |
| Sorge. „Wenn einem klar wird, dass man keine Chance hat, seine Forderungen | |
| im Parlament durchzusetzen, verlangt man ein Referendum“, sagte Clarke. | |
| „Das haben die Befürworter der Todesstrafe und der öffentlichen | |
| Auspeitschungen in den siebziger Jahren auch getan.“ Durch die | |
| „opportunistischen Forderungen“ riskiere Großbritannien nicht nur seinen | |
| Einfluss in Europa, sondern auch in den USA. | |
| ## Ende der ökonomischen Kontrolle | |
| Nigel Sheinwald, ehedem britischer Botschafter in Washington und früher | |
| Diplomat in Brüssel, stimmt ihm zu. Sollte sich Großbritannien an den Rand | |
| der EU manövrieren, so werde das Land nicht mehr länger das Tor für | |
| US-Investments in Europa sein, warnte er: „Firmen aus den USA und dem | |
| Fernen Osten haben sich in London niedergelassen, weil wir sie überzeugt | |
| haben, dass Großbritannien der beste Standort für den Zugang zum | |
| europäischen Markt ist.“ Philip Gordon, US-Unterstaatssekretär für | |
| europäische Angelegenheiten, riet Cameron vorige Woche dringend davon ab, | |
| ein Referendum abzuhalten. | |
| Die Euroskeptiker bei den Tories lassen sich davon nicht beeindrucken. Sie | |
| haben sich in der Gruppe „Fresh Start“ organisiert und legten am Mittwoch | |
| ihren Forderungskatalog vor: die komplette Rückübertragung der Sozial- und | |
| Arbeitsgesetzgebung nach London, Ausstieg aus dem europäischen | |
| Strafjustizsystem, ein Vetorecht gegen Regulierung der Finanzdienste sowie | |
| ein Ende der Plenarsitzungen des Europaparlaments in Straßburg. Bill Cash, | |
| der Vorsitzende des Europaausschusses im Unterhaus, warf den Pro-Europäern | |
| mit einem Shakespeare-Zitat den Fehdehandschuh hin: „Bei Philippi sehen wir | |
| uns wieder.“ | |
| 18 Jan 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Sotscheck | |
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