| # taz.de -- Republikaner demontieren Arbeiterrechte: Blitzkrieg in Michigan | |
| > Mit dem „Right to Work“-Gesetz wollen Republikaner in den USA | |
| > Gewerkschaften kleinkriegen. Dahinter steckt die Industrie-Lobby, die auf | |
| > Lohndumping setzt. | |
| Bild: Gewerkschafter protestieren vor dem Capitol in Lansing gegen das „Right… | |
| WASHINGTON taz | In Michigan, dem Geburtsort der US-Autoindustrie, braut | |
| sich eine neue Konfrontation zusammen. In einem Blitzkrieg versucht die | |
| republikanische Partei die Gewerkschaftsrechte in dem Bundesstaat | |
| auszuhöhlen. | |
| Weniger als eine Woche nach der Vorstellung eines ironischerweise „Right to | |
| Work“ genannten Gesetzes im State House in Lansing könnte Gouverneur Rick | |
| Snyder es schon am Dienstag mit seiner Unterschrift für gültig erklären. | |
| Gewerkschaften und Demokratische Partei kündigen Widerstand an. | |
| Anders als bei vorausgegangenen Attacken auf Gewerkschaftsrechte in | |
| Wisconsin und Indiana bekommen sie dabei Unterstützung von Barack Obama. | |
| „Worum es hier wirklich geht, ist das Recht, für weniger Geld zu arbeiten“, | |
| sagte der Präsident am Montag bei einem Besuch in einem LKW-Werk von | |
| Daimler in der Nähe von Detroit. Er fügte ungewöhnlich scharf hinzu: „Wir | |
| sollten kein Wettrennen nach unten machen“. | |
| Die republikanische Partei in Lansing hat erst Ende November damit | |
| begonnen, über das Projekt des „Freedom to Work“-Gesetzes zu sprechen. | |
| Mehrere weit rechts stehende Lobby-Gruppen der Industrie, darunter die von | |
| den Ölmilliardären Koch-Brothers mitfinanzierte „Americans for Prosperity�… | |
| versuchen seit langem schon, derartige Gesetze in allen Bundesstaaten der | |
| USA zu bekommen. | |
| Doch in Michigan hatte Gouverneur Snyder, ein früherer | |
| Risikokapital-Spekulant der seit Anfang 2011 im Amt ist, noch vor wenigen | |
| Monaten erklärt, er wolle die gewerkschaftlichen Rechte nicht antasten. | |
| ## Gesetz im Schnellverfahren | |
| Am vergangenen Donnerstag winkte die republikanische Mehrheit das Gesetz im | |
| Schnellverfahren durch das State House. Kritiker vermuten, dass der | |
| republikanische Blitzkrieg ein Versuch ist, Protestbewegungen erst gar | |
| keine Gelegenheit zu geben, sich zu entwickeln. | |
| Im vergangenen Jahr hatten die Republikaner mit Gesetzen gegen die Rechte | |
| von Beschäftigten in Wisconsin und Ohio jeweils massive Demonstrationen | |
| ausgelöst. In Wisconsin erreichte die soziale Bewegung letztlich die | |
| vorzeitige Abwahl mehrerer republikanischer Politiker – nicht jedoch die | |
| von Gouverneur Scott Walker. | |
| In Ohio brachte die Opposition das gewerkschaftsfeindliche Gesetz letztlich | |
| per Referendum zu Fall. | |
| ## Gewerkschaften trockenlegen | |
| Das Gesetz in Michigan zielt direkt auf die Finanzen der Gewerkschaften ab. | |
| Sie sollen mithilfe niedrigerer Beiträge ausgetrocknet werden. Bislang | |
| werden die Gewerkschafts-Beiträge jeweils in den von Gewerkschaften und | |
| Management ausgehandelten kollektiven Arbeitsverträgen festgelegt. Künftig | |
| sollen die Beiträge zu „freiwilligen Leistungen“ werden. | |
| Allerdings sollen die Gewerkschaften in den Betrieben weiterhin die | |
| Interessenvertretung sämtlicher Beschäftigten wahrnehmen – auch jener, die | |
| keine Beiträge bezahlen. | |
| Diese Praxis, die in den USA „Right to Work“ genannt wird, ist bereits in | |
| 23 der 50 US-Bundesstaaten geltendes Recht. Darunter in sämtlichen | |
| Süd-Staaten und zunehmend in den Staaten des Mittleren Westens. Michigan | |
| würde der Right-to-Work-Bundesstaat Nummer 24. | |
| Wo immer auf Druck von Unternehmern und konservativen Politikern „Right to | |
| Work“-Gesetze eingeführt wurden, gingen kurzfristig die Mitgliederzahlen | |
| und Einnahmen der Gewerkschaften zurück. | |
| ## Sinkende Löhne | |
| Längerfristig sinken auch die Löhne, sowie die Arbeitgeberbeiträge zu | |
| Kranken- und Rentenversicherung und der Schutz am Arbeitsplatz. Nach | |
| Recherchen des „[1][Center for American Progress]“ verdienen Arbeiter in | |
| „Right-to-Work“ Staaten durchschnittlich 1.500 Dollar weniger pro Jahr. | |
| „Dies ist ein trauriger Tag in Amerika“, sagt Stephen Madarasz von der | |
| größten New Yorker Beamten-Gewerkschaft, „[2][Civil Service Employees | |
| Association]“. Er sorgt sich über das „extremistische Programm zur | |
| Entrechtung von Arbeitern in diesem Land“. | |
| Chris Townsend von den „United Electrical Workers“ in Washington spricht | |
| von einer „illegitimen Attacke, die von Big Money finanziert wird“. Und in | |
| Lansing, wo am Dienstag ein Aktionstag gegen das Gesetz geplant ist, | |
| erklärt Sara Wallenfang von der [3][AFL-CIO]: „Dies ist ein krasser | |
| Versuche der Reichsten in Michigan, uns zum Schweigen zu bringen.“ | |
| Der gewerkschaftliche Organisationsgrad in Michigan mit den drei großen | |
| US-Autoherstellern General Motors, Ford und Chrysler ist mit 17 Prozent der | |
| Beschäftigten für US-Verhältnisse immer noch hoch. Doch seit den 60er | |
| Jahren sind die Mitgliedszahlen um 40 Prozent gesunken. | |
| ## Teure Kampagnen | |
| Schon im November haben die Gewerkschaften in Michigan bereits eine | |
| politische Niederlage verzeichnet. Sie hatten 23,4 Millionen Dollars in | |
| eine Kampagne investiert, um das Recht auf kollektive Interessenvertretung | |
| in der Verfassung des Bundesstaates zu verankern. Die andere Seite – | |
| unterstützt von denselben Unternehmensgruppen, die auch das „Freedom to | |
| Work“ Gesetz wollen – investierte 35 Millionen Dollar in ihre | |
| Gegenkampagne. | |
| Die republikanischen Autoren des Gesetzes in Michigan argumentieren mit der | |
| Wettbewerbsfähigkeit. Nachdem der südliche Nachbarstaat Indiana Anfang des | |
| Jahres ein „Right-to-Work“-Gesetz eingeführt hat, seien dort neue | |
| Arbeitsplätze entstanden, erklären sie – unter anderem bei Android | |
| Industries in Fort Wayne. | |
| Das Management von Android Industries hat seine Standortentscheidung | |
| ausdrücklich mit dem neuen „Right to Work“ Statut von Indiana begründet. | |
| 11 Dec 2012 | |
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| [2] http://www.csealocal1000.org/ | |
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| ## AUTOREN | |
| Dorothea Hahn | |
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