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# taz.de -- Debatte Steuerabkommen: Kriminelle Schweiz
> Die Eidgenossen werden ihre Beihilfe zur Steuerhinterziehung nur
> einstellen, wenn sie weiter Druck bekommen. Das zeigt das Beispiel USA.
Bild: Hängen ihr Fähnchen nur unter Druck in den Wind: Die Schweizer.
Für die endgültige Beerdigung des Deutsch-Schweizer Steuerabkommens äußern
in der Schweiz neben der „Erklärung von Bern“ und anderen
steuerfluchtkritischen Nichtregierungsorganisationen lediglich
Sozialdemokraten und Grüne Verständnis.
Wie ihre deutschen ParteifreundInnen halten sie das von den Regierungen in
Bern und Berlin ausgehandelte Abkommen für ungerecht und ineffektiv, weil
es bisherige Steuerbetrüger mit einer weitgehenden Amnestie belohnt und
keinen verlässlichen Mechanismus enthält, um künftig Steuerflucht in die
Schweiz zu verhindern.
Und wie SPD, Grüne und Linke in Berlin fordern sie ebenfalls, dass die
Schweiz im Rahmen einer ehrlichen „Weißgeldstrategie“ mit Deutschland sowie
anderen EU-Staaten endlich den automatischen Informationsaustausch
vereinbart sowie eine angemessene Nachbesteuerung bisheriger
Steuerflüchtlinge.
## Wagenburgmentalität
Doch die Regierung in Bern, die Bankiervereinigung und der neoliberale
Wirtschaftsdachverband Economiesuisse zeigen sich – noch – einig:
Nachverhandlungen werde es „nicht geben“, weil „eine gute Regelung allein
an Deutschland gescheitert“ sei – und zwar ausschließlich an den
Wahlkampfkalkülen der deutschen Oppositionsparteien.
Diese Interpretation der innerdeutschen Debatte vermitteln selbst halbwegs
kritische Zeitungen wie der Zürcher Tagesanzeiger. Weitgehend unterschlagen
wird in dieser Berichterstattung, dass die deutschen Oppositionsparteien
unabhängig von der Bundestagswahl nicht nur triftige sachliche Gründe für
ihre Haltung haben, sondern auch erheblichen Anlass zu Misstrauen gegen
Schweizer Banken und die Schweizer Regierung.
Denn die Banken und alle Schweizer Regierungen in den Jahrzehnten seit dem
Zweiten Weltkrieg waren – und sind es teils immer noch – aktive Mittäter
und Beihelfer zu Kapital-und Steuerflucht aus Deutschland und vielen
anderen Ländern. Das ist nicht nur in Deutschland, sondern in den meisten
der 193 UNO-Staaten ein strafbewehrtes Verbrechen. In der Debatte innerhalb
der Schweiz wird dieses Verbrechen aber immer noch als Kavaliersdelikt
verharmlost. Zur Rechtfertigung und Verharmlosung dieses Delikts wird gern
auf die „zu hohe Steuerbelastung“ in anderen Länder verwiesen oder darauf,
dass schließlich auch schon einmal ein deutscher Bundeskanzler mithilfe des
heutigen Finanzministers illegale Parteispenden bei Schweizer Banken
versteckt habe.
Gegen diese vor allem in der Deutschschweiz nach wie vor ausgeprägte
Wagenburg- und Rosinenpickermentalität hilft nur verstärkter Druck, wie die
letzten 20 Jahre zeigen. Nur auf erheblichen Druck aus Washington gaben die
Schweizer Banken und die Regierung Anfang der 90er Jahre endlich die
skandalöse Ausraubung angeblich „nachrichtenloser“ Konten jüdischer
BürgerInnen aus der NS-Zeit zu und erklärten sich zu einer
„Wiedergutmachungszahlung“ in Höhe von 1,2 Milliarden Franken bereit.
## Vorwärts mit Walter-Borjans!
Ebenfalls nur unter massivem Druck US-amerikanischer Steuerbehörden
beendeten UBS, Credit Suisse und andere Schweizer Banken in den letzten
zwei Jahren ihre aktive Mittäterschaft bei der Steuerflucht von
US-BürgerInnen. Dabei räumte die Schweiz in immer schnelleren Wendungen
eine Position nach der anderen, die kurz zuvor noch als „rote Linie“ oder
„unaufgebbar“ galt. Zumindest im Verhältnis zu den USA ist das einst
hochheilige Schweizer Bankgeheimnis inzwischen nur noch ein Torso.
In einem bilateralen Abkommen mit den USA musste sich die Schweiz zum
automatischen Informationsaustausch verpflichten, den sie im Verhältnis zu
den EU-Staaten derzeit noch strikt ablehnt. Doch auch diese Bastion und der
Rest des Bankgeheimnisses – das die jahrzehntelangen kriminellen Praktiken
der Schweiz erst ermöglichte – werden sehr bald fallen, wenn der Druck aus
Deutschland und anderen EU-Staaten jetzt nicht nachlässt.
Solange die Schweiz ihre Bringschuld zur Beendigung ihrer
Steuerfluchtverbrechen nicht erfüllt, sind der Ankauf und die Auswertung
von CDs mit den Daten von deutschen Steuerflüchtlingen nicht nur legitim,
sondern unerlässlich. Daher ist zu hoffen, das der nordrhein-westfälische
Finanzminister Norbert Walter-Borjans und seine KollegInnen in anderen
Bundesländern dieses Druckmittel nach dem Scheitern des Steuerabkommens
noch verstärkt nutzen.
## Armani-Gürtel enger schnallen
Infolge des Scheiterns des Steuerabkommens würden die Ansprüche der
öffentlichen Haushalte auf 10 Milliarden Euro Steuernachzahlungen
verjähren, hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble der Opposition
vorgeworfen. Abgesehen davon, dass bislang jeder Beleg für diese Summe
fehlt: Wenn das nicht nur Wahlkampfgetöse ist, und wenn der
Bundesfinanzminister ernsthaftes Interesse hat, einen möglichst großen Teil
dieser Steuerschulden einzutreiben, sollte er jetzt die Strategie des
verstärkten Drucks auf die Schweiz durch den Ankauf von CDs aktiv
unterstützen, anstatt sie als illegal zu verunglimpfen.
Wie eine überzeugende „Weißgeldstrategie“ aussieht, zeigt Liechtenstein,
das bis vor wenigen Jahren ebenso skrupellos, erfindungs- und erfolgreich
wie die Schweiz bei der kriminellen Anwerbung und der Verschleierung
ausländischer Steuerfluchtgelder agierte. Die Weißgeldstrategie, die die
Anonymisierung von Konten beendete, hat Lichtenstein nicht wirtschaftlich
ruiniert und würde auch die Schweiz – eines der fünf reichsten Länder der
Welt – nicht ruinieren.
Allerdings: Würden Schweizer Banken nur noch steuerkonforme ausländische
Gelder akzeptieren, gingen nach Überzeugung des ehemaligen
UBS-Verwaltungsratspräsidenten Peter Kurer innerhalb von fünf Jahren bis zu
40.000 Arbeitsplätze im Finanzsektor verloren. Diese Zahl ist ein Indiz für
die wirtschaftliche Dimension und Bedeutung der bisherigen kriminellen
Steuerfluchtpraktiken. Vorrangig profitiert haben von diesen Praktiken
bislang einige zehntausend Schweizer. Bei einer Weißgeldstrategie müssten
sie den Gürtel etwas enger schnallen. Aber der Gürtel wäre immer noch
original Armani, keine billige Kopie.
16 Dec 2012
## AUTOREN
Andreas Zumach
Andreas Zumach
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