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# taz.de -- Prepaid für arme Stromkunden: Aufladen und abstromen
> Verbrauchern mit niedrigem Einkommen wird der Saft abgedreht, wenn sie
> die Rechnung nicht zahlen. Ein Mobilfunkmodell könnte das Problem lösen.
Bild: Kein Strom? Das soll nicht sein, fordern Verbände und Parteien
FREIBURG taz | Die Stromversorger haben im vergangenen Jahr 312.000-mal
Stromkunden die Versorgung gesperrt – weil sie ihre Rechnung nicht bezahlt
haben. Die Linkspartei fordert daher nun ein Verbot von Stromsperren, diese
seien „eine soziale Katastrophe“.
Auch in der Wissenschaft hat diese Idee längst Freunde. Michael Kopatz,
Wissenschaftler am Wuppertal Institut, forderte jüngst im Fachmagazin
Energiewirtschaftliche Tagesfragen ein genau solches Verbot – und
präsentierte zugleich ein Alternativmodell. Er schlägt ein Gesetz vor, das
dem Kunden die kostenlose Installation eines Prepaid-Zählers garantiert,
wenn er die Rechnung nicht zahlen kann. Damit ließen sich die mit
Energiearmut einhergehenden Probleme mindern, auch weil Prepaid-Kunden
erfahrungsgemäß bewusster mit Strom umgingen, erklärt Kopatz.
Kompliziert sei dieses System nicht: „In Deutschland gibt es rund 40
Millionen Prepaid-Handys, deren Konzept jedes Kind versteht.“ Das Handy als
Vorbild – diese Idee findet inzwischen breite Unterstützung, von
Verbraucherverbänden bis hin zur Energiewirtschaft. „Elektronische
Vorauszahlungssysteme sind gut geeignet, den Konflikt um Stromsperren zu
entschärfen“, sagt Aribert Peters, Vorsitzender des Bundes der
Energieverbraucher.
„Der Versorger bekommt sein Geld für den gelieferten Strom, und der
Verbraucher muss nicht auf Strom verzichten“, so Peters weiter. Allerdings
müsse sichergestellt sein, dass die Kosten der Prepaid-Zähler und die
entsprechenden Stromtarife den Verbraucher nicht zusätzlich belasten, weil
die Energie unterm Strich sogar teurer wird.
## Schnellerer Anbieterwechsel möglich
Ähnlich sieht man das beim Verbraucherzentrale Bundesverband: „Wo
Energieschulden drohen, sind Prepaid-Stromzähler sinnvoll“, sagt deren
Energiereferent Thorsten Kasper. Zudem erlaube ein solcher Zähler einen
schnelleren Anbieterwechsel: Man kaufe sich einfach eine Karte vom Anbieter
seiner Wahl und könne dann sofort über das entsprechende Kontingent an
Strom verfügen.
Selten war sich die Energiewirtschaft mit den Verbraucherschützern so
einig: „Stromzähler mit Prepaid-Funktion können eine sinnvolle Möglichkeit
sein, Haushalte mit Zahlungsschwierigkeiten bei einem bewussten Umgang mit
knappen finanziellen Ressourcen und Energie zu unterstützen“, sagt ein
Sprecher des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft BdEW.
Erste Versorger, wie etwa die Stadtwerke Völklingen, installieren solche
Zähler bereits bei säumigen Kunden – offene Rechnungen in Millionenhöhe
lassen mitunter auch keine andere Wahl. Immer wieder wird in der Diskussion
auf das Beispiel Großbritannien verwiesen, wo 3,4 Millionen Münzzähler für
Strom und 2,1 Millionen Münzzähler für Gas installiert sind.
## Elegante Lösung
Diese Prepaid-Variante, die die Briten seit Jahrzehnten nutzen, steht in
Deutschland allerdings weniger zur Diskussion. Eher geht es um eine
elektronische Lösung, ähnlich dem Prepaid-Handy, das sich heute elegant per
Überweisung mittels Online-Banking oder im Telefonladen aufladen lässt. Mit
den digitalen Stromzählern ist sogar ein Wechsel des Zahlungsmodus möglich
– von Abschlagsrechnung zur Vorkasse und umgekehrt, das alles per
Fernsteuersignal durch den Energieversorger.
Damit wären keine Sperrkassierer mehr nötig. Und die Kosten der Technik
sind überschaubar: Die Aufrüstung eines elektronischen Zählers auf das neue
Prepaid-System kostet nur einmalig rund 30 Euro.
14 Dec 2012
## AUTOREN
Bernward Janzing
Bernward Janzing
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