# taz.de -- Durchleitungskosten steigen: Verbraucher zahlt Stromnetz | |
> Die Transportkosten für Strom erhöhen sich deutlich. Zusätzlich zur | |
> Ökostromabgabe müssen die Verbraucher bis zu 20 Euro jährlich mehr | |
> ausgeben. | |
Bild: Baukosten werden auf den Bürger umgelegt | |
BERLIN taz | Den Stromkunden in Deutschland drohen nach der Erhöhung der | |
Ökostromumlage im kommenden Jahr weitere Zusatzkosten. Die Gebühren für | |
Betreiber von Elektrizitätsnetzen nähmen zu, erklärte die Bundesnetzagentur | |
in Bonn. | |
Eine Ursache sind offenbar Investitionskosten für den überregionalen | |
Leitungsbau, die die Netzbetreiber an die Stromversorger und damit indirekt | |
an die Verbraucher weiterreichen. Der Ökostromanbieter Lichtblick wies | |
darauf hin, dass die Netzkosten die Verbraucher stärker belasten als der | |
Preisaufschlag für die erneuerbaren Energien. | |
Genaue Zahlen zu den Netzkosten will die Regulierungsbehörde noch nicht | |
nennen. Klar ist aber jetzt schon, dass die Erhöhung je nach Stromanbieter | |
und Netzfirma unterschiedlich stark ins Gewicht fällt. Die Stadtwerke | |
Dresden etwa kündigten an, die im Endkundenpreis enthaltenen Netzkosten um | |
23 Prozent anzuheben. | |
Bei den Stadtwerken Leipzig dagegen sind es 14 Prozent. Die Firma Mitnetz | |
in Ostdeutschland will den Privathaushalten zwölf Prozent mehr in Rechnung | |
stellen. Deutschlandweit steigen die Netzentgelte laut Verivox – einem | |
Preisvergleichs-Portal im Internet – um durchschnittlich zehn Prozent. | |
Die Gebühren für den Stromtransport machen heute etwa ein Viertel des | |
Preises pro Kilowattstunde aus – ungefähr sechs von 25 Cent. Die Steigerung | |
um zehn Prozent verteuert die durchschnittliche Kilowattstunde (Kwh) | |
deshalb um ungefähr 0,6 Cent. | |
## Preisumlage auf den Verbraucher | |
Für einen deutschen Durchschnittshaushalt mit einem Verbrauch von 3.200 Kwh | |
bedeutet dies eine rechnerische Preiserhöhung um 19,20 Euro pro Jahr. Der | |
mittlere Mieterhaushalt mit einem Verbrauch von 2.250 Kwh müsste 13,50 Euro | |
jährlich mehr bezahlen. Diese Summen kommen zu den 40 bis 60 Euro hinzu, | |
die normale Haushalte ab 2013 für die Förderung von Sonnen- und | |
Windkraftwerken möglicherweise zusätzlich zahlen müssen. Welche Kosten die | |
Stromlieferanten tatsächlich an ihre Kunden weitergeben, ist noch nicht | |
klar. | |
Das Ökounternehmen Lichtblick und regionale Stromfirmen führen die | |
steigenden Kosten auf höhere Netzentgelte zurück, die ihnen die Betreiber | |
des Höchstspannungsnetzes künftig in Rechnung stellen wollten. Die Firma | |
Tennet, die Höchstspannungsleitungen betreibt, bestätigte Preisanhebungen | |
für das überregionale Stromnetz. | |
Die Ursache liege unter anderem im notwendigen Ausbau der Übertragungsnetze | |
für die Energiewende. Die Netzbetreiber planen unter anderem, vier neue | |
Höchstspannungstrassen zu bauen, die die Elektrizität der Windparks auf See | |
nach Süddeutschland leiten sollen. | |
## Zwangsreserve für Netzbetreiber | |
Nach Informationen des Energieversorgers Badenova in Freiburg kommt hinzu, | |
dass die Übertragungsnetzbetreiber „Regelungsenergie als Reserve einkaufen | |
müssen, um in Zeiten schwacher Winde oder geringer Sonneneinstrahlung den | |
Ausfall der regenerativen Energien auszugleichen“. | |
Die Hamburger Ökostromfirma Lichtblick kritisierte „die staatliche | |
Garantie-Rendite von neun Prozent für die Netzbetreiber“. Der Netzbetrieb | |
sei risikofrei und spiele überhöhte Monopolrenditen ein. „Die Lasten trägt | |
der Stromverbraucher“, sagte Lichtblick-Chef Heiko von Tschischwitz. | |
Allerdings kann kein Netzbetreiber in Deutschland die Netzkosten | |
selbstständig festlegen. Vielmehr müssen sie von der Bundesnetzagentur | |
genehmigt werden. Den Unternehmen billigt die Behörde dabei | |
Eigenkapitalrenditen vor Steuern von bis zu neun Prozent zu, die jedoch nur | |
wenige Firmen erreichen. Meistens liegen die Netzgewinne niedriger. | |
18 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
Hannes Koch | |
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