# taz.de -- Hartz-IV-Regelsatz zu knapp: 9,30 Euro mehr, damit es hell bleibt | |
> Bezieher von Arbeitslosengeld II können oft ihre Stromkosten nicht | |
> zahlen. Die Caritas fordert daher einen höheren Regelsatz. | |
Bild: Arbeitslos und zwangsweise oft zu Hause? Dann bleibt das Licht bald aus | |
BERLIN taz | Der Deutsche Caritasverband fordert mehr Geld für | |
Hartz-IV-Bezieher, damit diese ihre Stromkosten begleichen können. Aktuell | |
fehlten einem Einpersonenhaushalt rund 9,30 Euro monatlich im Budget, sagte | |
Caritas-Generalsekretär Georg Cremer am Montag. | |
Der katholische Wohlfahrtsverband hat dafür Daten aus seiner | |
Energieberatung „Stromspar-Check“ ausgewertet. Stromlotsen besuchen dafür | |
Haushalte und geben Tipps, wie man Energie sparen kann. Die Caritas kam auf | |
diesem Wege bundesweit an Verbrauchsdaten von 80.000 einkommensarmen | |
Haushalten heran, darunter 3.000 Ein-Personen-Haushalte, die das | |
Arbeitslosengeld II („Hartz IV“) erhalten. Herausgekommen sei bei der | |
Auswertung der Daten, dass diese Haushalte mehr Strom verbrauchen, als im | |
Regelsatz veranschlagt. Derzeit beträgt der Regelsatz 382 Euro im Monat, | |
knapp 33 Euro davon sind zum Bezahlen von Strom vorgesehen. | |
„Der Stromverbrauch von ALG-II-Empfängern ist unter anderem deshalb höher, | |
weil sie häufiger zu Hause essen und tagsüber häufiger zu Hause sind als | |
Personen mit einem Einkommen oberhalb der Grundsicherung“, sagte Georg | |
Cremer. Er spricht damit das Problem an, wie der Regelsatz berechnet wird. | |
Zugrunde gelegt werden Statistiken, was der ärmste Teil der | |
Niedriglohnbezieher für den Alltagsbedarf ausgibt. Darauf werden noch | |
Abschläge vorgenommen. | |
Die Caritas forderte am Montag nicht nur 9,30 Euro mehr im Monat für Strom, | |
sondern auch, dass der Regelsatz umgehend an die rasch steigenden | |
Strompreise angepasst wird. Bisher geschehe das zu langsam und zudem nicht | |
vollständig. Außerdem bräuchten arme Haushalte mehr Geld, um sich | |
energieeffizientere Geräte wie Kühlschränke anzuschaffen. | |
## 312.000 Haushalte saßen 2011 im Dunkeln | |
Der Wohlfahrtsverband plädiert darüber hinaus für die Durchführung | |
energetischer Gebäudesanierungen, um langfristig den Energieverbrauch zu | |
deckeln. Allerdings taucht da ein weiteres Problem auf: Sanierungskosten | |
treiben die Mieten in die Höhe. Und bereits heute muss sich mancher | |
Hartz-IV-Bezieher mit den Jobcentern um die Unterkunftskosten streiten. | |
Denn was das Amt gewährt, reicht, zumal in Ballungsgebieten, oft nicht aus. | |
Alle real anfallenden Kosten müssten jedoch von den Jobcentern oder | |
Sozialämtern übernommen werden, verlangt die Caritas. | |
Wenn das Geld für den Energiebedarf nicht reicht, sparen Hartz-IV-Bezieher | |
oder allgemein einkommensschwache Haushalte oft beim Essen oder bei anderen | |
alltäglichen Dingen, um nicht im Dunkeln zu sitzen. Das klappt aber nicht | |
immer. So ist 2011 312.000 Haushalten der Strom gesperrt worden, hat die | |
Bundesnetzagentur im vergangenen Jahr zum ersten Mal bundesweit ermittelt. | |
Zumindest Kranken, Älteren, Schwangeren oder Haushalten mit Kindern dürfe | |
der Strom nie gekappt werden, fordert die Caritas. | |
Im Bundesarbeitsministerium wies man Kritik an der Berechnung des | |
Regelsatzes am Montag zurück: „Der Regelbedarf ist so ausgestaltet, dass er | |
den existenznotwendigen Bedarf deckt“, sagte eine Sprecherin der taz. Es | |
gebe aus Sicht der Bundesregierung keinen Anlass, von diesem sorgfältig | |
entwickelten und von der Rechtsprechung bereits in vielen Urteilen | |
bestätigten Verfahren abzuweichen. | |
5 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Eva Völpel | |
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