# taz.de -- Zentralafrikanische Republik: Krieg im Land der Diamanten | |
> In nur zehn Tagen hat eine neue Koalition bewaffneter Aufständischer | |
> weite Teile der Zentralafrikanischen Republik erobert. Jetzt kommt | |
> Tschads Armee. | |
Bild: Obo in der Zentralafrikanischen Republik. | |
BERLIN taz | Im Herzen Afrikas tobt ein neuer Bürgerkrieg. Tief in den | |
dünnbesiedelten Savannen der Zentralafrikanischen Republik sind | |
Buschrebellen in nur zehn Tagen Hunderte von Kilometern vorgerückt und | |
fordern jetzt die Regierung von Präsident François Bozizé in der Hauptstadt | |
Bangui direkt heraus. Weil die marode zentralafrikanische Armee nicht in | |
der Lage ist, sich der Rebellenkoalition „Seleka“ („Allianz“) effektiv | |
entgegenzustellen, hat die Regierung des nördlichen Nachbarn Tschad | |
Eingreiftruppen geschickt. | |
Am Donnerstag tobten heftige Kämpfe um die Kleinstadt Kabo, die die | |
Rebellen am Vortag von Osten her eingenommen hatten. Die tschadischen | |
Truppen organisierten eine Gegenoffensive aus Kaga Bandoro heraus, wo | |
Präsident Bozizé sie am Mittwochabend begrüßt hatte. | |
Bozizé regiert die Zentralafrikanische Republik seit zehn Jahren. Damals | |
hatte er selbst als Bürgerkriegsführer die Macht ergriffen und den | |
gewählten Präsidenten Ange-Félix Patassé gestürzt. Bozizé war damals Chef | |
der zentralafrikanischen Streitkräfte, war in den Aufstand gegen Patassé | |
gegangen und hatte seinen Krieg mit diskreter Hilfe Tschads gewonnen. | |
Patassé hatte vergeblich den damaligen kongolesischen Rebellenführer | |
Jean-Pierre Bemba zu Hilfe geholt, der jetzt wegen der Untaten seiner | |
Kämpfer während ihres zentralafrikanischen Abenteuers in Den Haag vor dem | |
Internationalen Strafgerichtshof steht. Die Konflikte der | |
Zentralafrikanischen Republik haben also eine regionale Dimension. | |
## Mehrere Friedensabkommen | |
Rebellen gegen Bozizé gibt es, seit Bozizé regiert. Sie agieren im | |
Nordwesten des Landes, Patassés Heimatregion, und im äußersten Osten, einem | |
faktisch staatenlosen Gebiet an den Grenzen zu Sudan und Südsudan, wo sich | |
mittlerweile auch die ugandische Rebellenarmee LRA (Widerstandsarmee des | |
Herrn) festgesetzt hat. 2007 musste Frankreich militärisch eingreifen, um | |
einen Vormarsch der Aufständischen im Osten zu stoppen. | |
In einer Reihe von Friedensabkommen hatte es Bozizé seitdem geschafft, eine | |
Rebellion nach der anderen zu beenden. Weite Teile der Zentralafrikanischen | |
Republik waren aber unsicher geblieben, mit mächtigen Netzwerken von | |
Straßenräubern, deren Aktivitäten von Kamerun bis Sudan reichen und die in | |
den zentralafrikanischen Weiten zahlreiche Reichtümer finden, von Diamanten | |
bis Elefanten. | |
Jetzt leben die Rebellen wieder auf. Sie kritisieren, Bozizé halte sich | |
nicht an seine Versprechen, und die Demobilisierung oder Armeeeingliederung | |
ehemaliger Aufständischer verlaufe zu schleppend. Schon Ende November kam | |
es zu Kämpfen im Nordwesten des Landes. Am 10. Dezember eroberten | |
bewaffnete Gruppen die Stadt Ndélé, am 18. Dezember die Stadt Bria – zwei | |
Zentren des Diamantenhandels. Dazwischen fielen weitere Städte (siehe | |
Karte). Zahlreiche Regierungssoldaten wurden bei diesen Angriffen getötet, | |
viel Rüstungsmaterial fiel an die Aufständischen. Präsident Bozizé traut | |
seiner eigenen Armee wenig zu: Er hat tschadische Soldaten in seine | |
Präsidialgarde aufgenommen. | |
Als ein Führer der Rebellen tritt Michel Djotodia auf, Führer einer | |
Dissidentenfraktion der ehemaligen Rebellenarmee UFDR (Union Demokratischer | |
Kräfte für die Sammlung). Zwei weitere ehemalige Rebellengruppen haben sich | |
mit dieser Fraktion zur Koalition „Seleka“ zusammengeschlossen. | |
Die Einnahme von Bria, das außerhalb der traditionellen Kriegsgebiete | |
liegt, wirkte in der Hauptstadt Bangui am Dienstag wie ein Weckruf. Die | |
Parlamentsabgeordneten unterbrachen ihre Sitzung und versammelten sich zu | |
einer Demonstration, angeführt von Parlamentspräsident Célestin Gombalet, | |
dessen Wahlkreis Bria ist. Damit vermieden sie es auch, den Staatshaushalt | |
2013 verabschieden zu müssen. Jetzt wird heftig diskutiert, unter welchen | |
Umständen politischer Dialog möglich ist. Falls das scheitert, droht ein | |
Staatszerfall direkt neben den Krisenländern Kongo und Südsudan. | |
21 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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