# taz.de -- Regierungskrise in Italien: Super-Mario will weiter mitmischen | |
> Der scheidende italienische Ministerpräsident Mario Monti ist bereit, | |
> auch nach den Wahlen am 24. und 25. Februar politische Verantwortung zu | |
> übernehmen. | |
Bild: Europa im Rücken: Mario Monti auf seiner Pressekonferenz. | |
ROM taz | Er tritt nicht an bei den Wahlen – doch mitmischen möchte er | |
schon, zur Not auch wieder als Regierungschef nach dem nächsten Urnengang: | |
Diese Marschroute verkündete der gerade zurückgetretene italienische | |
Ministerpräsident Mario Monti auf seiner Jahresend-Pressekonferenz am | |
Sonntag. | |
„Mission vollbracht“, mit diesen Worten habe er am Freitag seinen Rücktritt | |
bei Staatspräsident Giorgio Napolitano eingereicht, unmittelbar nach der | |
Verabschiedung des Staatshaushaltes 2013 durch das Parlament. Ein gutes | |
Jahr war seine ausschließlich aus Experten bestehenden Notstandsregierung | |
im Amt; mit harten Schnitten bei den Ausgaben – vorneweg einer | |
einschneidenden Rentenreform – und kräftigen Steuererhöhungen hatte sie den | |
Diktaten aus Brüssel und Berlin Folge geleistet, und das Haushaltdefizit | |
deutlich verringert, zugleich dem Land aber auch eine kräftige Rezession | |
beschert. | |
Mission vollbracht: Jetzt ist das Kapitel Expertenregierung erst einmal | |
abgeschlossen, die Wahlen sind für den 24. und 25. Februar des nächsten | |
Jahres angesetzt. Doch seit Tagen rätselt ganz Italien: Ist auch das | |
politische Kapitel Monti abgeschlossen? Oder steht Super-Mario als Chef | |
eines neuen, gemäßigt konservativ-liberalen Blocks zur Verfügung? | |
Nein, Monti wird keinen der beiden Wege gehen. Zwar präsentierte er sich | |
gegenüber der Presse gleich mit einer kompletten Agenda – von ihm selbst | |
„Agenda Monti“ genannt –, ganz so, als wolle er jetzt mit seinen | |
Überlegungen zu einer „radikalen Politik der Mitte“, zu entschlossenen | |
Reformen im Sozialstaat, zur Generalüberholung der staatlichen | |
Verwaltungen, zu neuen Gesetzen seinerseits den Wahlkampf eröffnen. | |
Doch dann setzte er nach, jene Agenda sei „für alle“ bestimmt. Ohne jeden | |
Anflug von Bescheidenheit forderte er sämtliche Parteien auf, sich | |
gefälligst an seinem Programm zu messen. Selbst antreten, so erklärte | |
Monti, werde er jedoch nicht. Um ins Parlament einzuziehen, braucht er das | |
auch gar nicht, denn im November 2011 hatte Staatspräsident Napolitano ihn | |
zum Senator auf Lebenszeit ernannt. | |
Statt den Listenführer wird Monti aber womöglich den Übervater für eine | |
Allianz in der politischen Mitte geben: „Ich bin bereit, meine Zustimmung | |
zu äußern, Leitfigur zu sein und jene Verantwortlichkeiten zu übernehmen, | |
die mir womöglich vom Parlament anvertraut werden“ – auf diese | |
verschwurbelte Weise legte Monti dar, dass er sich für jedwedes Amt zur | |
Verfügung hält, ohne bei den Wahlen selbst in den Ring zu steigen. | |
Die bescheidenen Meinungsumfragen dürften ihn zu diesem Entschluss | |
veranlasst haben: Der „Pol der Mitte“, ohne Monti auf etwa 10 Prozent | |
geschätzt, würde mit ihm auch nur auf überschaubare 16 Prozent klettern. | |
Wahlen kann der „Professore“ allein nicht gewinnen; er hofft allzu | |
offenkundig darauf, dass der Mitte-Block als Juniorpartner der | |
hochfavorisierten Linken in der Regierung mitmischen wird. | |
Aus seinen Sympathien und Antipathien jedenfalls machte Monti am Sonntag | |
kein Geheimnis: So erklärte er, Berlusconi-Versprechen wie die Abschaffung | |
der Grundsteuer seien völlig illusionär, und setzte mit dem Anliegen nach, | |
endlich Gesetze zur Bilanzfälschung (die Berlusconi in seiner | |
Regierungszeit straffrei gestellt hatte), zur entschiedenen | |
Korruptionsbekämpfung oder zum Interessenkonflikt Berlusconis auf den Weg | |
zu bringen. Mit der Linken ginge das, mit der Berlusconi-Rechten ganz | |
gewiss nicht. | |
23 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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