# taz.de -- Comeback von Silvio Berlusconi: In seinen besten Jahren | |
> Berlusconi will es noch einmal wissen. Aber wer soll den „Cavaliere“ | |
> eigentlich wählen? Nun, alle jene, die Probleme auf die altmodische Art | |
> gelöst haben wollen. | |
Bild: Ist nur Kunst. In Wirklichkeit ist der „Cavaliere“ quicklebendig. | |
Sogar der ambitionierte Hannover-„Tatort“ vom Sonntag kam ohne das Klischee | |
nicht aus: Die Frauen aus Weißrussland, die mit der Hoffnung auf ein | |
besseres Leben nach Westen gereist seien, würden irgendwann auf einem | |
„südeuropäischen Straßenstrich“ landen. Doch wie viel schlimmer es dort,… | |
wilden Mediterranien, zugehen mag als im Hannoverschen Mafia-Milieu | |
überließ die blondeste aller Kommissarinnen der heimischen Fantasie. | |
Diesmal aber sind es nicht nur die Deutschen, die mit Silvio Berlusconis | |
Wiederkehr das Ende Italiens, wenn nicht gar das des europäischen Projekts | |
vorhersagen. „Die Rückkehr der Mumie“ titelte Libération schaurig-schön, | |
die angelsächsischen Medien sehen im „Cavaliere“ den Schrecken der | |
Weltmärkte. | |
Dabei ist es ist schon eine Zeit lang her, dass Berlusconi sich mit | |
Piratentuch abbilden ließ. Der „Dirty Harry“ der italienischen Politik ist | |
er aber geblieben. Wie soll man auch nicht an die bizarre Rede von Clint | |
Eastwood beim Nominierungsparteitag der Republikaner denken? | |
Eastwood wandte sich da an den imaginär anwesenden schwarzen US-Präsidenten | |
Obama – aber die weiße, alte Menge wollte etwas ganz anderes hören als | |
seine mehr oder weniger originellen Einlassungen: „Make my day!“ Dirty | |
Harry Eastwood sollte wie im Film den schwarzen Gewalttäter auffordern, | |
auch nur eine kleinste Geste des Widerstands zu wagen, damit er ihm endlich | |
das Hirn wegpusten könne. | |
## Zeichen von Vitalität, von gelebter „italianità“ | |
Dass die Probleme auf die gute alte Art erledigt werden – was sonst soll | |
man sich eigentlich von Konservativen wie Eastwood, Mitt Romney oder eben | |
Berlusconi wünschen dürfen? Die italienische Stammwählerschaft Berlusconis | |
findet es jedenfalls eher lustig als skandalös, wenn ihr 76-jähriger Heros | |
mit Minderjährigen ins Bett geht, Frau Merkels Gesäß obszön kommentiert, | |
die Justiz zum Narren hält oder mit Mafiakillern Geschäfte macht: Für sie | |
ist all dies ein Zeichen von Vitalität, von gelebter „italianità“. | |
Sehr schön brachte das 2011 eine botoxgezeichnete Dame mit großer | |
Sonnenbrille und rotgefärbten Haaren auf den Punkt, im preisgekrönten | |
Dokumentarfilm „Italy: love it or leave it“: „Wir haben einen jugendlichen | |
Präsidenten!“, rief sie den 30-jährigen Filmemachern entgegen, „Ihr seid | |
alt – haut ab, wir wollen keine alten Leute!“ | |
Und die Zahlen sprechen jedenfalls nicht gegen die Krawallschachtel: | |
Gewiss, der Spread – ein Begriff, der in Italien allgegenwärtig ist und den | |
Zinsaufschlag für italienische Staatsanleihen gegenüber den deutschen | |
kennzeichnet – ist unter der Regierung des Technokraten Mario Monti | |
gesunken und mit der Ankündigung Berlusconis, bei den nächsten Wahlen | |
erneut für das Amt des Ministerpräsidenten zu kandidieren, wieder | |
gestiegen. | |
Einfacher gesagt: Monti hat den Staatsbankrott verhindert. Nur: Was haben | |
die Italiener davon? Die Steuern werden erhöht, die Preise für Konsumgüter | |
steigen, die für Immobilien fallen, der Konsum stockt, der Braindrain geht | |
weiter, die Jugendarbeitslosigkeit ist auf Rekordniveau. | |
In Deutschland kann eine große Koalition von Angela Merkel bis zu den | |
Grünen mit dem Versprechen in den Wahlkampf ziehen, dass die Strompreise | |
schon irgendwann wieder sinken würden, wenn die Energiewende greife; in | |
Italien gibt es eine mindestens 50 Prozent starke Mischung aus asozialem | |
Bürgertum und besinnungsloser Plebs, die für solche Blut-und-Tränen-Politik | |
nur Hohngelächter übrig hat. Wer ihnen nichts anderes zu sagen hat, als | |
dass sie sparen, sparen, sparen müssen – der sollte sich warm anziehen: | |
Berlusconi lässt sich derzeit gern mit schwarzem Borsalino ablichten. | |
10 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Ambros Waibel | |
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