# taz.de -- Spitzenkandidat Berlusconi: Ein Opfer für sich selbst | |
> Erst erklärt der Populist seinen Abschied. Jetzt wird er Spitzenkandidat, | |
> denn ohne ihn geht es nicht. Da müssen diverse Gerichte leider warten. | |
Bild: Keine Zeit für Prozesse: In den nächsten Monaten ist Berlusconi durch d… | |
ROM taz | Opfer bringt dieser Mann alle Tage. Erst erklärte Silvio | |
Berlusconi Ende Oktober, er werde nicht mehr antreten bei den nächsten | |
Wahlen, das sei natürlich „ein Opfer zum Wohl Italiens“. Gerade sechs | |
Wochen sind seither verstrichen, da opfert er sich schon wieder – und | |
stellt sich als Spitzenkandidat zur Verfügung. | |
Am Samstag barmte Silvio, er habe ja wirklich einen anderen Kandidaten | |
gesucht, „und wie!“ Einen Kandidaten mit einem klaren Profil: „Der | |
Berlusconi von 1994“, jenem Jahr, als der damals 57-Jährige Unternehmer zum | |
Politiker mutierte. Jetzt ist Silvio 76 Jahre alt und muss betrübt | |
konstatieren: „Leider gibt es eine solche Führungsfigur nicht.“ | |
Dann wohl schaute er in den Spiegel, sah sich selbst tief in die Augen – | |
und erblickte ihn, den Einzigen, den Wahren, den Unschlagbaren, den | |
Berlusconi von 2012. „Ich bin nie in einen Wettstreit eingestiegen, um ein | |
gutes Resultat zu erzielen, sondern immer nur, um zu siegen“, verkündet er | |
jetzt triumphal. | |
Natürlich weiß Berlusconi es besser. Siegen wird er nicht, im Februar oder | |
im März 2013. Zu sehr hängt ihm das Scheitern seiner Regierung an, die vor | |
gut einem Jahr gehen musste, als der „Spread“ – der Zinsaufschlag gegenü… | |
den deutschen Staatsschuldverschreibungen – auf fast 6 Prozent kletterte. | |
Zu sehr auch hängen ihm die Affären an, die Prozesse um seine „eleganten | |
Abendessen“ mit jungen Damen genauso wie die Verfahren wegen | |
Steuerhinterziehung. | |
## Die Partei braucht ihn | |
Trotzdem – oder besser: gerade deshalb – ist Berlusconi dazu verdammt, in | |
der Politik zu bleiben. Der Mann hat recht: Ohne ihn geht es nicht, vor | |
allem für ihn selbst wäre ein Rückzug verhängnisvoll. Allzu deutlich wurde | |
in den letzten Wochen, dass seine von ihm geschaffene, von ihm diktatorisch | |
geführte Partei PdL (Popolo della Libertà – „Volk der Freiheit“) führe… | |
einfach implodieren würde. | |
Dramatisch wären die Folgen vor allem für Berlusconi. Da ist der Prozess um | |
Karima El Marough, jene junge Marokkanerin, die er für Sex bezahlt haben | |
soll, als das Mädchen noch minderjährig war. Ein Urteil wird in wenigen | |
Wochen erwartet. | |
Und da ist ein weiterer Prozess, der im Januar 2013 zu Ende gehen könnte: | |
Dort wird Berlusconi vorgeworfen, sich illegal Abhörprotokolle von | |
politischen Gegnern verschafft zu haben. Und da wäre auch noch das | |
Verfahren wegen Steuerhinterziehung beim Ankauf von Filmrechten für seine | |
TV-Sender. In erster Instanz war Berlusconi im Oktober 2012 zu vier Jahren | |
Haft verurteilt worden; nun geht es in die Berufung. Oder auch nicht. | |
In den nächsten Monaten ist der Spitzenkandidat Berlusconi leider durch den | |
Wahlkampf ausgebucht, da müssen die Gerichte warten. Und dann sitzt er – | |
wohl als Oppositionsführer – erneut im Parlament und kann von dort aus | |
seine Kampagnen gegen die „roten Roben“ fortsetzen. | |
Einen Vorgeschmack gibt Berlusconi schon jetzt. Sein Wahlkampf, so sagt er, | |
gehe natürlich gegen Montis „rezessive Politik“ und gegen das | |
„germano-zentrische Europa“, sprich: gegen Merkel. Dann aber setzte er | |
gleich hinzu, der zweite Feind sei die „allmächtige Justiz“. | |
9 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
Michael Braun | |
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