# taz.de -- Kommentar zur Armutsdebatte: Rangfolge der Schwachen | |
> Wie man mit Niedrigeinkommen klarkommt, hängt von der persönlichen | |
> Situation ab. Dieser Individualisierung muss sich die Politik stärker | |
> widmen. | |
Die Praxisgebühr fällt weg, der Hartz-IV-Regelsatz steigt. Der politische | |
Streit über Armut könnte also wieder abflachen wie so oft nach dem | |
christlichen Fest der Nächstenliebe. Dabei braucht diese Debatte eine | |
längerfristige Perspektive, denn wie man zuletzt sah, entfalten | |
Armutsdiskussionen mitunter eine Eigendynamik, die nur bedingt hilfreich | |
ist. | |
Auf der einen Seite stehen die Vertreter der | |
Es-wird-alles-immer-schlimmer-These. Durch den Katastrophismus stellt sich | |
leider schnell eine Abstumpfung in der Öffentlichkeit ein. Darauf müssen | |
die Linken stärker achten. | |
Der Katastrophismus wiederum beschert den Vertretern der These Zulauf, dass | |
alles gar nicht so schlimm sei, dass das Armutsrisiko Ungleichheit misst | |
und kein echtes Leid, dass sich junge Menschen mit einem Einkommen von 800 | |
Euro doch gar nicht so arm fühlen und sich viele Hartz-IV-Empfänger längst | |
eingerichtet haben mit ihrer Existenz. | |
Wie und wann man mit Niedrigeinkommen klarkommt, hängt tatsächlich von der | |
persönlichen Situation ab, und dieser Individualisierung muss sich die | |
Politik stärker widmen. | |
Wer älter ist, keine Hoffnung auf Verbesserung hat, keine weiteren | |
finanziellen Ressourcen durch einen Nebenjob und kein Netzwerk von | |
Verwandten, der ist ärmer dran als jemand etwa in jungen Jahren, für den | |
die Armutsphase nur vorübergehend ist, der sich Geld durch einen Schwarzjob | |
hinzuverdient und vielleicht einen Partner oder Familie hat. | |
Obwohl beide Bürger vielleicht nur über ein statistisch erfasstes Einkommen | |
von 750 Euro im Monat verfügen, liegen Welten des Leides dazwischen. Man | |
darf diese unterschiedlichen Erlebenslagen aber nicht gegeneinander | |
ausspielen, im Gegenteil: Ob man sich an den schwächsten Armen orientiert | |
oder nicht, wird zur sozialpolitischen Frage der Zukunft werden. | |
2 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
Barbara Dribbusch | |
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