# taz.de -- Neonazi-Versandhandel „antisem.it“: Hetze zu verkaufen | |
> Die Dortmunder Neonaziszene reorganisiert sich als „Die Rechte“. Ihr | |
> neuer Online-Versandhandel setzt unverblümt auf judenfeindliche Hetze: | |
> „antisem.it“. | |
Bild: Reorganisiert sich der „Nationale Widerstand Dortmund“? Beschlagnahmt… | |
KÖLN taz | Neue Verpackung, alter Dreck: Nach den Verboten des vergangenen | |
Jahres reorganisiert sich die Dortmunder Neonaziszene. Seit dem 1. Januar | |
ist sie auch wieder mit einem eigenen Onlineversandhandel am Start. Dessen | |
provokativ-programmatische Internetadresse: „antisem.it“. | |
Die Slogans, mit denen der Laden auf Facebook für sich wirbt, lassen an | |
Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig: „antisem.it akzeptiert keine | |
Schekel!“, „antisem.it ist für den jordanischen Mittelmeerzugang!“ oder | |
„antisem.it wird Opfer fordern!“ Verantwortlich für den braunen Shop im | |
Internet zeichnet Michael Brück. Der Abendschüler gehörte zu den führenden | |
Aktivisten der inzwischen verbotenen Nazivereinigung „Nationaler Widerstand | |
Dortmund“ (NWDO). Mittlerweile ist er in der Partei „Die Rechte“ aktiv. | |
Noch ist das Warenangebot überschaubar: Neben einschlägigen CDs von | |
Rechtsrockbands wie „Sturmwehr“, „Heiliger Krieg“ oder „Sleipnir“ b… | |
Brück seinen Kunden bislang nur eine Reihe von Aufklebern, ganz | |
pluralistisch sowohl von seiner neuen parteipolitischen Heimat „Die Rechte“ | |
als auch von der Konkurrenz von NPD und Jungen Nationaldemokraten sowie aus | |
der Szene der „freien Nationalisten“. Darüber hinaus kann man Aufkleber und | |
Flugblätter mit eigenen Motiven in Auftrag geben. | |
Die Seiten von „antisem.it“ befinden sich auf Servern des rechtsextremen | |
Webhosters „1st-amendment.info“, der seinen Kunden „kicksicheres Webhosti… | |
für deutsche Seiten in den USA“ anbietet. Die Endung „it“ ist die | |
länderspezifische Top-Level-Domain Italiens. An seinen Vorläufer kann | |
„antisem.it“ bislang nicht heranreichen. | |
„Wir bieten euch Aufkleber, Plakate, Bücher, Waffen, Zeitschriften, CDs, | |
T-Shirts und vieles mehr“, konnte einst der „Resistore Vertrieb“ für sich | |
werben. Der Internetshop, den Dennis Giemsch, Führungskader der „Autonomen | |
Nationalisten“ in Dortmund, 2006 mit Existenzgründungsgeldern der | |
Dortmunder Agentur für Arbeit aufbauen konnte, bot der Szene noch alles, | |
was das braune Herz begehrt. Sogar Zwillen und dazu passende Stahlgeschosse | |
hatte er zeitweise in seinem offiziellen Sortiment. | |
Mit dem Verbot des NWDO durch NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) Mitte | |
August 2012 war jedoch auch Schluss mit dem „Resistore Vertrieb“: | |
Sämtliches Propagandamaterial, das Giemsch über seinen Naziversand | |
vertrieb, wechselte in den Besitz des Landes NRW. Auch finanziell bedeutete | |
das einen harten Schlag für die Dortmunder Neonaziszene. | |
## Neue Struktur als Partei | |
Aber inzwischen läuft die Neustrukturierung. Als organisatorisches | |
Sammelbecken dient dabei die im Juni 2012 von dem bekannten norddeutschen | |
Neonazi Christian Worch gegründete Splitterpartei „Die Rechte“, da ein | |
Parteiverbot weitaus höhere Hürden hat als ein Vereinsverbot. | |
Dennis Giemsch ist ihr Landesvorsitzender in NRW, Michael Brück sein | |
Stellvertreter. Den Dortmunder Kreisverband führt Siegfried „SS-Siggi“ | |
Borchardt an, einst Gründer des berüchtigten rechtsextremistischen | |
Fußballfanclubs „Borussenfront“, dann Landesvorsitzender der FAP und heute | |
so etwas wie der „Elder Statesman“ der „Bewegung“. | |
Eine ihrer ersten öffentlichkeitswirksamen Aktionen unter der neuen Fahne: | |
Am Sonntag vor Weihnachten versammelten sich rund 100 Neonazis in der Nähe | |
der Wohnungen von Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD), des | |
NRW-Arbeits- und -Sozialministers Guntram Schneider (SPD) sowie der | |
stellvertretenden Fraktionschefin der Grünen im Düsseldorfer Landtag, | |
Daniela Schneckenburger. Als Versammlungsleiter der Kundgebungen fungierte | |
der „antisem.it“-Verantwortliche Michael Brück. | |
Die Aufmärsche seien „der Versuch von Rechtsextremisten, politische | |
GegnerInnen einzuschüchtern und zu bedrohen“, heißt es in einer Resolution | |
des Dortmunder Stadtrats. „Mit dem gezielten Eindringen in die Privatsphäre | |
wird dabei bewusst die Grenze der bisherigen Auseinandersetzungen | |
überschritten.“ | |
3 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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