# taz.de -- DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig: Mit Bratwurst und Pappbecher | |
> Fans, Verband, Sicherheit: Andreas Rettig, der neue Geschäftsführer des | |
> Ligaverbandes DFL, will Fronten aufweichen. | |
Bild: Neues volkstümliches Gesicht bei der DFL: Andreas Rettig (hier beim Fant… | |
FRANKFURT taz | Es gab Zeiten, da wäre die Bestellung eines neuen | |
DFL-Geschäftsführers mit einer Pressemeldung verkündet worden. Am | |
Donnerstag hingegen fanden sich in der Frankfurter Zentrale des | |
Ligaverbandes zwei Dutzend Journalisten und drei Kamerateams ein, um über | |
die Vorstellung von Andreas Rettig zu berichten. Kein Wunder, schließlich | |
soll der 49-Jährige künftig auch die Bereiche „Fans“ und „Sicherheit“ | |
beackern. | |
Rettig, der sich künftig zusammen mit dem fürs Wirtschaftliche zuständigen | |
Christian Seifert die Geschäftsführung des Ligaverbandes teilt, gab dann | |
auch gleich zu verstehen, dass er den Dialog mit den Fans pflegen will. Es | |
gelte allerdings zu prüfen, wer die viel beschworene Fanbasis denn sei: | |
„Ist es der Ultra in der Kurve oder der Familienvater? Sicher sind es nicht | |
nur die, die am lautesten schreien.“ | |
Schon in der kommenden Woche soll es ein „Arbeitstreffen“ geben, an dem | |
neben Polizeivertretern auch die Fanbeauftragten der Clubs teilnehmen | |
werden. „Das sollten wir allerdings nicht zu hoch hängen“, sagte Rettig, | |
der „nicht mit spektakulären Ergebnissen“ rechnet. Trotzdem hoffe er, dass | |
die verhärteten Fronten zwischen den Kurvenfans und den Verbänden | |
aufweichen. | |
Rettig skizzierte in Frankfurt auch weitere Themenschwerpunkte seiner | |
Arbeit – vom Ausbildungswesen bis zum Schulsport: Hier schaut er neidvoll | |
auf Großbritannien, wo per Kabinettsbeschluss die Aufstockung des | |
Schulsports auf fünf Wochenstunden beschlossen worden sei. Dass hierzulande | |
schon die dritte zur Disposition stehe, sei skandalös. | |
## Nachwuchspflege | |
Doch damit nicht genug der Nachwuchspflege. Rettig, der als Augsburger | |
Manager die „Kommission Leistungszentren“ der DFL leitete, gibt dieses Amt | |
nun an den Ex-Werder-Profi Uwe Harttgen ab. Mit dem Psychologen teile er | |
die Auffassung, dass „wir unseren Jugendlichen zu viel in den Rucksack | |
packen“. Das Beispiel des Schiris Babak Rafati zeige, dass der | |
„Leistungsdruck“ in der Branche schlimme Folgen haben könne. Wie der Druck | |
zu mildern sei, wollte er noch nicht verraten. | |
Rettig, der als Aktiver nicht über den höheren Amateurbereich (Wuppertaler | |
SV, Viktoria Köln) hinauskam, arbeitete nach Lehrjahren in seiner | |
Geburtsstadt Leverkusen von 1998 bis 2002 beim SC Freiburg, wo er zusammen | |
mit Volker Finke die „Fußballschule“ ins Leben rief. Es folgten vier Jahre | |
beim 1. FC Köln, wo sein Zerwürfnis mit dem damaligen Präsident Wolfgang | |
Overath im Nachhinein nicht imageschädigend war. Danach wechselte er im | |
Sommer 2006 nach Augsburg, wo er den Aufstieg in die Bundesliga | |
orchestrierte. | |
Der joviale Rheinländer – das dürfte einer der Gründe für seine Anstellung | |
sein – ist ein umgänglicher Mensch. Ihm fällt es nicht schwer, einem | |
Dauerkarteninhaber am Tresen die Vereinspolitik zu erklären. | |
## „Krawattenallergie“ | |
Der Mann, der mit dem Kölner Express jüngst ausführlich über seine | |
„Krawattenallergie“ sprach, dürfte der DFL also auch als volkstümliches | |
Gesicht einer bisweilen eher technokratisch wirkenden Institution | |
hochwillkommen sein – auch als Gegenpol zu Christian Seifert, der als Mann | |
der Zahlen eine gute Figur macht, aber fremdelt, wenn es um die emotionalen | |
Seiten des Fußballs geht. | |
„Ich habe nicht den Eindruck, dass hier jemand die Bodenhaftung verloren | |
hat“, sagte Rettig am Donnerstag pflichtschuldig. Er sehe sich selbst als | |
„Traditionalisten“: „Für mich gehört zum Fußball die Bratwurst und der | |
Pappbecher Bier.“ Wobei das eher als Symbol für die Veränderungen zu sehen | |
ist, die Rettig 20 Minuten zuvor skizziert hatte: „Ich wünsche mir, dass | |
wir mehr über den Sport wahrgenommen werden, nicht nur als | |
Vermarktungsverband.“ | |
3 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Christoph Ruf | |
## TAGS | |
Andreas Rettig | |
Sicherheit | |
Fans | |
DFL | |
Geschäftsführer | |
Winterpause | |
Fußball | |
DFL | |
Ralf Jäger | |
Fußball-Bundesliga | |
Union Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wintersport Fußball: Stress für die Rasenheizung | |
Nach nur 33 Tagen startet am Wochenende wieder die Bundesliga. Fußball ist | |
mehr und mehr zum Wintersport geworden. | |
Wider die Dominanz des FC Bayern: „Spannendes Stadionerlebnis“ | |
Die Vertreter der Deutschen Fußball-Liga gehen gegen die Dominanz des FC | |
Bayern vor. Die taz dokumentiert Teile aus dem Papier „Spannendes | |
Stadionerlebnis“. | |
Sicherheitskonzept in Fußballstadien: Schnüffeln muss sein | |
Die Deutsche Fußballliga verabschiedet ihr umstrittenes Sicherheitspaket. | |
Fans protestieren weiter, aber die Macher sehen nur ein | |
„Kommunikationsproblem“. | |
NRW-Innenminister über DFL-Konzept: „Nur mit Fans und Ultras gemeinsam“ | |
Die Vereine hätten den Dialog mit den Fans eher suchen müssen, sagt NRWs | |
Innenminister Jäger. Er hofft, dass das verschärfte Sicherheitskonzept | |
dennoch kommt. | |
Sicherheitskonzept für Fußballstadien: Hört der Spaß jetzt auf? | |
Pyrotechnik, Nacktkontrollen, Kollektivstrafen: Die Deutsche Fußball-Liga | |
will ein neues Sicherheitskonzept beschließen. Die Debatte darum ist | |
irrational. | |
Fangipfel in Berlin: „Wir sind der Fussball“ | |
In Berlin trafen sich 250 Fanvertreter. Aus dem Protest gegen eine | |
verschärfte Sicherheitspolitik wurde ein Demokratieworkshop. |