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# taz.de -- Entschädigung für Flugreisen: Reisende kennen Ansprüche nicht
> Jahrelang haben die Airlines eine einheitliche Schlichtungsstelle
> blockiert. Jetzt gibt die Bundesregierung dem Druck der
> Luftfahrtunternehmen nach.
Bild: Das Entschädigungsrecht versuchen viele Fluggesellschaften mit Tricks au…
Es geht um viel Geld. Rund 1,3 Millionen Passagiere haben in Deutschland
jedes Jahr Anspruch auf Entschädigung, weil sich ihr Flug stark verspätete
oder ganz ausfiel. Allein voriges Jahr kam das bei mehr als 11. 600 Flügen
deutscher Fluggesellschaften vor.
Das Verbraucherportal Flightright hat ausgerechnet, dass die Airlines
deshalb rund 665 Millionen Euro als Schadensausgleich hätten zahlen müssen.
Doch nur ein winziger Bruchteil davon wird wirklich erstattet.
Denn die meisten Luftfahrtunternehmen versuchen mit vielen Tricks,
Beschwerden abzuwimmeln. In rund 80 Prozent der Fälle würden Kunden vorn
vornherein abgewiesen, kritisieren die Experten von Flightright, die
Ansprüche von Reisenden meist mit Erfolg gegen Provision durchsetzen.
Auch die Verbraucherzentralen können von den Machenschaften der Airlines
ein erschreckendes Klagelied singen. Dabei ist die Rechtslage ziemlich
eindeutig. Schon seit acht Jahren regelt die EU-Verordnung 261/2004, dass
Passagiere bei gestrichenen oder überbuchten Flügen den Ticketpreis sich
erstatten lassen oder einen Ersatzflug verlangen können.
Zudem gibt es in solchen Fällen als Ausgleich 250 Euro (Flüge bis 1.500
Kilometer), 400 Euro (bis 3.500 Kilometer) oder sogar 600 Euro
(Langstrecken). Auch bei Verspätungen, Kofferverlust, Falschinformationen
und schlechtem Service können unter bestimmten Bedingungen Ersatzansprüche
geltend gemacht werden, die erst nach drei Jahren verjähren.
Nur bei Flugplanstörungen wegen Naturkatastrophen und Streiks müssen die
Airlines nicht zahlen.
Das Problem: Die meisten Reisenden kennen ihre Ansprüche nicht. Der
Tourismusexperte der Grünen im Bundestag, Markus Tressel, verlangt seit
Jahren von der Bundesregierung, mehr für die Durchsetzung der
Fluggastrechte zu tun.
Wichtigste Forderung: eine zentrale, für alle Anbieter verbindliche
Schlichtungsstelle, die auf Antrag von geschädigten Kunden Streitfälle
kostenlos, außergerichtlich löst.
Doch führende deutsche Airlines wie Lufthansa und Air Berlin haben sich
viele Jahre den vorhandenen Schlichtungsstellen und ihren Schiedssprüchen
verweigert.
## Flugesellschaften weigern sich
Bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) in
Berlin liegen zwar Tausende Beschwerden verärgerter Fluggäste auf Halde.
Die Fluggesellschaften akzeptieren jedoch – anders als Schienenunternehmen
wie die Deutsche Bahn – die SÖP und ihre Vorschläge nicht.
Die Flugbranche fordert gesonderte Einrichtungen, die nun auch ein
Gesetzentwurf der Bundesregierung vorsieht. Tressel kritisiert diese Pläne
als verbraucherfeindlich. Eine einheitliche Schlichtungsstelle wie die
bewährte SÖP sei der bessere Weg.
Doch bisher hält die Regierung an ihren industriefreundlichen Plänen fest.
„Reisende sollten nicht erst ein Fortbildungsseminar belegen müssen, um die
für sie zuständige Schlichtungsstelle zu finden“, betont Heinz Klewe,
Geschäftsführer der SÖP. Ziel müsse sein, dass die SÖP die gemeinsame
Anlaufstelle für alle Flug-, Bahn-, Bus- und Schiffsreisenden werde.
## Gutes Vorbild: Die Bahn
Die SÖP ist unabhängig und kostenlos. Seit dem Start vor drei Jahren haben
rund 10.000 Reisende die Schlichtung beantragt. In rund 87 Prozent der
Fälle wurde der Schlichtungsvorschlag von beiden Seiten angenommen.
Mehr als 180 Verkehrsunternehmen bieten ihren Kunden die SÖP an. Gutes
Vorbild: die sonst viel gescholtene Deutsche Bahn (DB) .
Noch haben die Luftfahrtunternehmen Zeit, endlich einzulenken. Die zweite
und dritte Lesung des Gesetzentwurfs, der bisher gleich zwei weitere
Schlichtungsstellen für die Luftfahrt vorsieht, ist für Ende Februar
vorgesehen.
12 Jan 2013
## AUTOREN
Thomas Wüpper
## TAGS
Airline
Entschädigung
Verbraucher
Beschwerdestelle
Lufthansa
Israel
Hamburg
Verbraucherrechte
Fluglinie
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